Da hatte bei Sony BMG aber mal jemand eine richtig gute Idee! Das Label startete nämlich eine Serie von CD-Boxen, die jeweils fünf Alben einer Band enthalten und zu einem sehr günstigen Preis angeboten werden. Selbst wenn offen zugegeben wird, dass dies nicht aus lauter Menschenfreundlichkeit, sondern vielmehr als reine Maßnahme zur Bekämpfung illegaler Downloads erfolgt, sollte das den Musikliebhaber aber kaum stören, profitiert er letztendlich doch erheblich davon.
Den Anfang dieser Aktion macht die kalifornische Band Poco, die aus den Trümmern der, nach nicht enden wollenden Streitigkeiten aufgelösten Truppe Buffalo Springfield entstand. Richie Furay und Jim Messina beschlossen, weiterhin zusammen Musik zu machen und stellten die Besetzung ihrer neuen Band zusammen, indem sie nach und nach George Grantham (Schlagzeug, Gesang), Rusty Young (Pedal Steel) und Randy Meisner (Bass, Gesang) ins Boot holten. Meisner sprang aber recht schnell wieder über Bord, nachdem er entschieden hatte, sich doch lieber einer viel versprechenden neuen Band namens The Eagles anzuschliessen.
Sein Nachfolger war ein gewisser Timothy B. Schmitt, der ihn ironischerweise knappe zehn Jahre später auch bei den zu diesem Zeitpunkt bereits millionenschweren 'Adlern' ersetzen sollte. Die Musik von Poco wird sehr oft in einem Atemzug mit der der Eagles genannt, was sicherlich nachvollziehbar ist, wenn man auch deutliche Unterschiede zwischen den beiden Bands ausmachen kann. Poco waren im Endeffekt wesentlich rockiger, rauer und ungeschliffener, was sich nicht nur bei den Instrumenten, sondern vor allem auch bei dem oft mehrstimmigen Gesang bemerkbar macht.
Das Debüt "Pickin' Up The Pieces" von 1969 lehnt sich bezüglich des Songwritings und der Produktion noch sehr stark an den Sound von Buffalo Springfield an. Dennoch staunt man bereits hier Bauklötze, während einem schlagartig klar wird, wie groß der Input von Richie Furay bei seiner Vorgänger-Band bereits war. Werden doch bezüglich der Buffalos meistens nur Neil Young und Stephen Stills als die so genannten 'Macher' herausgestellt. Dazu hatte das Quartett ( Meisner war schon weg und Schmitt zum Zeitpunkt der Aufnahmen noch nicht in der Band) mit unter anderem "What A Day", "Nobody's Fool", "Pickin' Up The Pieces" oder auch "Consequently So Long" bereits sehr starke Songs in der Tasche.
Das allgemein als Meisterwerk von Poco angesehene zweite Album "Poco" (1970) machte dann vor allem soundtechnisch einen großen Schritt nach vorne. Aber auch dem Zeitgeist hatten sich die Kalifornier effektiver genähert, indem sie nur noch halb so viele Tracks, dafür mit der Jam-Orgie "El Tonto De Nadie, Regresa" aber einen mit knapp 20 Minuten überlangen am Start hatten. Neben diesem großartigen Marathon können auch Songs wie vor allem "Hurry Up", "You Better Think Twice" oder "Anyway Bye Bye" auf ganzer Länge überzeugen.
Es folgte das Live-Album "Deliverin'" (1971, das in dieser Box leider nicht enthalten ist) und damit endeten, glaubt man den Geschichtsbüchern, die besten Jahre Pocos. Gründe hierfür dürften sein, dass Jim Messina die Band nach diesem Album verließ (er wurde durch Paul Cotton ersetzt) und vor allem wohl auch daran, dass das Nachfolge-Werk "From The Inside" (1971) qualitativ tatsächlich wesentlich gegenüber den ersten beiden Longplayern abfällt.
Eigentlich ist stilistisch alles beim alten (die Band glänzt weiterhin mit Country Rock und mehrstimmigem Gesang), aber es hapert etwas am Songwriting und insgesamt wirken die Protagonisten hier eher müde. Fairerweise muss aber auch gesagt werden, dass mit "Hoe Down" und "What Am I Gonna Do" wieder kleine Perlen enthalten sind.
