Ein 'happy-go-lucky kind of guy' wandelt leichtfüßig durchs Leben und macht sich um nichts und niemanden größere Gedanken - zumindest nicht, wenn die Gedanken all zu belastend wären und seelische wie körperliche Mühsal bedeuten könnten. Nun, wie Al Rose als Privatmensch so drauf ist, darüber lässt sich aus der Ferne nur spekulieren. Als Songschreiber jedoch ist er ein 'Sad-go-lucky'-Typ. Dieser steht zwar in keinem Wörterbuch - aber die musikalische Selbstbeschreibung passt dennoch super. Denn Al Rose spielt gern mit Worten und lässt sich auf seinem sechsten Studioalbum "Sad Go Lucky" mit blumigen Metaphern und nicht zuletzt einer gesunden Portion Selbstironie besonders über die Dinge aus, die im Leben schief gehen - ohne dabei den Mut zu verlieren!
Und weil die Sorgen eines Mannes nun mal so vielseitig sind, wie sie sind, spiegelt sich das auch in der Musik wider - auf sehr erfreuliche Art und Weise! Al Rose und elf Mitmusiker zaubern ein erfrischendes stilistisches Potpourri zusammen. So ganz genau lässt sich kaum ein Song kategorisieren - außer vielleicht "Daddy Doncha Do Me", ein zynischer und flotter Rock'n'Roller. Der Song ist aber gleich in mehrerer Hinsicht eine Ausnahme. Selten ist Al Rose derart schnell unterwegs. Und nur selten wird über ein ganzes Stück hinweg mit voller Bandbesetzung agiert. Al Rose bevorzugt nämlich die reduzierte Variante - was sich definitiv nur auf den Klang bezieht, aber nicht auf den Gehalt seiner Worte!
Mit zart besaitetem Tiefgang eröffnet der Titeltrack "Sad Go Lucky" wie eine Art Ouvertüre das Album, das zwar kein Konzeptalbum ist, aber eben doch einander artverwandten Gedanken folgt. »I've got 25 dollars and 26 debts, 33 wagers and 52 bets [...] I burn every bridge when I'm halfway across, I tore up the ticket before my horse lost / This is some kind of madness deep down in my luck / I'm sad. I'm lucky. I'm fucked.« Al Rose fühlt sich wie der Narr auf dem Coverbild seines Albums. Und wenn er darüber singt, möchte man dieser makellosen, warm-weichen und zugleich kraftvollen Stimme stundenlang zuhören. Al Rose klingt wie ein Märchenerzähler, der dank einer Gitarre zum Troubadour geworden ist.
Al Rose hat etwas mitzuteilen, und das tut er so intuitiv, dass der Gesang hier und da beinahe - aber nur beinahe - in Sprechgesang übergeht... Da, wo er in aller Stille, begleitet von zauberhaft klingender, genial einfallsreich gespielter Akustikgitarre über das sinniert, was gleich im Refrain mit Kraft und Überzeugung unterstrichen werden soll, da will er eigentlich gar nicht singen, so scheint es. Aber er kann sich nicht dagegen wehren. Die dezent eingesetzte Lap Steel 'verträumelt' den Klang noch ein wenig; und die Besen-Percussion ebnet genau den richtigen rhythmischen Weg für den Gesang. Der steht immer im Vordergrund und steuert die bei aller instrumentalen Reduziertheit erstaunlich ausgeprägten Spannungsbögen.
Bei jedem weiteren Song kann man sich wahlweise den Verstand von unendlichen Details oder das Gefühl von dieser intuitiven musikalischen Erzählkunst bezirzen lassen. "I Feel Like A Million Dollars" beginnt mit drollig-dynamischem Picking, kommt dann fast mit einem Beach Boys-Refrain daher und entscheidet sich zum Schluss, dann doch lieber für Posaunen-Funk. Das Banjo-Stück "The Day Before The Infamy" mit wunderschönen Chor-Vocals verbreitet Country-Gänsehaut. "Scorpion Hills", "The Girl Who Whispered Wolf" und "The Amber Waves Have Let Me Down" sind wehmütig schimmernde Singer/Songwriter-Perlen. Und "I Hear The Sounds Of Laughing Lists" ist wieder so ein witziger Trotz-Song: Al Rose lässt sich von seiner unerledigten To-Do-Liste auslachen. Schlimme Halluzinationen sind das - schön, an ihnen teilhaben zu dürfen!
Das tun wir in diesem konreten Fall mit einem Mix aus Singer/Songwriter-Strophe und Beatle'esk rockendem Refrain. Noch eine Überraschung: Das achteinhalbminütige Klavierstück "Sneaky Feelings" als Rausschmeißer ist ein lupenreines Gospelstück, in dem Al Rose in zahllosen Bildern und Metaphern über den 'kleinen Al' in der großen Welt sinniert. Klasse! Al Rose ist witzig und tiefsinnig. Die Melange aus Country, Folk, Singer/Songwriter, Rock und vielem mehr schmeichelt den Ohren; und die Texte amüsieren und beschäftigen das wabbelige Organ dazwischen. Überraschungen werden vom Gitarren- und Wortspieler frei Haus mitgeliefert...
Ist es ein Zufall, dass ausgerechnet bei "Never Saw (!) It Coming" eine Säge mitspielt? Dieser 'sägenhafte' Song ist im Übrigen ein Highlight dieses Albums, das durchaus radiotauglich wäre. Die Harmonien sind wunderbar, die Melodie ist eindringlich, der Gesang fabelhaft - und diesen kleinen und großen Crescendos und Decrescendos zu folgen, die Al Rose teils nur mit seiner Stimme vollführt, das gibt einem den Glauben an hand(und stimm-)gemachte Musik zurück. Okay, vielleicht ist das doch 'zu gut' für die Allgemeinheit und Al Rose bleibt ein Geheimtipp für Besserhörer. Unbedingt antesten!
Line-up:
Al Rose (vocals, acoustic guitar)
Steve Hashimoto (bass)
Steve Doyle (electric guitar, Dobro, vocals)
Lance Helgeson (drums, vocals)
Maury Smith (banjo, acoustic guitar, vocals)
Carter Luke (piano, organ, toy piano)
Brian Wilkie (pedal steel guitar)
Sue Demel (vocals)
Jeb Bishop (trombone)
Sarah Holtschlag (saw)
Robin Crawford (cello)
Brian Leach (vocals)
Tracklist |
01:Sad Go Lucky (5:19)
02:I Feel Like A Million Dollars (4:38)
03:They Lowered The Bar Again (5:22)
04:The Day Before The Infamy (5:39)
05:Never Saw It Coming (4:57)
06:Scorpion Hills (5:27)
07:I Hear The Sound Of Laughing Lists (2:30)
08:The Girl Who Whispered Wolf (6:13)
09:The Amber Waves Have Let Me Down (4:52)
10:Daddy Doncha Do Me (3:01)
11:On The Shelf (4:39)
12:Sneaky Feelings (8:30)
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