Quaoar ist der Name einer spanischen Band, die sich technischer, hochanspruchsvoller Musik verschrieben hat. Auf ihrem selbstproduzierten Erstlingswerk "Man't" präsentiert der Fünfer aus Bilbao hochwertigen Progressive Metal bzw. Progressive Rock im Stile von z.B. neueren Opeth. Musikalisch zieht dieser Vergleich in weiten Teilen sehr gut, da sich die Band häufig der gleichen Zutaten bedient: Leicht dissonante E-Gitarren-Riffs treffen auf verträumte Akustikpassagen, das alles ist unterlegt von charakteristischem Drumming. Die durchweg tollen Melodien zünden dabei nicht immer sofort, machen aber nach einigen Durchläufen umso mehr Freude. Auch vertrackte Rhythmen und Songstrukturen findet man bei Quaoar des Öfteren.
Dennoch würde ich die Band mit dem seltsamen Namen (wie man den ausspricht, soll mir mal einer erklären...) nicht als bloße Kopie abstempeln, denn vom Gesang her hat man es hier z.B. mit viel mehr Rock'n'Roll zu tun als bei den Schweden um Mikael Åkerfeldt. Sänger Iñigo driftet nämlich recht schnell in rotzig-dreckige Gefilde ab, wenn es etwas lauter und heftiger zur Sache geht, und das passt wirklich gut zur Musik. Könnte man vielleicht als Mischung aus Chad Kroeger ( Nickelback) und dem späten James Hetfield ( Metallica) bezeichnen, diese Stimme.
In den ruhigen, gefühlvollen Passagen dagegen, kommt Iñigo aber teilweise wirklich nah an den Opeth-Boss heran - als Beispiel sei hier der Anfang vom zweiten Stück, "Me Against Me", genannt. Denn gerade die Kombination von dieser Stimme und Akustikgitarren lassen den Opeth-Vergleich quasi unweigerlich aufkommen. Dafür kommt die Musik aber ohne unmenschliche Growls aus, wie sie bei Opeth so charakteristisch sind. Quaoar sind unterm Strich also eine ganze Menge rockiger als ihre skandinavischen Kollegen.
Das hohe musikalische Niveau, dass sich durch alle sieben Songs von "Man't" zieht, können Quaoar dabei wunderbar halten und, so scheint es, mühelos mit ihren Instrumenten umsetzen. Dieses Album ist keine leichte Kost, sondern ein echtes Juwel, dem unbedingt die nötige Zeit gegeben werden sollte, damit es seine Stärke vollends entfalten kann. Die Spanier machen keine Musik zum Nebenbeihören - im Gegenteil: Der interessierte Hörer sollte sich schon voll auf die dargebotenen Soundkollagen konzentrieren, die Scheibe vielleicht sogar über Kopfhörer genießen, um richtig in die Musik eintauchen zu können.
"Man't" liegt dabei übrigens, wie bei progressiver Musik nicht unüblich, ein Konzept zugrunde. Der kryptische Titel stellt nämlich eine Kombination aus den Wörtern 'man' und 'can't' dar, die das Resultat der menschlichen Frustration repräsentieren soll: Alles, was man niemals erreichen kann sowie alles, was man nicht sein möchte, jedoch trotzdem ist.
Auch die Spielzeiten der einzelnen Songs deuten auf anspruchsvollen, progressiven Rock hin. Wenn allein ein Intro gute neuneinhalb Minuten dauert, dann sollte jedem Hörer klar sein, dass einem auf diesem Album keine leichtverdauliche Kost kredenzt wird. Dem gegenüber stehen zwar auch zwei sehr kurze Songs ("Heyleyl" und "Memories Of A Denied Past"), die aber nicht minder anspruchsvoll erscheinen als das restliche Material. Beide Stücke sind sehr ruhig gehalten und glänzen mit traumhaften, getragenen Melodien. Melancholie wird auf "Man't" sowieso ganz groß geschrieben, was natürlich sehr gut zum Albumkonzept passt.
"Heyleyl" kommt dabei übrigens mit nur einer einzigen Textzeile aus, die gleich zu Beginn des Stückes gesungen wird. "Memories Of A Denied Past" schließlich ist rein instrumental gehalten und verzaubert mit traumhaften Akkordzerlegungen auf der akustischen Gitarre, unterlegt vom Piano.
Diesen kurzen Songs stehen dann natürlich Monstren wie "Intro 2002 LM 60", "Me Against Me" oder der Titelsong "Man't" gegenüber, die an Komplexität kaum zu überbieten sind. Gerade die Stimmungswechsel bei "Me Against Me" treibt jedem Prog-Fan das Wasser in die Augen! Die beiden Gefühlszustände 'joy' (Freude) und 'pain' (Schmerz) wechseln sich ab und 'erzählen' aus der Ich-Perspektive. Thematisch geht es um die Schwierigkeiten, den berühmten 'ersten Schritt' bei einer Frau zu machen. Quaoar drücken den inneren Konflikt eines Mannes zwischen Verlangen und Zurückhaltung erstaunlich gut aus. Ich zumindest finde mich in diesem Text das ein oder andere Mal wieder ... .
Fazit: Die Spanier haben mit "Man't" ein wirklich hochwertiges Stück Musik geschaffen. Freunden von anspruchsvollem Metal bzw. Rock mit melancholischem Touch möchte ich die Scheibe daher unbedingt ans Herz legen. Neben Opeth, auf die ich mich zu Beginn ziemlich versteift habe, zählen auch folgende Bands zu Quaoars Einflüssen: Porcupine Tree, Tool, Death, Anathema, Pain Of Salvation oder A Perfect Circle. Die Band nennt auch noch andere Einflüsse auf ihrer MySpace-Seite, aber nach mehreren Durchläufen der Scheibe, finde ich genannte Gruppen am treffendsten. Wer also derlei Musikstile mag, wird an "Man't" Gefallen finden und sollte das Album schleunigst ordern. Beziehen kann man das Teil über die Band selbst.
Line-up:
Josu (guitars)
Jauke (bass)
Hugo (guitars and backing vocals)
Bjorn (drums)
Iñigo (vocals, backing vocals and guitar on #04)
Tracklist |
01:Intro 2002 LM 60 (9:27)
02:Me Against Me (9:32)
03:Ghosts (6:12)
04:Heyleyl (2:24)
05:MAN't (8:01)
06:J.X.N.S. (5:40)
07:Memories Of A Denied Past (2:02)
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