|
Es gab wohl unbestritten Zeiten, als frankophile Pop-Kulturen mit ihrer durchaus ansteckenden Aufsässigkeit sowie lotteriger Melancholie stiefmütterlich schmachteten und sich einst, dank Beischlaf-Hymnen eines kettenrauchenden Frauenflüsterers erstmalig Respekt verschafften.
Längst füllen das von Süchten gezeichnete und experimentierfreudige Musikschaffen eines Serge Gainsbourg sowie allerlei Savoir-vivre belebende Hipster die Pop-Analen dieser Welt und kochen mit hochdekorierten Elektro-Recyclern wie Daft Punk ein mittlerweile massenkompatibles Disco-Süppchen.
Wer dementsprechend annimmt, die populären Musikpfade und Darreichungsformen unter der Trikolore wären damit ausgetreten, liegt wohl etwas daneben, gestatten sich doch, sich als Kunstprojekte verstehende Kapellen neuerdings die Freiheit, traditionellen Pop-Gütern eine Absage zu erteilen.
Derzeit sind es fünf von musikalischer Aufbruchstimmung und mit Banderfahrung beleckte Wirrköpfe, deren grenznahes Großstadt-Domizil Lille sowie reichlich inspirierende Auswüchse offensichtlich sinnesbefruchtende und packende Klanglandschaften zu gebären vermögen.
Von orchestralen Wuchtbrummen etablierter Post Rock-Majestäten wie Godspeed You! Black Emperor oder Mono und sonstige von Bewusstseinserweiterungs-Rezepturen vernebelte Kompositionen laden mal eben zum kollektiven Seelen-Ausklinken und herbstem Kopfkino ein.
Die 'Persischen Karnickel' deklarieren ihre auf Harmonium, Cello, Gitarre, Rhythmus-grundierten Moll-Elegien selbstredend als 'dunkle Hippie-Musik' - weltabgewandten Klängen geneigte Konsumenten' erklären es dagegen, als Folk Rock-gezeugte Ausgeburt von atmosphärischer Dichte und beklemmender Ruhelosigkeit.
Genüsslich überdehnen die Franzmänner die acht geradezu subtil ausdekorierten, zur mentalen Gefolgschaft zwingenden Liedkreationen und verleihen sowohl den instrumentalen Verharrensmomenten als auch den beschwörenden und zuweilen zornigen Rock-Weisen ein Gewicht. Nicolas Djavanshirs zartbitteres Klagen und zeitweilig megalomanes Aufbegehren baden nahezu in weihevoller Dramatik, gewähren den Stücken epischen Ausmaßes sowie deren Kunstfertigkeit für spannungsentladende Emphase nährendes Futter. Die auf 'kleine Orgel' fundamentierten Werke der freischaffenden, sich den profitgekrümmten Greifern noch erwehrenden Jungs betreiben ihren musikalischen Weltenschmerz mit einem Mindestmaß Eigensinn und nötigen der schleierverhangenen Düsterästhetik genügend Endlicht ab.
Die Protagonisten verstehen es offensichtlich, von Verzweiflung gebeuteltes Liedgut mit Zuversicht zu versüßen und somit den Nerv der Jetzt-Generation sowie orientierungssuchender Käuferschichten zu sensibilisieren.
Ihre doch verblüffend unkonventionelle Kombination aus klangmalerischer Schwerelosigkeit und verkopfter, jedoch elektrisch geerdeter Melancholie verweigert dem altgedienten Post Rock-Popanz bewusst die finale Absolution.
Wo Streicher und sakral-induziertes Tasten-Ambiente sonst gern mit Kitsch frohlocken, werden diese hierbei spielerisch ebenbürtig und harmonisch zwischen einem dynamisch aufbegehrenden und von flüchtigem Minimalismus lebenden Klangkörper verortet.
Damit erheben Persian Rabbit das bisweilen klassischen Songstrukturen entsagende, von musikalischer Mannigfaltigkeit durchzogene Gesellenstück und ihren von existenzieller Traurigkeit sowie prätentiösem Ethos gemarterten alternativen Rockentwurf auf eine noch minder abgetretene Stufe.
Dieses von Djavanshirs ätherisch skandierender Stimme sowie vom fernöstlich verquickten Soundamalgam lebende Erstlingswerk offenbart seine Herrlichkeit und unterschwellige Mystik nach mehreren Hördurchgängen.
Eine der Beliebigkeit trotzende Käuferschaft sollte diesem, allen Vorgaben der Musikindustrie ignorierenden und bisweilen im Diesseits jeglicher Aufbruchs-Begierden angesiedelten Silberling ihren anerkennenden Segen erteilen.
Line-up:
Nicolas Djavanshir (vocals)
Olivier Desmulliez (guitars)
Mathieu Deprez (contrabass, cello)
Bastien Gourmay (harmonium)
Alexandre Lamoly (drums)
| Tracklist |
01:Sound From Beyond
02:Before The Crowd Knows
03:Inside Hole
04:This Whole Machine
05:Sell The Light
06:Ginger
07:Made Of Ice
08:Hymn
|
|
Externe Links:
|