Placebo / Covers
Covers Spielzeit: 40:40
Medium: CD
Label: EMI, 2010 (2003)
Stil: Alternative

Review vom 20.05.2010


Ilka Heiser
Covers, der Titel sagt ja eigentlich schon alles.
Placebo haben also ebenfalls ein Coveralbum vorgelegt von dem sie hoffen, dass es den Weg in unsere Regale finden wird. Außergewöhnlich ist das im Grunde nun wirklich nicht, beschreitet die Band damit Pfade, die viele große Namen im Rockgeschäft bereits vor ihnen gingen bzw. immer noch gehen. Nehmen wir die Beatles oder auch die Rolling Stones, die zahlreiche Stücke Chuck Berrys durch die Mangel gedreht haben, Led Zeppelin coverten u.a. Willie Dixon - Ironie des Schicksals: Deren Songs werden heute wiederum gern von anderen Bands gecovert. Auch Tina Turner, Joe Cocker, Rod Stewart, Gov't Mule, Guns'N Roses und viele andere taten es und tun es heute noch.
Joe Lynn Turner legte 1997 "Under Cover" sowie 1999 "Under Cover 2" vor, auf denen er Songs seiner Lieblingskünstler präsentiert. Beide Alben kosten zwischenzeitlich ein kleines Vermögen, da nur per Import zu beziehen (wobei die Scheiben schon zu DM-Zeiten meinen Geldbeutel arg strapazierten).
Ich glaube, man sollte die Frage eher anders rum stellen: Welche Band hat eigentlich noch nicht gecovert?
Aber zurück zu Placebo: Neu ist "Covers" tatsächlich nicht, denn die meisten Songs der Platte wurden bereits als Single-B-Seiten sowie als Soundtracks und auf diversen Tributplatten veröffentlicht. Als Bonus-CD erschienen die Stücke für das "Sleeping With Ghosts"-Studioscheibchen und als im Juni des vergangenen Jahres das opulente Box Set mit acht CDs und zwei DVDs auf dem Markt erschien, waren die Tracks ebenfalls ein Teil davon.
Wer all das bis jetzt noch nicht hat, darf sich die 10 Songs auf einer Einzel-Platte gepresst zu einem relativ moderaten Preis in den Schrank stellen.
Hörenswert ist das Teil allemal, hat die Band um den charismatischen Frontmann und Aushängeschild Brian Molko doch eine recht interessante Auswahl getroffen und den Nummern mal mehr, mal weniger ihren eigenen (Sound)Anstrich verpasst.
Gleich nach den ersten Takten des Openers ist sofort zu hören, dass es sich hierbei um Kate Bushs "Running Up That Hill" handelt. Dieses Lied wurde bereits 2003 für das umfangreiche Box-Set aufgenommen und ist absolut gelungen. Brian Molkos unverwechselbarer Gesang sorgt für eine wunderschöne, richtig traurige Stimmung - Gänsehautfeeling inbegriffen.
Das schräge "Where Is My Mind" von den Pixies zu covern, darauf muss man wirklich erst mal kommen, beweist aber, dass Placebo genug Humor haben und genau das tun, was ihnen gerade in den Sinn kommt - Respekt.
Auch "Bigmouth Strikes Again" von The Smith ist der Band wie auf den Leib geschneidert.
"Johnny And Mary" von Robert Palmer wurde einfach mal ordentlich durch den 'Placebo-Wolf' gedreht und weiß damit ebenfalls zu gefallen.
Überrascht hat mich Molko stimmlich bei "20th Century Boy". Man hat den Eindruck, Marc Bolan erlebt seine Wiederauferstehung. Die Nummer passt auf den Placebo-Frontman, wie die sprichwörtliche Faust aufs Auge.
Bereits ende der 90er wurde ihre Version dieses T. Rex-Hits für den Soundtrack des Glam-Rock-Hommage Films "Velvet Goldmine" verwendet.
Mit dem hammermäßig umgesetzten "The Ballad Of Melody Nelson" erweist die Band Serge Gainsbourg - ja genau DEM Serge, dessen gestöhntes Orgasmus-Epos "Je t'aime" (im Duett mit Jane Birkin) damals für ordentlich Aufruhr sorgte, den Chansonnier jedoch weltberühmt machte, ihre Referenz. "The Ballad…" ist übrigens auf dem Serge Gainsbourg-Tribut-Sampler ebenfalls zu finden.
"Je t'aime" in einer Placebo-Version hätte ich mir aber auch ganz gut vorstellen können.
Diese Stimme - die Beatles etwa? Nein - Holocaust - von Alex Chilton im Placebo-Soundgewand sorgt noch einmal für ausgiebige 'Entenpelle'. Gefällt mir richtig gut.
Dann gibt es noch das stark am Original angelehnte "I Feel You" von Depeche Mode, mit dem die Band noch eins drauf setzt und das durch Molos Vocals fast schon irgendwie zerbrechlich wirkt.
Und wieder sitzt der Band der Schalk im Nacken: "Daddy Cool" - prust - DER Disko-Hit von Boney M, wurde von der Band frisch aufpoliert und lässt Party-Stimmung aufkommen.
Natürlich rufen Coverversionen immer zwiespältige Meinungen hervor. Wirft man aber mal einen Blick in die Hitkiste wird man feststellen, dass so manches Stück erst nach dem zweiten Aufguss erfolgreicher war, als das Original, wie zum Beispiel "Black Magic Woman" von Fleetwood Mac, das weitaus bekannter wurde durch Santana. "Me And Bobby McGee", das von Kris Kristofferson stammt, bekam in einer Fassung von Janis Joplin richtig Aufwind, Bob Dylans "Knocking On Heaven's Door" ist den meisten wohl eher durch Gun'N Roses bekannt. Und wie viele Jungspunde sind der Meinung, Kashmir würde doch tatsächlich aus der Feder von Puff Daddy stammen?
Oder nehmen wir Sinéad O'Connors Version von Prince' "Nothing Compares 2 U". Diesmal verwursten Placebo eben mal O'Connors "Jackie" und runden damit ihre Platte ab. Eine Platte, von der jeder selbst entscheiden sollte, ob sich der Kauf lohnt oder nicht. Ich stelle mir die Scheibe jedenfalls gerne ins Regal.
Line-up:
Brian Molko (Gesang, Gitarre, Keyboard)
Stefan Olsdal (Bass, Gitarre, Keyboard)
Steven Forrest (Schlagzeug)
Tracklist
01:Running Up That Hill (originally by Kate Bush)
02:Where Is My Mind (XFM Live Version - originally by The Pixies)
03:Bigmouth Strikes Again (originally by The Smiths)
04: Johnny And Mary (originally by Robert Palmer)
05:20th Century Boy (originally by T.Rex)
06:The Ballad Of Melody Nelson (originally by Serge Gainsbourg)
07:Holocaust (originally by Alex Chilton)
08:I Feel You (originally by Depeche Mode)
09:Daddy Cool (originally by Boney M)
10:Jackie (originally by Sinead O'Connor)
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