Placebo
B Sides 1996 / 2006/Live At La Cigale
B Sides 1996 - 2006/Live At La Cigale Spielzeit: 49:58 (CD 1), 51:20 (CD 2), 28:46 (Live At La Cigale)
Medium: Do-CD/CD
Label: EMI, 2011
Stil: Alternative

Review vom 15.07.2011


Ilka Heiser
Zu Vinyl-Zeiten waren die (Single)-Platten zweiseitig bespielbar.
Die B-Seiten der Singles waren meistens dafür gedacht, eine zweite Auskoppelung als sogenannten Appetizer zum Hauptstück auf die Platten zu pressen.
Leider wurde dadurch so manchem Songs, oftmals völlig zu Unrecht wie die Musikgeschichte bewies, nicht die notwendige Aufmerksamkeit zuteil. Andere Lieder wiederum gelangten zu unerwartetem Ruhm.
Der Begriff 'B-Seite' hat sich dennoch bis heute erhalten, obwohl im Zeitalter der CD deren eigentliche Bedeutung in den Hintergrund gerückt ist.
Heutzutage sind die Musikstücke der B-Seiten meist unveröffentlichte Tracks, die es entweder nicht (mehr) auf das Album schafften bzw. nicht ins eigentliche Konzept passten oder aber als sogenannte 'Überschussware' (das können auch mal Raritäten, Liveversionen oder völlig schräge Coverversion sein) in irgend einer Mottenkiste vor sich hindümpeln, um eines Tages plötzlich 'wiederentdeckt', entstaubt und für die Nachwelt auf eine CD festgehalten zu werden.
Oftmals ein lohnendes Sammelsurium als 'Nachlass' eines verstorbenen Musikers, wird es aber auch gern als Schmankerl für Fans veröffentlicht, die wirklich ALLES von ihren Lieblingen sammeln.
Die Bandmitglieder von Placebo sind aber noch sehr lebendig, haben vermutlich tief in ihrer Mottenkiste gewühlt und ein paar Schätze zu Tage gefördert, die nicht unbedingt im Rampenlicht ihrers bisherigen Schaffens standen. 28 Titel sind nun auf das als Doppel-CD erschienene Album gepresst worden. Im Vergleich zu dem 2009 veröffentlichten Boxset enthält die neue Edition übrigens vier zusätzliche Tracks: "Flesh Mechanic", "HK Farewell", "Aardvark" und "Soulmates". Außerdem wurde die Reihenfolge der Songs streng chronologisch sortiert, "I Do" und "Twenty Years" komplett ausgespart (da sie bereits auf dem Album "Once More With Feeling" zu finden sind) und "Drowning By Numbers" entfällt ebenso, da dieses Stück bereits auf der 10th Anniversary Edition des Albums "Placebo" enthalten ist.
Wer nun überwiegend typische Placebo-Klänge erwartet, wird wohl enttäuscht sein. Die Tracks sind meist in ein akustisches Gewand gepackt (also nur eine Akustikklampfe und Molkos Stimme, evtl. mal eine Blockflöte als kleiner Gimmick), wie z.B. bei "Dark Globe", "Been Smoking Too Long", "Miss Moneypenny" zu hören, teilweise aber auch sehr experimentell gehalten und können locker unter dem Begriff 'obskure Raritäten' durchgehen.
Da wäre "Hare Krishna", das mit seinen orientalischen Anleihen locker von einem
Robert Plant-Album stammen könnte. In "Mars Landing Party" singt Molko in französischer Sprache, das Stück ist ein locker-flockiger Chanson, "Leeloo" - eine Instrumentalnummer - kommt direkt aus dem Weltall und ist genau so schräg wie "Needledick". In "Aardvark" versucht man sich wohl an einer Runde Free Jazz. Überhaupt gibt es jede Menge Instrumental-Songs, leider vermisse ich da wirklich Molkos prägende Vocals.
Sowohl "Bubblegun" als auch "Drink You Pretty" sind absolute Gänsehautnummern, kommen leise, fast schwebend daher und verbreiten etwas Melancholie. Sie sind für mich neben "Hare Krishna" so etwas wie die Übernummern der Platte.
Bei "Ion" hat man das Gefühl: Depeche Mode meets Placebo - das passt hervorragend zusammen.
"Flesh Machanic", "H K Farewell" "Leni" oder "Detox Five" weisen dagegen die typischen Placebo-Hooklines auf, hier hat die Band ihre stärksten Momente, genauso wie bei "Soulmates", von der "This Picture"-Single stammend.
Der Frage stellt sich nun wirklich, ob man diese Platte tatsächlich braucht. Für Fans, die die Box noch nicht ihr Eigen nennen und alles von ihrer Band sammeln, ist das Doppel-Scheibchen sicherlich eine lohnende Anschaffung, zumal man hier eine völlig neue Seite von Placebo kennen lernen kann. Man bekommt einen guten Überblick über ihre Aktivitäten zwischen 1996 bis 2006 abseits der üblichen Band-Schiene. Guter Rat: Man muss sich den Songs ernsthaft widmen, zuhören! Sie haben die Gabe, mit jedem Hörgang zu reifen.
Neben den B-Seiten wurde auch "Live At La Cigale" als Einzel-CD veröffentlicht.
Wer das Box-Set schon im Schrank stehen hat, kann auf die acht Songs natürlich locker verzichten.
Für Nichtbesitzer: Hier erhält man einen - wirklich kleinen, aber guten - Einblick in die Live-Qualitäten der Band. Das Konzert wurde 2006 im Pariser Club La Cigale aufgenommen und zeigt eine dynamische Band, die absolut perfekt aufeinander eingespielt ist.
Acht Songs ist natürlich nicht viel und eine Spielzeit von lediglich etwas über 28 Minuten auch nicht unbedingt Konzertlänge. Da hätte man ruhig noch eine Schippe drauflegen können. Somit wird der eine oder andere 'seinen' Lieblings-Titel garantiert vermissen, so wie ich. Dennoch wird die Platte bei Placebo-Fans für wohlige Gänsehautschauer sorgen und garantiert ihre Käufer finden, zumal: Der Klang ist glasklar und astrein!
Line-up:
Brian Molko (Gesang, Gitarre, Keyboard)
Stefan Olsdal (Bass, Gitarre, Keyboard)
Steven Forrest (Schlagzeug)
Tracklist
B Sides 1996 - 2006: CD 1
01:Dark Globe
02:Hare Krishna
03:Been Smoking Too Long
04:Hug Bubble
05:Flesh Mechanic (Demo) (2006 Digital Remaster)
06:H K Farewell (2006 Digital Remaster)
07:Slackerbitch
08:Eyesight To The Blind
09:Miss Moneypenny
10:Waiting For The Son Of Man
11:Then The Clouds Will Open For Me
12:Mars Landing Party
13:Leeloo
14:Needledick
B Sides 1996 - 2006: CD 2
01:The Innocence Of Sleep
02:Ion
03:Aardvark
04:Theme From Funky Reverend
05:Leni
06:Bubblegun
07:Dub Psychosis
08:Little Mo
09:Evalia
10:Drink You Pretty
11:Soulmates
12:Detox Five
13:Uneedmemorethanineedu
14:Lazarus
Live At La Cigale:
01:Meds
02:Infra-red
02:Drag
03:Follow The Cops Back Home
04:Post Blue
05:Song To Say Goodbye
06:The Bitter End
07:Special K
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