Allein Bandname und Plattentitel verdienen schon mal per se Beachtung, aber wenn dann noch das Cover mit den kopulierenden Marienkäfern hinzukommt, verlangt es einen, ganz schnell mal das Gatefold-Digipak zu öffnen. Voilà, das haben wir nicht anders erwartet: Eine Schaufensterpuppe in Form eines weiblichen Torsos, dem das Kabel eines iPod zwischen die Beine gestöpselt ist, das Bild eines 'betangaten' Hinterteils sowie lackierte Lippen, die an einem Eis lutschen. Schwüle Erotik der frühen siebziger Jahre gepaart mit psychedelischen Grafikelementen. Honni soit qui mal y pense, denn wahrscheinlich ist alles ganz anders, als wir es hier zu ahnen mögen, oder? Die Rückseite des Paks offeriert uns zur weiteren Erleuchtung die Titel der Songs: "I Like Mommies" oder "Milfalicious" klingen dann aber doch so, als wären sie d'accord mit dem Bandnamen und dem Titel der CD. Gehen wir der Sache mal auf den Grund.
Ein kurzer Blick auf das Line-up löst schon mal einen Teil des Rätsels. Hinter dem Namen Pervadelic verbirgt sich kein ganz so unbedarfter Musiker, denn das 'perverse Mastermind' Jeff Kollman hat schon mit Glenn Hughes und anderen Kollegen Fußspuren hinterlassen. Sein Guitar Screams Live von 2007 hat den Kollegen Norbert durchaus beeindruckt und die letztjährige Veröffentlichung "Empower…Devour!!!" stieß ebenfalls auf solide positive Reaktionen. Insgesamt kommt der Junge auf sicherlich über 40 silberne Beweise seines Schaffens und trotzdem ist der Sänger und Gitarrist aus L.A. nicht unbedingt einer der berühmtesten im Rock Business. Für die vorliegende Produktion hat er sich erneut mit seinem alten Kumpel Jono Brown am Schlagzeug und an den Tasten zusammengetan, um die Stücke gemeinsam einzuspielen. Dazu haben sie sich dann für ausgewählte Songs noch ein paar weitere Kollegen geholt, die u. a. für die Blasinstrumente und Backings verantwortlich sind. Unterm Strich sind elf Tracks (den zwölften, hidden track, lasse ich hier mal unberücksichtigt) dabei herausgekommen, die man getrost als Ode an die holde Weiblichkeit bezeichnen könnte. Ich empfehle allen Käufern dieser Scheibe, sich mal die beiliegenden Songtexte genüsslich zu Gemüte zu führen - und dabei das Augenzwinkern nicht zu übersehen. Musikalisch kommt die Scheibe genauso vielschichtig daher wie es wohl auch weibliche Charaktere geben mag. »If Motörhead and Sting had a baby…«
»She's 17 and she's in lust
I've got a line that she can trust
She's got hula hips and candy thighs
A mouth fulla lovin' and a head full of lies«
Mit solchen Zeilen in die Platte geworfen zu werden, lässt wenig Spielraum für textliche Alternativen im weiteren Verlauf zu. Und so geht es munter weiter bis zum bitteren Ende. Erst dringt ein schwerer psychedelischer Rock aus den Speakern, dann folgt unmittelbar darauf Big Band-Sound und man kann sich die bei "I Like Mommies" swingenden Musiker förmlich vorstellen, wie sie sich vor Lachen fast einnässen. Mal werden wir dann wieder etwas funkig und soulig bedient, nur um anschließend mit AOR-Sound erster Güte verwöhnt zu werden. Ob Rock, Pop, Jazz oder Punk, kein Genre bleibt unberücksichtigt und doch wirkt das weiß Gott nicht wie eine konzeptlose Aneinanderreihung von musikalischen Einzelprodukten. Irgendwie ruft die Scheibe in ihrer Konzeption Erinnerungen an Flo & Eddie (u. a. Turtles, Mothers Of Invention) wach, die vor gefühlten einhundert Jahren ihr zwar hauptsächlich aus Live-Aufnahmen bestehendes, ähnlich geartetes "Illegal, Immoral And Fattening" auf den Markt gebracht haben. Jetzt nagelt mich aber bitte nicht auf irgendwelche direkten Vergleiche zwischen einzelnen Songs fest - ist halt nur eine Assoziation.
Zurück zu "Songs For Pervs", das bei eben angesprochener Genrevielfalt im Fazit zu einer äußerst kurzweiligen Angelegenheit wird. Wer Kollmans bisherige Werke kennt, möchte ein stark gitarrenlastiges Album erwarten, aber 'seine' Saiten dringen wesentlich moderater durch und lassen gleichberechtigten Platz für die Kollegen. Und ohnehin ist es eindeutig ein Album, das für das subjektive Empfinden auch von den textlichen Finessen lebt, denn erst die Kombination aus Musik und Lyrics macht den Kohl fett. Also, Booklet raus und fleißig mitlesen.
Line-up:
Jeff Kollman (vocals, guitars, bass)
Jono Brown (drums, keys + voice - #11)
Janelle Sadler (backings - #3, 8)
Chris Smith (keyboards - #8)
Tracklist |
01:Mouth Fulla Lovin'
02:Butterfly Tattoo
03:I Like Mommies
04:Sometimes Sara
05:Ugly Lights
06:Truly Trudy
07:Bright Beautiful
08:Milfalicious
09:Surround Me
10:What Makes You Think?
11:Rage On
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