Phideaux / Number Seven
Number Seven Spielzeit: 62:52
Medium: CD
Label: Bloodfish Records, 2009
Stil: Retro Prog


Review vom 11.09.2009


Ingolf Schmock
Der Studiotüftler und kreative Projektleiter Phideaux Xavier scheint wohl wahrlich, ganz ohne Übertreibung, ein rastloser Workaholic zu sein, wenn man bedenkt, dass selbiger in nur fünf Jahren mittlerweile sieben künstlerisch hochwertige musikalische Visitenkarten abliefern konnte. So ist es nicht verwunderlich, wenn sich beim Konsumenten das Vorurteil erhärten mag, spätestens mit der 'Nummer Sieben' einen saftlosen Aufguss bisheriger Referenzen dieses kreuzfidelen und produktiven Futuristen untergeschoben zu bekommen. Doch der Musiker hat nach der kompositorisch sicheren Bank Doomsday Afternoon vom Vorjahr nichts an Zielstrebigkeit eingebüßt, sondern ein rührseliges und taktvoll reduziertes Werk zusammengebastelt, welches den hohen Anforderungen seiner Kritiker wohl doch eher Honig ums Gehör schmieren dürfte.
Keine überambitionierte Songkollektion voll von aufgeblasenen Sinfonie-Tiraden und rechnerverstümmelter Retromutationen, sondern eine eher reduziertere Fortsetzung der apokalyptischen Öko-Oper, ohne Mangel an prätentiösen Melodien und Gesängen, die wohl wieder vornehmlich Psychedelia und Retro Prog-Enthusiasten ansprechen dürfte, welche durchaus gelegentlich folkigen Symptomen unterliegen und sich süchtig wärmende Melodien wie Sonnenstrahlen über die Ohren streichen lassen. Äußerst tiefenwirksame Kompositionen bilden die Plattform für ein musikalisch-konzeptionelles Gesamtkunstwerk und bieten mit derer stilistischen Vielfalt kaum begrenzte Bezugspunkte, um geliebte Genre-Schubladen übergebührend zu strapazieren, oder gar Höhepunkte zu erhaschen.
Der in New York City aufgewachsene Multi-Instrumentalist und sein langjähriger Kumpel Rich Hutchins haben mit erheblichem personellem Aufwand ein erschauderndes Geflecht von Feinheit, Dramatik und Suspence geschnürt, um der mystifizierten Endzeit-Trilogie - ohne jeglichem orchestralem Ballast und nahezu in spärlicher Begleitung - mit betagtem musikalischem Charme die angemessene Vollendung zu bereiten. Prophetische, mit Metaphern gespickte Ungereimtheiten, in welchen ein obskurer Siebenschläfer einer geheimnisvollen Sekte entflieht, um in endzeitlicher Kulisse für den Beginn einer neuen Weltordnung zu kämpfen, und eine wortreiche Symbolik über Menschlichkeit und Vollkommenheit dominieren die Songarchitekturen des Werkes.
Statt immer wieder alles bedeckende Klangebenen aufeinander zu türmen, leben die Arrangements von intensiven Verschmelzungen süffisanter, aber keinesfalls einfallsloser Endsechziger-Melodien nebst entkernter sinfonischer Hommagen, welche hinter futuristischen Plattitüden einen leicht bekifften Zeitgeist zutage tragen. Die Gewichtigkeit des Liedgutes ist unzweifelhaft der brillanten Schwülstigkeit bzw. Harmoniesucht mehrstimmiger Gesangspassagen des Maestros mit seinen bezirzenden Meerjungfrauen Ariel Faber und Valerie Gracious geschuldet, welche den von knuffigen Tasten- und geschmackvollen Gitarren-Effekten grundierten, hochappetitlichen Kleinoden enorm viel Schmackes beimengen und dem plastinierten Sound die Blutleere entziehen.
Spielerisch anmutende Floyd'sche bis klassische Impulse fügen sich nahezu organisch in die ideenreichen Interpretationen ein und vermögen der instrumentalen Prachtentfaltung mit weit gespannten Atembögen Balsam und Antrieb gleichermaßen zu sein. Über den streckenweise Valium durchtränkten Liederzyklus huschen zuckerwattige Monolithen; zur musikalischen Messe beschwörende Choräle ziehen ihre Jünger mit behände komponierten Geschichten in einen merkwürdig friedlichen Bann - ein Strömen und Fließen zwischen Hymne und melodramatischem Drang - kultivieren dennoch gerade ihre seidenweiche Eleganz, um nicht in überproportionierte Abgeklärtheit zu entgleiten.
Auf Anhieb wird schon deutlich, dass der Sound dieser Studiogeburt insgesamt etwas weicher, voll an reichlich Emo-Klischees, darüber hinaus etwas differenzierter die optimalen Elemente kredenzt, um ganz nebenbei noch schelmisch volksmusikalisches Terrain zu erobern. Zu den weniger geglückten Einlagen muss man wohl Xaviers dargebotenen Spagetti-Auswurf "Storia Senti" erwählen, welcher selbigen eher als idiosynkratischen Minnesänger deklassiert und beim Hören einen öligen Nachgeschmack hinterlassen dürfte. Hier hätte der Hüter und Schuster des globalen Progs doch besser bei seinen Leisten bleiben mögen, um dieser pixelnden Trübung des Gesamtbildes zu entgehen.
Was Herr Phideaux und sein neunköpfiges Ensemble ansonsten auf dem Plattenteller rotieren lassen, zählt mitnichten zu Massen produzierter Einwegware oder zum Sammelsurium flüchtiger musikalischer Fragmente, sondern zu einer betörenden Ansammlung stilistischer Reife mit modernistischem Tenor, deren Ambivalenz zwischen gefälliger Oberfläche und tiefgehender Intensität den sahnigen Cocktail perfektioniert. Sieben Tage währte der biblische Schöpfungsakt, sieben Veröffentlichungen hingegen der musikalische Maßstab für ein fast vollkommenes, kluges und wunderbar erwachsenes Vergnügen, welches wohl für den dünnhäutigen Genre-Konsumenten provokative Selbstgeißelung sein mag, für den Macher dagegen die Spitze seiner künstlerischen Schaffenskurve bedeuten könnte.
Line-up:
Ariel Faber (violin,vocals)
Valerie Gracious (vocals)
Rich Hutchins (drums, chant)
Mathew Kennedy (electric bass, chant)
Gabriel Moffat (electric guitar, lap steel)
Molly Ruttan (vocals, percussion)
Linda Ruttan-Moldawsky (vocals)
Mark Sherkus (keyboards, electric guitar)
Johnny Unicorn (keyboards, saxophone, vocals, chant)
Phideaux Xavier (acoustic guitar, electric 12-string, piano, vocals)
Tracklist
One: Dormouse Ensnared
01:Dormouse - A Theme
02:Waiting For The Axe To Fall
03:Hivemind
04:The Claws Of A Crayfish
05:My Sleeping Slave

Two: Dormouse Escapes
06:Darkness At Noon
07:Prequiem
08:Gift Of The Flame
09:Interview With A Dormouse
10:Thermonuclear Cheese
11:The Search For Terrestrial Life
12:A Fistful Of Fortitude

Three: Dormouse Enlightened
13:Love Theme From Number Seven
14:Storia Senti
15:Infinite Supply
16:Dormouse - An End
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