Poco / Crazy Eyes
Crazy Eyes Spielzeit: 39:10
Medium: LP
Label: Music On Vinyl (Epic Records), 2014 (1973)
Stil: Country Rock


Review vom 24.02.2015


Steve Braun
Dass Poco stets im Schatten von Bands wie den Herren Crosby Stills Nash & Young - solo bzw. in den verschiedensten Kombinationen - oder den Eagles standen, ist eine der kleinen Hundsgemeinheiten des Musikbusiness. Von "Pickin' Up The Pieces" bis zumindest "Head Over Heals" (1975) - darunter das hier zu besprechende "Crazy Eyes" - wurde von den kalifornischen Sunnyboys ein fabelhaftes Septett von Klassealben abgeliefert. Keines brachte allerdings den klaren Durchbruch. Von "You Better Think Twice", "C'mon" (damit waren sie seinerzeit sogar im Musikladen!), "A Good Feelin' To Know" oder "Rose Of Cimarron" floppten alle Singles mehr oder weniger, aber immer unverdient! War das mit ein Grund, weshalb aus "Crazy Eyes" erst gar keine Single ausgekoppelt wurde? Und das obwohl hier mindestens drei erfolgsversprechende Kandidaten zu finden waren?
Tatsache ist aber auch, dass dieses Album immerhin bis auf #38 in den US-Charts klettern konnte und bis heute die meistverkaufte Platte Pocos darstellt.
Auch mit der Hinwendung zum Soft- bzw. Pop Rock (mit Sicherheit standen die Plattenbosse hinter dieser Entscheidung), gegen Ende der Siebziger und in den Achtzigern, konnte man die Erfolgsspur nicht erzwingen. "Legend" (1979) brachte zwar mit der öligen Schnulze "Crazy Love" endlich den ersehnten Nummer-eins-Hit (sieben Wochen #1 der US-Charts) und verkaufte sich in diesem Erfolgs-Sog ausgezeichnet, aber Poco war da bereits im Grunde genommen nur noch ein fahler Schatten früherer Tage.
In diesen Glanzzeiten standen die Südkalifornier noch ganz klar in der Tradition radikaler Country-Reformer wie The Byrds , Buffalo Springfield und vor allem Gram Parsons.
Nach "Crazy Eyes" schmiss mit Richie Furay - nach Jim Messina zwei Jahre zuvor - ein weiterer 'Mann der ersten Stunden' wegen anhaltender Erfolglosigkeit hin. Ironischerweise landete er wenig später mit dem Debütalbum der Souther Hillman Furay Band und einem Outtake von "Crazy Eyes", "Believe Me", mit Platz 11 einen echten Charterfolg.
Für Poco stellte Furays Ausstieg natürlich einen weiteren schweren Aderlass dar, der - personell wie kompositorisch - nicht völlig zufriedenstellend kompensiert werden konnte.
"Crazy Eyes" ist mein ganz persönliches Lieblingsalbum von Poco. Mit dem Titelsong, einer mit Horns und Strings dramatisch arrangierten Furay-Nummer, sowie dem J.J. Cale-Cover "Magnolia" sind wohl zwei der besten Poco-Nummern der gesamten Bandhistorie vertreten. "Brass Buttons", eine Gram Parsons-Interpretation von dessen posthum erschienener (epochalen!) Platte "Grievous Angels" (1974), stellt ein weiteres Kronjuwel dar. Bizarrerweise - wie der geschätzte Kollege Markus bereits völlig richtig anmerkte - erschien diese Nummer via "Crazy Eyes" vier Tage vor Parsons Tod und damit knapp vier Monate früher als das Original.
Aber auch der Rest kann sich mehr als nur sehen lassen. "Blue Water" ist ein richtig toll Bluegrass-inspirierter Countryrocker, der durch Rusty Youngs Steel- und Banjo-Einlagen besticht. "Fools Gold" zieht durch die genau gleiche Furche, aber mit deutlich forciertem Tempo. Kein Geringerer als ein gewisser Chris Hillman steuert hier einige coole Mandolinenparts bei - wer die wild 'fetzende' Fiddle jublieren lässt, war nicht in Erfahrung zu bringen.
Timothy B. Schmits "Here We Go Again" greift beseelt tief in die Gefühlskiste - nicht einen Song dieses Kalibers sollte er später bei den Eagles unterbringen. Paul Cottons "A Right Along" ist wohl der heißeste der bereits angesprochenen Single-Kandidaten. "Let's Dance Tonight" - Furays 'Abschiedsnummer' - verbreitet lässigstes Westcoast-Feeling und beendet ein Album ohne Fehl und Tadel.
Für jemanden, der in Pocos Welt einsteigen möchte, ist "Crazy Eyes" - neben dem 'Zweitling' "Poco" (von 1970) - die allererste Wahl. Begleitend seien noch unbedingt "A Good Feelin' To Know" und "Head Over Heels" genannt.
Bleibt am Ende eigentlich nur noch die Frage: Wann wird Poco endlich in die Rock'n'Roll Hall of Fame berufen? Diese Country Rock-Veteranen hätten es mehr als verdient, es ihrem Gründungsmitglied Richie Furay gleichzutun, der 2010 aufgenommen wurde!
Line-up:
Rusty Young (steel guitar, guitar, banjo, vocals)
Richie Furay (guitar, vocals)
Paul Cotton (guitar, vocals)
Timothy B. Schmit (bass, vocals)
George Grantham (drums, vocals)

Additional Musicians:
Chris Hillman (mandolin)
Bob Ezrin (piano)
Paul Harris (piano)
Bill Graham (violin)
Joe Lala (percussion)
Ben McPeek (horn and string arrangements)
Tracklist
Seite A:
01:Blue Water (3:12)
02:Fools Gold (2:24)
03:Here We Go Again (3:29)
04:Brass Buttons (4:16)
05:A Right Along (4:45)

Seite B:
01:Crazy Eyes (9:37)
02:Magnolia (6:18)
03:Let's Dance Tonight (3:49)
Externe Links: