Pogues
11.03.2006 Atlantic City, New Jersey
Borgata Hotel & Casino
Totgesagte leben länger! Was hier in den Staaten zunächst als eher belächeltes Gerücht auf Internetseiten die Runde machte, wurde schließlich bestätigt. Nach ca. 15 Jahren gab es wieder eine Pogues-Tour in der Besetzung der "If I Should Fall From Grace" bis "Hell's Ditch" Alben, also auch mit dem legendären Frontmann Shane MacGowan, in den USA.
Das gesamte Land konnte die Band auch in ihrer Hochphase, Mitte bis Ende der 80er Jahre, zwar nie 'knacken', aber zumindest an der Ostküste, wo wohl der größte Teil der irisch-stämmigen Bevölkerung Amerikas angesiedelt ist, hatte man sich eine starke Anhängerschaft erspielt. Die Ticketpreise lagen in diesem Jahr mit 50,00 Dollar im erträglichen und bei Veranstaltungen dieser Größenordnung durchaus üblichen Bereich. Und die für diese Tour zunächst angesetzten sechs Konzerte in vier Städten mussten dann auch wegen der unglaublichen Ticket-Nachfrage fast verdoppelt werden.
Die für diese Tour zunächst angesetzten sechs Konzerte in vier Städten mussten dann auch wegen der unglaublichen Ticket-Nachfrage fast verdoppelt werden.
Und in Atlantic City, dem nach Las Vegas zweitgrößten Spielerparadies dieser Nation, war es ein wunderschöner Märztag, an dem die so lange vermisste Band den zweiten Stop ihrer Reise einlegte.
Klar, dass wir früh anreisten und uns im riesigen 'Borgata Hotel-Casino-Veranstaltungskomplex' erst mal zu freien Getränken über die 'Einarmigen Banditen', die sogenannten 'Slot machines' hermachten. Und es fing gut an. Nachdem wir mehrere Stunden später, ich mit einem stolzen Reingewinn von sage und schreibe 12,00 Dollar, in die Bar gingen, trafen wir dort ein befreundetes Paar, das den Tag zuvor bereits auf dem Konzert in Washington D.C. war und uns begeistert von dem absolut geglückten Event berichtete.
Also: Alle Vorzeichen standen auf 'Super'! Im Vorprogramm konnten die Saw Doctors eine gute Stimmung verbreiten und Pluspunkte sammeln, wenn auch gegen Ende des Sets die "Shaaaane---OOOH, Shaaaane---OOOH"-Rufe immer lauter wurden. Die Saw Doctors zeigten sich jedoch verständnisvoll und blieben weiterhin sympathisch, wohlwissend, warum die Meute so ungeduldig wurde.
Und nach einer etwa halbstündigen Umbaupause gingen dann die Lichter aus und die ca. 3500 Zuschauer drehten komplett durch, als die Band die Bühne betrat und mit "Streams Of Whiskey" und "If I Should Fall From Grace With God" ihren Reigen eröffnete. Aber, oh weh, meine Frau, die einen 7.Sinn für so was hat, stellte fest, dass Shane MacGowan nicht so gut drauf ist und verärgert wirkt. Diesen Eindruck konnte ich zwar nicht bestätigen, aber bei solchen Sachen ist meistens sie diejenige, die richtig liegt. Sie kennt 'ihren' Shane eben, wie sie immer so schön sagt.
Bezüglich des Konzertes erweisen sich ihre Befürchtungen jedoch als unbegründet, denn sowohl die Band, als auch Shane spielen und singen sich mit "Turkish Song Of The Damned", "Broad Majestic Shannon", "Boys From The County Hell", "White City", "Sunny Side Of The Street" und "Sally MacLennan" in einem wahren Rausch.
Der Sound war nicht überragend, was aber eher an der Lokalität als an der Band lag. Shane MacGowan gönnte sich immer wieder mal Pausen und so konnten sich auch Spider Stacy ("Tuesday Morning"), Terry Woods ("Young Ned Of The Hill") und Phil Chevron ("Thousands Are Sailing") als Vokalisten auszeichnen.
Das dramatische Ende des Sets bildeten dann später "The Body Of An American" und das unverwüstliche "Sickbed Of Cuchulainn", bevor die gesamte Band erst mal ein kleines Päuschen einlegte. Die Zugaben bestanden aus "Fiesta", dem Klassiker "Rainy Night In Soho" sowie "Star Of The County Down", letzteres mit Drummer Andrew Ranken am Mikro, dem Shane aber über ein paar Textlücken hinweghelfen muss. Die Band verabschiedete sich erneut.
Da die Halle aber immer noch Kopf stand und das Publikum nicht müde wurde, kamen die Mannen noch einmal auf die Bretter die die Welt bedeuten zurück, um den Song zu spielen, der natürlich auf keinem Pogues-Konzert fehlen darf: "Fairytale Of New York". Den weiblichen Gesangspart, der bei einem dramatischen Unfall tödlich verunglückten Kirsty MacColl übernahm auf dieser Tour die Tochter von Jem Finer (Banjo), die ihre Sache sehr gut machte.
Das Publikum lag sich in den Armen, sang jede Zeile lauthals mit und es waren nur noch breit grinsende Gesichter und die ein oder andere sentimentale Träne zu sehen. "Wow", dachte ich mir, "selten sooo viele glückliche Menschen auf einem Haufen gesehen".
Den traditionellen Schlusspunkt stellte dann ein furioses "Irish Rover" dar, wiederum Wort für Wort lauthals von unzähligen Kehlen mitgegröhlt.
Als kleinen Gimmick versuchte Shane, seine Weinflasche auf dem Kopf zu balancieren, was ihm auch für ca. 1,7 Sekunden gelang, bevor er sich dann aber entschied, sie doch lieber auszutrinken, statt zu riskieren einen guten Tropfen zu verschütten. Ganz klar ein Mann, der sich Prioritäten setzt...
Insgesamt eine triumphale Rückkehr ins Land der (un-) begrenzten Möglichkeiten. Wie wird das erst nächste Woche rund um den St. Patrick's Day im noch verrückteren New York City werden?? Die Auflösung gibt's, falls ich's überlebe, in Kürze hier in der RockTimes.


Pogues, 13.03.2006, Atlantic City, New Jersey, Borgata Hotel & Casino
Konzertdauer ca. 155 Min.
Markus Kerren, 25.03.2006