"Play My Game" - so kann nur einer sein Album taufen, der Zeit seiner Karriere im Metal-Zirkus verarscht worden ist: Tim 'Ripper' Owens. Tat er Anfang der Neunziger mit Winter's Bane erste Gehversuche, sah es bald danach aus, als Nachfolger von Rob Halford bei Judas Priest in den wohlverdienten Rock-Olymp aufsteigen zu können. Doch Pustekuchen! Die Story ist hinlänglich bekannt: Der Metal God kehrte zurück und der Ripper blickte in die Röhre. Um seinen zweiten Job bei Iced Earth - hier sollte er den charismatischen Matt Barlow ersetzen - war es rückblickend ebenso schlecht bestellt. Mastermind Jon Schaffer holte seinen Schwager wieder in die Band und Owens musste abermals sehen, wo er blieb. Herzlichen Glückwunsch. Zwar konnte das Sangeswunder danach beim schwedischen Egomanen Yngwie Malmsteen anheuern (dessen neuestes Album "Perpetual Flame" wird vom Ripper veredelt), doch die alte Nervensäge ist bekannt dafür, die Sänger zu wechseln wie andere Leute ihre Unterhosen.
Der Ripper hat anno 2009 also offenbar die Schnauze gestrichen voll und baut sich vorsorglich eine eigene Identität auf. Nun, wer kann's ihm verdenken? Wer will schon auf Jahr und Tag das Material fremder Leute singen? Außerdem muss auch ein Tim Owens irgendwas zu beißen haben, und die Alben, die er sowohl mit Priest als auch mit Iced Earth aufnehmen durfte, sind nun nicht gerade die Kassenschlager der Backkataloge beider Bands.
"Play My Game" also: Jetzt zeigt Tim Owens endlich selbst, wo es langgeht, und lässt sich dabei von niemandem mehr vorführen. Ein klitzekleines 'Fuck You' in Richtung seiner Ex-Kollegen kann man in diesen Titel also sicherlich reininterpretieren. Songnamen wie "Starting Over", "Pick Yourself Up", "No Good Goodbyes" oder "The World Is Blind" sprechen darüber hinaus eine deutliche Sprache und zeigen klar, was dem Sänger auf der Seele brennt.
Dass das US-amerikanische Goldkehlchen trotz vieler Misserfolge eine Reihe Freunde und Unterstützer im Business hat, sollte niemanden verwundern. Umso mehr überrascht aber die illustre Riege der Gastmusiker, die sich nun auf "Play My Game" die Klinge in die Hand geben. Der Ripper brauchte nur anrufen, und schon standen sie Instrument bei Fuß, um ihm tatkräftig unter die Arme zu greifen. Und das nicht nur beim Einspielen diverser Parts, sondern auch beim eigentlichen Handwerkszeug: dem Songwriting an sich. Eingefleischten Kennern der Metal- und Hard Rock-Szene wird denn auch bei folgenden Namen das Wasser im Munde zusammenlaufen, denn niemand Geringeres als z.B. Bob Kulick, Chris Caffery ( Savatage, Trans-Siberian Orchestra), Doug Aldrich und Marco Mendoza (beide Whitesnake), Michael Wilton ( Queensrÿche), Jeff Loomis ( Nevermore), Steve Stevens ( Billy Idol), Billy Sheehan ( Mr. Big), Dave Ellefson und James Lomenzo (beide Megadeth), Rudy Sarzo ( Dio, Ozzy Osbourne, Quiet Riot), Simon Wright ( AC/DC, Dio), Vinny Appice ( Black Sabbath, Dio), Ray Luzier ( Korn) oder Bobby Jarzombek ( Halford) ist in diese Scheibe involviert - damit sind übrigens nur die bekanntesten Protagonisten aufgeführt, denn unter anderem standen auch Mitstreiter aus Owens' eigener Band Beyond Fear für "Play My Game" im Studio.
Angesichts dieser Schar an prominenten Gastmusikern sollte es kaum verwundern, dass das Songmaterial ebenfalls hochkarätig ausgefallen ist. Des Rippers fortgeschrittene Fähigkeiten im Komponieren hört man an allen Ecken und Enden heraus. Und es kann mittlerweile auch von einer eigenen Identität gesprochen werden. Nicht nur die Stimme ist unverkennbar, sondern auch das Liedgut, das sich irgendwo zwischen den Black Sabbath der Dio-Ära und Judas Priest ansiedeln lässt (natürlich gewürzt mit einigen modernen Versatzstücken), hat Hand und Fuß. Klar gibt es auch auf "Play My Game" den ein oder anderen kleinen Durchhänger - natürlich garantiert auch eine All-Star-Besetzung nicht für ausschließlich hochwertige Stücke - dennoch rotiert hier unterm Strich eine verdammt geile Scheibe im Player. Das muss man einfach mal so festhalten! Es wird im Grunde genommen schnörkellos nach vorn gerockt und ohne viel Schnickschnack auf einprägsame Hymnen hingearbeitet, so dass sich das so wichtige 'Faust-in-die-Luft-Gefühl' des Öfteren einstellt.
Die Stahlschmiede Tim 'Ripper' Owens hat somit ganze Arbeit geleistet. Der Amerikaner kann tatsächlich stolz auf das sein, was er hier aus dem Boden gestampft hat. "Play My Game" ist eine Scheibe, die Traditionelles gekonnt mit Modernem verbindet. Und natürlich macht auch der Sangesgott hier eine ausgesprochen angenehme Figur, dringt dabei glücklicherweise nicht permanent in stratosphärische Höhen vor, sondern beweist, dass er auch in 'normalen' Tonlagen ein Ausnahmesänger ist. Einzig und allein das echt schlechte Coverartwork trübt den positiven Gesamteindruck ein kleines bisschen...
Line-up:
Tim 'Ripper' Owens (all vocals)
Doug Aldrich (lead guitar)
Chris Caffery (guitar, lead guitar)
Mike Callahan (guitar)
Carlos Cavazo (lead guitar)
John Comprix (guitar)
Craig Goldy (lead guitar)
Bob Kulick (guitar, lead guitar)
Jeff Loomis (lead guitar)
Steve Stevens (lead guitar)
Michael Wilton (guitar, lead guitar)
Neil Zaza (lead guitar)
David Ellefson (bass)
Tony Franklin (bass)
Dennis Hayes (bass)
James Lomenzo (bass)
Marco Mendoza (bass)
Rudy Sarzo (bass)
Billy Sheehan (bass)
Brett Chassen (drums)
Ray Luzier (drums)
Simon Wright (drums)
Tracklist |
01:Starting Over (3:33)
02:Believe (4:36)
03:The Cover Up (4:31)
04:Pick Yourself Up (4:32)
05:It Is Me (2:54)
06:No Good Goodbyes (3:36)
07:To Live Again (6:00)
08:The World Is Blind (4:51)
09:The Light (4:36)
10:Play My Game (4:44)
11:Death Race (3:30)
12:The Shadows Are Alive (5:36)
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