"Saiko" ist das sechste Studioalbum der polnischen Progger und zu 90% komplett auf Polnisch gesungen. Und das passt sehr gut, weil ich mich mangels Kenntnis der Sprache voll auf die Musik konzentrieren kann. Ja, eigentlich wirken die unbekannten Worte fast wie ein zusätzliches Instrument. Und seien wir mal ehrlich: Nur weil wir mit überwiegend englischsprachiger Rockmusik aufgewachsen sind, muss nicht Gott und die Welt in dieser Sprache singen. Die Welt ist klein geworden und was die Musik angeht, längst nicht mehr auf die Ursprache des Rocks beschränkt. Gut, kann man einwenden, es mag vielleicht schade sein, die Texte nicht zu verstehen. Aber jeder von uns wird wohl Songs kennen, deren Lyrics besser im Nebel des Nicht-Verstehens verschwunden wären. Allerdings ist es auch ein Schritt weit mutig, in einer Sprache zu singen, die außerhalb Polens nur sehr wenige verstehen. Zumindest unterstelle ich das einmal. Allerdings kann ich auch 'entwarnen', denn im Booklet sind die Texte auch in englischer Sprache vorhanden und wenn man den dritten Hördurchgang in Angriff nimmt, kann man die Texte zu der Musik erfassen. Ich kann das leider nicht, denn anstelle der »very elegant deluxe digibook edition« liegt mir die Promoversion vor und die glänzt leider nicht mit den Texten.
Frisch und im schönen Neo Prog-Gewand startet das Album und gleich der Opener "Haluswiaty" zeigt, dass die Polen ihrem Stil treu geblieben sind. Das heißt, zu treibenden Gitarren gesellt sich die gemütliche und beruhigende Flöte. Das Terrain, das Quidam beackern ist groß. Sehr groß. In "...lato" geht es tempomäßig zurück und eigentlich ist das progressiver Barjazz. Gibt es sowas? Yep, und das kommt gut. Mandoline, Dobro, akustische Gitarre und wie bereits erwähnt, die Flöte. Damit lässt es sich trefflich proggen und neben härteren Gangarten sind auch äußerst relaxte Pfade zu beschreiten. Dem Hörer sei geraten, die Platte mit allen Sinnen zu genießen, denn die Musiker haben es drauf, ab und an in eine Art Jam zu verfallen und grooven - allerdings immer unter dem Mantel einer progressiven Grundausrichtung - sehr entspannt durch die Minuten.
Und in der Tat stört der polnische Gesang nicht im Geringsten. Im Gegenteil, ich finde diese Sprache passt hervorragend zur Musik. Teils zart, teils hart schmiegt sie sich um mal zerbrechlich wirkende und dann wieder aufschäumende Klanggebilde. Breaks kommen natürlich vor, sind aber kaum brutal, um den Zuhörer aus dem Tritt zu bringen. Die Musik legt sich elegant in die Ohren und lässt Raum zum Genießen. Überhaupt ist das eine der Stärken von Quidam. Alles kann und nichts muss. Es wird nicht versucht, es den Großen der Zunft gleichzutun. Aber eigentlich... Quidam können getrost in hohen Ligen mitspielen. Sie machen auch nicht den Fehler, trotz sehr präsenter Melodik, zu gefällig zu erscheinen. "Dodekafonix" etwa hat wieder einen leicht jazzigen Unterton und das macht die Musik extrem spannend. "...jesien" legt da noch einen drauf. Dazu eine klasse Drum- sowie Bassarbeit und effektvolle Keys. Und es geht wieder über in diesen groovenden Jam. Das hat höchste Qualität. Geschickt schleicht sich die Flöte wieder ins Geschehen und vor dem Auge erscheint eine bunte Sommerwiese, vor dunkelgrauem Gewitterhimmel. So muss Prog sein: Geschichten erzählen und Stimmungen erzeugen.
Durchweg ist "Saiko" bzw. der Band höchste Professionalität zu attestieren. Es gibt keine Grenzen, dem akustischen Titeltrack folgt eine Wall of Sound, die von der Flöte leicht durchlöchert wird. Und immer wieder diese jazzigen Einsprengsel. Und wisst ihr was? Mir fehlen die englischen Texte nun nicht im Geringsten. Irgendwie geht es um Jahreszeiten. Das genügt mir, denn die Musik transportiert das ausreichend und fürs Kopfkino ist es eh' besser so.
Für Quidam wird es immer einen Platz in meinem Regal geben.
Line-up:
Bartosz Kossowicz (vocals)
Maciej Meller (guitar, mandolin, dobro)
Zbigniew Florek (keyboards)
Mariusz Ziółlkowski (bass)
Maciek Wróblewski (drums)
Jacek Zasada (flute, xaphoon)
Guest musicians:
Natalia Grosiak (vocals - #4)
Robert Szydlo (double bass, 12-string guitar - #3)
Witek Dobaczewski (lo-fi harmonica - #10)
Tracklist |
01:Haluswiaty (5:22)
02:...lato (2:41)
03:Obok mam (4:42)
04:Walec (4:41)
05:sPotykanie (5:08)
06:Dodekafonix (4:32)
07:...jesien (3:13)
08:Ostatecznie (3:57)
09:...zima (5:02)
10:Saiko (3:03)
11:...przedwiosnie( 5:35)
12:Wiosna (5:45)
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Externe Links:
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