Poco schafften es mit dem Nachfolger "A Good Feelin' To Know" (Januar 1973) allerdings eindrucksvoll, die Scharte des Vorgängers wieder auszuwetzen. Hier ist die Band wieder in Top-Form, spielte ein abwechslungsreiches und spannendes Werk ein, das vor allem durch "And Settlin' Down", "I Can See Everything" und den Titelsong gefällt. 'Back to form' sozusagen!
Später im gleichen Jahr erschien "Crazy Eyes", das "A Good Feelin'…" kaum in etwas nachsteht. Interessanter Weise schwebt der Geist von Gram Parsons unverrückbar über dieser Langrille. Zum einen coverten Poco hier Grams Song "Brass Buttons" und zum anderen wurde der Titelsong des Albums für und über ihn geschrieben. Dem Fass den Boden schlägt schließlich aus, dass "Crazy Eyes" zufälligerweise in genau dem Monat (September 1973) veröffentlicht wurde, in dem Parsons seine letzte, verhängnisvolle Party feierte und im Alter von 26 Jahren verstarb. Aber nicht nur diese beiden Tracks stechen heraus, auch "Blue Water", "Here We Go Again" und "Magnolia" sind echte Bringer.
Poco standen Zeit ihres Lebens im Schatten der Eagles, waren musikalisch aber deutlich interessanter, unvorhersehbarer und auch wilder. Ich persönlich habe meine Meinung zu dieser Band, die ich zunächst durch ein Album aus den Achtzigern kennen und nicht leiden gelernt habe, erfreulicherweise wieder revidieren müssen. Diese erste Handvoll Studioalben sind, vielleicht von der Ausnahme "From The Inside" abgesehen, sehr starkes Material, das sich durchaus zu entdecken lohnt.
Insgesamt kann man festhalten, dass diese Box ein absoluter Gewinner ist, bei der man mit fünf Alben für einen Preis unter 20 Euro ein echtes Schnäppchen machen kann. Dazu kommt, dass die Musik qualitativ hervorragend ist und den Freund guter, handgemachter (Country) Rock-Musik nicht im Stich lassen wird. Der Sound ist einwandfrei und rundet das sehr positive Gesamtbild routiniert ab.
Das macht Lust auf mehr!! Ich bin gespannt, welche Band, bzw. welcher Musiker als nächstes auf diese Weise von Sony BMG gewürdigt wird!!
Line-up:
Jim Messina (guitars, vocals)
Richie Furay (guitars, vocals)
Timothy B. Schmitt (bass, vocals)
Paul Cotton (guitars, vocals)
George Grantham (drums, vocals)
Rusty Young (pedal steel)
Tracklists |
Pickin' Up The Pieces (1969):
01:Foreword
02:What A Day
03:Nobody's Fool
04:Calico Lady
05:First Love
06:Make Me Smile
07:Short Changed
08:Pickin' Up The Pieces
09:Grand Junction
10:Oh Yeah
11:Just In Case It Happens, Yes Indeed
12:Tomorrow
13:Consequently So Long
14:Do You Feel It Too
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Poco (1970):
01:Hurry Up (Now Tell Me)
02:You Better Think Twice
03:Honky Tonk Downstairs
04:Keep On Believin'
05:Anyway Bye Bye
06:Don't Let It Pass By
07:El Tonto De Nadie, Regresa
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From The Inside (1971):
01:Hoe Down
02:Bad Weather
03:What Am I Gonna Do
04:You Are The One
05:Railroad Days
06:From The Inside
07:Do You Feel It Too
08:Ol' Forgiver
09:What If I Should Say I Love You
10:Just For Me And You
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A Good Feelin' To Know (1973):
01:And Settlin' Down
02:Ride The Country
03:I Can See Everything
04:Go And Say Goodbye
05:Keeper Of The Fire
06:Early Times
07:A Good Feelin' To Know
08:Restrain
09:Sweet Lovin'
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Crazy Eyes (1973):
01:Blue Water
02:Fools Gold
03:Here We Go Again
04:Brass Buttons
05:A Right Long
06:Crazy Eyes
07:Magnolia
08:Let's Dance Tonight
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Externe Links:
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