Polly O'Keary & The Rhythm Method / Compass
Compass Spielzeit: 54:16
Medium: CD
Label: Eigenproduktion, 2014
Stil: Blues, Blues Rock

Review vom 24.03.2014


Joachim 'Joe' Brookes
Die Bassistin, Sängerin, Komponistin und Produzentin Polly O'Keary ist schon seit fünfundzwanzig Jahren als Musikerin aktiv. Sie spielte bereits mit sechzehn Jahren in mexikanischen Bars und es floss ganz schön viel Wasser durch die Flüsse rund um Seattle, bis sie dem Blues verfiel. Polly O'Keary gründete eine Band und war danach gern gesehener Gast bei angesagten Festivals und wurde 2004 von der Washington Blues Society zur besten weiblichen Sängerin gekürt. Danach gewann sie den Preis gleich zwei weitere Male.
"Who Needs The Blues" erschien 2008 und mit "Compass" hat die Protagonistin ihr drittes Album auf den Markt gebracht. Bemerkenswert ist auch die Tatsache, dass Polly O'Keary für einige Jahre zusammen mit ihrem Schlagzeuger Tommy Cook die Rhythmusabteilung von
Too Slim And The Taildraggers mit Leben füllte. Mittlerweile hat sie mit The Rhythm Method wieder eine eigene Band ... und was für ein Trio!
Getreu dem Titel der Platte zeigt die Gruppe hier, in wie viele Richtungen der Zwölftakter gehen kann. Im Opener "Fools Gold" sprüht der Funk aus allen Kalotten und Membranen und schon hier bekommt der Hörer beim Gitarristen Clint 'Seattle Slim' Nonnemaker ganz spitze Ohren. Dieser Mann findet immer den richtigen Ton, kann inspiriert-variantenreich spielen und offenbart nicht nur einmal sein Faible für den Rock im Genre. Da werden selbst balladeske Momente von der zügigeren Gangart infiziert. Dieser Musiker ist eine echte Entdeckung.
Genauso geht es einem bei der dritten Nummer des Albums. Da ist ein Stimmungswandel und geografischer Fingerzeig in Richtung Mexiko mehr als deutlich. Die Musik kennt ja bekanntlich keine Grenzen. Polly O'Keary & Co. machen mit The Seattle Horns (Greg Lyons/Mike West) einen tollen Abstecher in die Sombrero-Ecke und können auch damit voll überzeugen.
Nach dem feurigen Chili-Ausflug ist eine etwas längere Entspannung angesagt. "Your Honor" zeigt weitere Trumpfkarten der Künstlerin. Sie kann nicht nur tolle Lieder schreiben, sondern einfach auch super singen. Welch ein Vergnügen, seine Zeit einer Platte wie "Compass" zu schenken. Wer den ausgereiften Blues und alle möglichen Varianten mag, der bekommt hier eine Art Vollbedingung.
"Harder Than It Has To Be" shuffelt klasse, das Piano trägt die bunte New Orleans-Jacke und Clint 'Seattle Slim' Nonnemaker hat sich in seinem Solo den Rock'n'Roll auf die Fingerkuppen tätowieren lassen. Klasse! Jetzt aber schleunigst ab in die Garderobe ... für "Stop, Train" wird das hemdsärmelige Outfit vom Bügel geholt. Für den pumpenden Bass, das akzentuierte Schlagzeug und die rockigen Gitarrenriffs braucht die Band Platz. Und siehe da ... der Mann an den sechs Saiten haut im zurückgefahrenen Intermezzo ein Solo raus, das einen in der Manier eines Gabelstaplers aus den Socken hebt. Toll!
Macht die Blues-Diversität noch Sinn, wenn sich die Combo auch noch dem jazzigen Trieb des Genres widmet? Große Zustimmung, wenn es um Polly O'Keary & The Rhythm Method geht. Ja, so etwas hat Methode und die kommt auch noch sehr gut an. Siehe da, der Axeman kann auch schmeichelhaft auftreten.
Auf luftig rockenden Funk ("How The Mighty Fall") folgt die aus meiner Sicht herzzerreißende Ballade mit dem passenden Titel "Losing You Again". Bei der von der Frontfrau zu dezentem instrumentalen Arrangement gesungenen Sehnsucht liegt das Taschentuch symbolisch neben dem Player. Abermals zeigt Clint 'Seattle Slim' Nonnemaker seine sensible S(a)eite. Hervorragend!
Schließlich serviert man dem Hörer auch noch eine aus Blues, Funk, einem verdammt melodiös gezupften Polly O'Keary-Tieftöner und Gebläse-Abteilung fusionierte Nummer. "You Get Me High" ist musikalisch-loderndes Feuer mit Gospel-Ende und der abermals balladeske Achtminüter "Let Me Be Kind", eine kompositorische Koproduktion der Künstlerin und ihrem Gitarristen, lässt keine Zweifel über das hohe Niveau der Scheibe aufkommen. "Compass" ist ein hinlangendes Album, bei dem die verschiedenen Blues-Richtungen sehr gut zusammenpassen. Hats off, Polly O'Keary & The Rhythm Method!
Line-up:
Polly O'Keary (vocals, bass)
Clint 'Seattle Slim' Nonnemaker (guitar, backing vocals)
Tommy Cook (drums, backing vocals)

Additional Musicians:
Norm Bellas (Hammond B3 organ - #11)
Arthur Migliazza (keyboard - #1,5)
Anita 'Lady A' White (background vocals - #11)
Kevin Sutton (background vocals - #6,10)
The Seattle Horns:
Greg Lyons (trumpet - #3,10,11)
Mike West (saxophone - #3,10,11)
Tracklist
01:Fools Gold (4:15)
02:Summer (2:45)
03:Nothing Left To Say (3:57)
04:Your Honor (6:09)
05:Harder Than It Has To Be (3:36)
06:Stop, Train (4:54)
07:I've Got None (4:55)
08:How The Mighty Fall (5:42)
09:Losing You Again (4:22)
10:You Get Me High (5:30)
11:Let Me Be Kind (8:11)
(all songs written by Polly O'Keary except #11 by Polly O'Keary and Seattle Slim)
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