Quicksilver Messenger Service … allein die Nennung dieses Bandnamen zaubert vielen mir bekannten Menschen das gewisse Leuchten in die Augen. So auch mir, denn wenn ich mein bisheriges Leben in punkto Rockmusik Revue passieren lasse, dann steht dieser ganz spezielle Sound, mit der mal unterschwelligen und dann auch offensichtlichen Melancholie im Timbre der Vocals und ebenso im Klang der Gitarre, für mich ganz weit oben bei den Bands, die musikalische Vergangenheit, Rückblick, Erinnerung und Klasse bedeuten.
Perlen wie "Fresh Air", Pride Of Man" und "What About Me" sind Stücke, die unter bestimmten Voraussetzungen und emotionalen Zuständen schon ab und an etwas salzige Körperflüssigkeit ans verschwommene Tageslicht schwemmen.
Besprechen möchte ich aber "Happy Trails" aus dem Jahre 1969 mit Studio- und Live-Aufnahmen aus dem Fillmore West und East ("Calvary" wurde live in dem Golden State Recorders Studio, San Francisco im Novemeber 1968 aufgenommen).
Ich erwähnte bereits den speziellen, unter hunderten Gears sofort zu erkennenden Klang von John Cipollinas (†29.05.1989) Gitarre, die laut (was haben wir bloß gemacht, als uns die Fülle an Informationen des Webs nicht zur Verfügung stand?) Recherche durch ein Tremolo-System der Firma Bigsby zustande kam. Diesen Klang stellte er nach seinem Ausstieg bei Quicksilver Messenger Service im Jahre 1970 vielen anderen Bands zur Verfügung. Er gründete Copperhead und als sich diese Band drei Jahre später auflöste, konnte man seine Künste u.a. bei Terry & The Pirates, Zero sowie The Dinosours verfolgen.
Auch auf Mans "Maximum Darkness", die seine Spielweise vergötterten, ist er als Gitarrist zu hören.
Neben Cipollina bestand das Line-up vorliegender Platte aus Gary Duncan, David Freiberg und Greg Elmore. Es war eine wilde Zeit und die Musik steckte im Wandel. In der berühmten Bay Area gab sich das Who is Who des neuen Zeitgeistes die Hand: Grateful Dead, Jefferson Airplane und Big Brother And The Holding Company mit der unvergessenen Janis Joplin feierten und jammten zusammen mit Quicksilver Messenger Service. John war öfters Gastgitarrist bei Dead-Auftritten und David stand später bei Jefferson Starship, dem Airplane-Nachfolger im Line-up. Irgendwie war das alles eine große Familie.
Allerdings war QMS nie die gleiche Aufmerksamkeit beschert, wie den eben genannten Bands, was sicher auch daran lag, dass die lieber live spielten, als ihre Musik den Fans in Form von Schallplatten mit ins heimische Batik-Idyll zu geben. Erst mit dem Ausstieg des Ursängers Jim Murray und dem Film "Revolution", für den der Soundtrack geschrieben wurde, ging man die übliche Schiene. Cipollina war ein musikalischer Tausendsassa und nicht unbedingt stilistisch festzunageln. Quicksilver Messenger Service war ja ursprünglich als Begleitband für den Folksänger Dino Valente gedacht und als das nichts wurde, bewegte man sich zum Glück in 'meine' Musikrichtung, um es mal kurz zu machen.
"Happy Trails" besteht zur Hälfte aus dem Bo Diddley-Cover "Who Do You Love". Obwohl, mit Diddleys Version haben diese 30 Minuten wenig bis nichts zu tun, denn was QMS da auf die Lauscher loslassen, ist ein Fest an brachialen Gitarren- und Vokalausbrüchen. Bereits der Beginn des Stückes, mit der gezogenen Saite und einsetzenden Wahnsinn dieser irren Live-Maschine QMS zeigt, wo der psychedelische Blues Rock-Hammer hängt. Aus dem Jazz-Lager hat man die Lösung eines Problems übernommen: Damals war es üblich, dass die Plattenfirmen nach Anzahl der Titel auf einer Platte bezahlte. Eine LP-Seite mit nur einem Titel bedeutete weniger Kohle, als die Nummer in sechs Teile zu splitten. Man kann es ja auch an den Tracknamen eins bis sechs erahnen, dass es da um ein und die selbe Sache geht. Krachender Blues Rock wechselt und fusioniert mit psychedelischen Parts. David und Greg zimmern erbarmungslos ein solides Gerüst auf welchem die beiden Gitarristen ihre Orgien zelebrieren. Ungezügelt und schreiend kommen die Vocals fast flüsternd zum latent vorhandenen 'Grundthema'. Auch Bass und Drums haben ihre Momente, etwa Freiberg in "Which Do You Love". Man sieht den Basser förmlich live vor sich stehen und seine Saiten malträtieren. Gary steht der Ausdruckskraft eines Jim Morrison so was von 'in Nichts nach' ... - ein musikalisches Fest ist der treffende Ausdruck.
Auch "Mona" ist ein Stück von Diddley und wird hervorragend ins QMS-Gewand transferiert. John Cipollinas Gitarre bringt die Töne, die ich so schätze. Duncan wabert mit seinem Wah Wah-Pedal ins Geschehen und legt wieder eine enorme Ausdruckskraft in die Stimme. David und Greg ziehen unaufhaltsam ihre Spur. "Maiden Of The Cancer Moon" und "Calvary" stammen aus Duncans Feder und sind im Vergleich zum bisher Gehörten nun die richtige psychedelische Schiene. Nichts mehr mit galoppierendem Blues Rock, sondern eher etwas 'abgefahren' ("Calvary") zu nennen. "Calvary", über dreizehn Minuten lang, ist instrumental und zeigt alle Facetten eines live hundertprozentig eingespielten Teams. Spanisch anmutende Sequenzen kollaborieren mit einem psychedelischen Melting Pot.
Aus dem Rahmen fällt der Prärieschunkler "Happy Trails" von Dale Evans, Filmstar und Frau des singenden Cowboys Roy Rogers. Spätestens jetzt lohnt auch der Blick auf das Cover. Herrlich kitschig und alt.
Quicksilver Messenger Service - selten war ich so froh, einen neuen Eintrag in unserem Künstlerindex zu erstellen. Zum Review hatte ich meine alte LP auf dem Tisch - für die Augen -, während die von Eroc remasterte CD voll aus der Anlage tönte.
Line-up:
John Cipollina (guitar)
Gary Duncan (guitar, vocals)
David Freiberg (bass, viola, vocals)
Greg Elmore (drums)
Tracklist |
01:Who Do You Love Part 1
02:When You Love
03:Where You Love
04:How You Love
05:Which Do You Love
06:Who Do You Love Part 2
07:Mona
08:Maiden Of The Cancer Moon
09:Calvary
10:Happy Trails
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