WAS für ein Dilemma, The Ramones werden vierzig Jahre alt und keiner ist mehr da, der feiern kann... Keiner? Stimmt natürlich nicht ganz, denn obwohl mit dem Tod von Schlagzeuger Tommy Ramone mittlerweile alle vier Originalmitglieder das Zeitliche gesegnet haben, weilen immerhin noch die beiden Schlagzeuger Marky (1978-1983 und 1987-1993) sowie Richie Ramone (1983-1987) und der den guten Dee Dee Ramone im Jahr 1989 an den vier dicken Saiten ersetzende CJ Ramone unter uns. Letzterer war es dann auch, der speziell zum aktuellen Jubiläum eine neue Scheibe ganz im Zeichen seiner ehemaligen Band unters Volk gebracht hat. "Last Chance To Dance" heißt das Teil, was hoffentlich keine Prophezeiung für die Lebenserwartung des Protagonisten selbst darstellen soll.
Aber zumindest hört es sich alles andere als nach solchen Befürchtungen an. Denn CJ Ramone lässt auf seinem zweiten Studioalbum (nach "Reconquistain" aus dem Jahr 2012) so richtig die (Punk) Rock-Schwarte krachen. Sehr viel Vitalität, Lebensfreude wie auch -frust (dem sich aber mit breiter Brust und zwei ausgestreckten Mittelfingern entgegengestellt wird) und eine gehörige Portion Power bietet der Amerikaner auf. Und das - ganz im Sinne seiner ehemaligen 'Brüder' - immer wieder mit einem ganz leichten Hang zum Pop (was die Melodien betrifft) versehen. Ohne jetzt das Fazit schon vorweg zu nehmen: Diese knappe halbe Stunde macht granatenmäßig Spaß!
Und zwar genau deshalb, weil hier zu keinem Zeitpunkt der Eindruck entsteht, dass der Protagonist gewollt böse, wütend, punkig, anarchistisch, aufgesetzt, provozierend, anbiedernd oder effekthascherisch unterwegs ist. Die zwölf auf der Scheibe versammelten Tracks scheinen nämlich unmittelbar aus der (ungewaschenen) Unterhose, äh, sorry, dem Bauch des Protagonisten entstanden, sprich komponiert und umgesetzt worden zu sein. Und dafür hat er sich mit dem Social Distortion-Drummer David Hidalgo Jr. sowie den Adolescents-Gitarristen Steve Soto und Dan Root eine verdammt starke Mannschaft zusammengesucht.
Bereits der fetzige Punk-Rocker "Understand Me?" macht mächtig Laune. Die Instrumente rocken auf Teufel komm' raus und auch die Gesangsmelodien bleiben sehr schnell im Ohr hängen. Begonnen hat ein Ritt durch verschiedene Tempi, die sich zwar meist im schnelle(re)n Bereich bewegen, aber durchaus auch mal einen Gang runterschalten, wenn es der Dynamik von "Last Chance To Dance" zugute kommt. Wie bei "One More Chance" nachzuvollziehen, ist auch nach wie vor die Liebe und Lust am Rock'n'Roll der fünfziger und frühen sechziger Jahre erkennbar.
Mein absoluter Favorit tritt mit dem Titel "Pitstop" an, bester Ramones-Rock'n'Roll mit allen Komponenten, die dazu gehören. Aber auch "Long Way To Go" knallt so richtig schön zwischen die Lichter, während "You Own" einer der weiter oben erwähnten ruhigeren Tracks ist. Der Titelsong beschließt die Scheibe dann stilgerecht, während Song Nummer zwölf eher wie ein Bonustrack rüberkommt. Nicht wegen der Qualität des Songs, eher wegen des deutlich nach oben gedrehten Speed-Pegels und des Garagen-Sounds. Ein würdiger 'Rausschmeißer'!
Selbstverständlich kann sich CJ Ramone alleine nicht wie das unverwechselbare Gesamtprodukt The Ramones anhören, aber der Spirit der Punks aus New York City ist zweifelsfrei erkennbar. Mit einer Spielzeit von nicht mal einer halben Stunde ist "Last Chance To Dance" ehrlich gesagt verdammt kurz geraten, dafür hört man sich das Album dann aber auch immer gerne zwei Mal nacheinander an. Ramones-Fans müssen diese Scheibe natürlich haben, aber auch allen anderen Sympathisanten und Interessierten sei das Teil ans Herz gelegt.
Und hier noch ein Tipp für Kurzentschlossene: CJ Ramone wird am 14. Dezember im weltweit bisher einzigen Ramones-Museum in Berlin (in der Krausnickstr. 23) für die Release Party, ein Meet & Greet mit jedem, der anwesend ist und einem Konzert am Abend vor Ort sein. Und all das für nur einen 'Heiermann'? Hört sich nach einem verdammt großartigen Tag an!
Line-up:
CJ Ramone (bass, lead vocals)
Steve Soto (guitars, background vocals)
Dan Root (guitars, background vocals)
David Hidalgo, Jr. (drums)
With:
Pete Sosa (percussion)
Martin Beal (baritone guitar - #2)
Tony Cadena (vocals - #6)
Tracklist |
01:Understand Me?
02:Won't Stop Swinging
03:One More Chance
04:Carry Me Away
05:'til The End
06:Long Way To Go
07:Mr. Kalashnikov
08:Pitstop
09:Grunt
10:You Own
11:Last Chance To Dance
12:Clusterfuck
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Externe Links:
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