Pretenders / Same & II
(Deluxe Edition) - Expanded & Remastered
Same / II Spielzeit:
Same: 47:01 (CD 1), 57:05 (CD 2)
II: 46:35 (CD 1), 71:06 (CD 2)
Medium: Do-CDs
Label: Real Records, Rhino, 2006
Stil: Rock Pop

Review vom 26.10.2006


Daniel Daus
Zu Zwillingen kommt man meist plötzlich und schneller als man denkt. Diese Erfahrung ist jüngst auch einem meiner geschätzten RockTimes-Kollegen wiederfahren. Einmal nicht aufgepasst und schwups hat sich einiges im Leben komplett verändert. Studenten-High-Life bis ins hohe Alter adé. Statt Alkohol-Exzesse und Kommilitoninnen vernaschen, jetzt Fläschchen geben und Windeln wechseln als neuen Lebensinhalt. Da es bei mir aber hier nur um sich zwei sehr ähnelnde CDs eines gleichen Interpreten geht, in diesem Falle von The Pretenders, halten sich die Konsequenzen, was meine Person betrifft, im relativ begrenzten Rahmen.
Aber auch diese Geschichte kam durch eine Unaufmerksamkeit zu Stande. Ich las eine Bekanntmachung der vielen netten Firmen, die uns mit Bemusterungsmöglichkeiten versorgen, und war aus irgendwelchen Gründen der Meinung, dass es sich um ein Best Of-Werk der Truppe handeln würde. Man kennt ja Songs wie "Brass In Pocket", "Back On The Chain Gang", "Don’t Get Me Wrong" oder "I’ll Stand By You", die alle recht nett anzuhören sind - also warum nicht. Aber weit gefehlt: Als die Lieferung eintraf, musste ich feststellen, dass ich mich um zwei Frühwerke (die erste + II) der Band beworben hatte, und die gab es direkt in der XXL-Version: 'Remastered & Expanded', um es genauer zu formulieren. Insgesamt vier CDs mit der vollen New Wave-Dröhnung, puh. Zunächst muss ich bemerken, dass die Gestaltung wirklich sehenswert ist. Beide CDs gibt es als Doppelklapp-Papp-Schuber mit vielen tollen Bildern und eingesteckten Booklets, die in Sachen ausführlicher Information nichts zu wünschen lassen. Wirklich mit Liebe zum Detail aufgemacht.
Kommen wir zum für mich eher problematischem Teil: Der Musik. "Brass In Pocket" ist auf dem Debüt vorhanden, sämtlicher Rest mit einigen kleinen Ausnahmen entzog sich bisher meinem musikalischen Horizont. Chrissie Hynde (übrigens geborene Amerikanerin) ist zweifellos eine charismatische Sängerin mit unverkennbarer Stimme, die aber auch oft in bestimmten Lagen schnell ihre Grenzen findet. Die Songs gehen teilweise recht gut ab, die Instrumentalleistungen sind nicht gerade ausgefallen. Vielleicht bin ich da aber auch zu verwöhnt, schließlich habe ich es ja in der Regel in meinen Reviews mit den Studiokönnern aus Nashville zu tun, und das ist nun mal spieltechnisch eine andere Welt. Trotzdem sieht man, dass man mit solch einfach gestrickter Musik durchaus erfolgreich sein kann. Beide Alben gelangten sowohl in Großbritannien als auch in den USA jeweils in die Top Ten der Verkaufscharts. Somit könnte man mit böser Zunge attestieren, dass The Pretenders wohl auch mit einer der Vorreiter für die unzähligen Bands sein könnten, die mit ihren begrenzten Mitteln heute unseren schier unüberschaubaren Markt überfluten und vom großen Ruhm und Erfolg träumen.
Also, beide Werke ähneln sich ziemlich, wie Zwillinge halt so sind, wobei mir "II" trotz des fehlenden Mega-Hits, aufgrund des etwas höheren Melodiefaktors besser gefällt und in der Breite mit Stücken wie dem fetzigen "The Adultress", den angenehm ins Ohr fließenden "The English Roses" (auch in der Live Bonus-Version stark), "I Go To Sleep" und "Talk Of The Town" etwas mehr zu bieten hat. Trotzdem überwiegt bei beiden der Teil, wo recht nervig rumgeschrammelt wird, und Mrs. Hynde eher rumkreischt und mehr spricht als mit vokaler Pracht zu glänzen. Man fragt sich, wenn das die remasterten Teile sind, wie fürchterlich müssen sich damals die Original-Scheiben zum Teil angehört haben....
Wie bereits erwähnt, wurden beide Platten noch mit einer Zusatz-CD mit unveröffentlichten Stücken, meist live oder als Demo-Version, ergänzt, was für den Pretenders-Fan sicherlich allein schon aus Vollständigkeitsgründen als Bonbon zu werten ist. Inwiefern sich hier neue Eindrücke zu ihrem Live-Album von 1995 ergeben, entzieht sich leider meiner Kenntnis.
Fazit: Die Aufmachung der beiden CDs ist wirklich toll, Chrissie Hynde und ihre Begleiter machen in jedem Fall keine unsympathische Musik, die aber letzen Endes nichts für Leute wie mich ist, die mit wibbeliger, britischer New Wave, Punk-, Rock'n'Roll-, Pop- und Rockmusik recht wenig am Hut haben. Man kann also sagen, dass diese Zwillinge mein (musikalisches) Leben sicher nicht großartig verändern werden. Vielleicht kann ich sie ja statt den obligatorischen Stramplern als passendes Geschenk für den väterlichen RockTimes-Kollegen in spe verwenden...
Tracklist
Same, Disc One
01:Precious
02:The Phone Call
03:Up The Neck
04:Tattooed Love Boys
05:Space Invader
06:The Wait
07:Stop Your Sobbing
08:Kid
09:Private Life
10:Brass In Pocket
11:Lovers Of Today
12:Mystery Achievement
Same, Disc Two 2
01:Cuban Slide
02:Porcelain
03:The Phone Call (Demo)
04:The Wait (Demo)
05:I Can’t Control Myself (Demo)
06:Swinging London
07:Brass In Pocket (Demo)
08:Kid (Demo)
09:Stop Your Sobbing (Demo)
10:Tequila (Demo)
11:Nervous But Shy
12:I Need Somebody (Live)
13:Mystery Achievement (Live)
14:Precious (Live)
15:Tattooed Love Boys (Live)
16:Sabre Dance (Live)
II, Disc One
01:The Adultress
02:Bad Boys Get Spanked
03:Message Of Love
04:I Go To Sleep
05:Birds Of Paradise
06:Talk Of The Town
07:Pack It Up
08:Waste Not Want Not
09:Day After Day
10:Jealous Dogs
11:The English Roses
12:Louie Louie
II, Disc Two
01:The Wait (Live)
02:The Adultress (Live)n
03:Message Of Love (Live)
04:Louie Louie (Live)
05:Talk Of The Town (Live)
06:Birds Of Paradise (Live)
07:The English Roses (Live)
08:Up The Neck (Live)
09:Bad Boys Get Spanked (Live)
10:Stop Your Sobbing (Live)
11:Private Life (Live)
12:Kid (Live)
13:Day After Day (Live)
14:Brass In Pocket (Live)
15:Higher And Higher (Live)
16:Talk Of The Town (Demo)
17:I Go To Sleep (Guitar Version – Outtake)
18:Pack It Up (Radio Mix – Outtake)
Externe Links: