Plankton: Hier keine im Wasser treibenden Organismen sondern zwei Gitarristen (Emil Fredholm, Christian Neppenström) und je ein Basser (Tomas Thorberg), Schlagzeuger (Sebastian Sippola) und Perkussionist (Lars Normalm).
Kein Sänger, wie ihr merkt und eigentlich vermisse ich ihn in der 1998 gegründeten, schwedischen Band auch nicht wirklich. Liest man auf der Bandseite, wo die musikalischen Präferenzen liegen, wird klar, dass die Truppe ihren Namen wahrscheinlich schon mit Bedacht gewählt hat. Umherirrendes bedeutet Plankton auf griechisch (sagt mir das I-Net) und das passt, wenn der musikalische Bogen von z.B. Hendrix, Zep, Purple und Cream über die Beatles zu schwedischer Volksmusik, schwedischen Märchen und über die Shadows oder Monty Python´s Flying Circus zurück zu Mahagony Rush, Mountain und Jeff Beck führt.
Instrumentalmusik hat einen unbestreitbaren Vorteil: Man kann, ohne das Korsett von Strophe und Refrain, sich mehr der reinen Musik hingeben und so in der Tat 'umherirren'. Umherdriften umschreibt es besser, denn umher irrt auf "Plankton 3" keiner der Fünf.
Das Gegenteil ist, auf der neben Rare Tracks 1998-2005 bereits zweiten Veröffentlichung in diesem Jahr, der Fall.
Percussion-'Geklapper' eröffnet die CD. Nur kurz, dann brechen Emil und Christian durch die Membranen. Twin-Guitars at it's best. Aberwitzige Soli konkurrieren mit melodischen Läufen. Tomas lässt es brabbeln und Sebastian zementiert bombensicher. Wah Wah-Attacken, Gitarrenhooks, wie man sie von Wishbone Ash kennt.
Wenig schwedische Volksmusik zu kennen, wäre extrem übertrieben, bin ich doch auf diesem Gebiet absolut nicht bewandert. Trotzdem interpretiere ich frech eine Mischung aus ebendieser Gattung und klassischen Rocklicks in "Cosmic Bridge" hinein. Im Folgetrack, der "heiligen Kuh" rifft es gar ähnlich dem berühmten "Them Changes" von Carlos Santana & Buddy Miles. Überhaupt legen die Gitarrenparts, und nicht nur die, eindeutig Zeugnis der musikalischen Vorlieben der Truppe ab.
"Sea of Tranquility" schwebt mit fast sphärischen Gitarrenlinien, "Have You Ever..?" klingt teilweise akustisch (zumindest eine der beiden Klampfen), bis sich ein leichter jazzig angehauchter Touch einschleicht.
Herrje, da sind zwei absolute Gitarren-Cracks am Werk. Oft ist es ja so, dass einen instrumentale Scheiben irgendwann langweilen, oder gar nerven. Plankton zeigen, dass dies nicht sein muss.
Bluesig startet "Anecdotes of an Aquanaut", herrlich wie Bass, Drums und Percussions den Blues-Teppich weben, die Gitarren mischen sich ein, plötzlich kotzt das Wah-Wah, beide Gitarristen 'schrauben' ihre Läufe dem Hörer in die Gehörwindungen und aus ist's mit dem Blues.
"1970" - Nomen est omen. Ich assoziere akustische Led Zeppelin und da es uhrzeitlich passt, schenke ich mir einen Wein nach. "Evolution at Work" schaltet zum Abschluß schön zwischen entweder orientalisch angehauchten, oder nach Pink Floyd klingenden Passagen und aberwitzigen Gitarrenläufen hin und her. Gehen die Gitarren über in Rhythmus-Sequenzen, erinnert es an eine Mischung aus groovendem Santana-Drive und Klangwelten à la Nektar.
Wunderbares Driften von einem musikalischen 'Zustand' zum nächsten. Plankton eben!
Spielzeit: 52:26, Medium: CD, Grooveyard Records, 2006
1:The Telltale Heart 2:Stockholm 3:Cosmic Bridge 4:Holy Cow 5:Sea of Tranquility 6:Have You Ever..? 7:Anecdotes of an Aquanaut 8:1970 9:Dvärgfeber 10:Evolution at Work
Ulli Heiser, 16.05.2006
|