Der deutsche Gitarrist, Sänger und Songwriter Markus Rill braucht schon lange keine Vergleiche mehr zu scheuen, weder national noch international. Eine Tatsache, die er nicht nur bereits oft, sondern gerade erst auch im letzten Jahr mit dem Album My Rocket Ship im Verbund mit seiner Begleitband The Troublemakers unter Beweis stellen konnte. Der Würzburger hat in der Vergangenheit nicht nur in Deutschland, sondern auch bereits in der Music City Nashville aufgenommen, darüber hinaus bereits die Bühne mit der Legende Townes Van Zandt geteilt. Selbst, wenn es sonst nichts wäre, erfordert alleine das schon Respekt.
Nach "My Rocket Ship" legt Rill nun mit "Late Night Drive" ein Soloalbum vor, das sich über zwölf Songs erstreckt und für das er sich lediglich ein paar Freunde ins (virtuelle?) Studio geladen hatte. Von den Troublemakers ist allein Chris Reiss am Upright-Bass mit dabei, was aber bereits einen Hinweis auf die Ausrichtung der Scheibe gibt. Markus agiert hier (von zwei Ausnahmen abgesehen) ausnahmslos auf der Akustik-Gitarre und die Arrangements sind durch die Bank sehr spartanisch gehalten.
Somit wird der Hörer automatisch dahin gelenkt, den Songs und Geschichten dieser Scheibe genauer bzw. intensiver zuzuhören. Was sich allerdings auch ungemein lohnt, wofür es gleich mehrere gute Gründe zu verbuchen gibt. Zum einen ist Markus Rill ein sehr guter Songwriter und zum zweiten - nur falls das bisher noch nicht wirklich klar gewesen sein sollte - auch ein ganz toller Geschichtenerzähler. Ob diese Stories nun tatsächlich sehr persönlich sind, oder ob es in der Kunst des Protagonisten zu finden ist, dass er diese lediglich so klingen lässt, sei jetzt einfach mal dahingestellt, da es der Qualität der Dutzend Tracks weder etwas hinzufügt, noch nimmt.
Wenn es um die persönlichen Texte geht, dann kommen mir am schnellsten "Late Night Sunday Drive" (über die Problematik, seine Familie und speziell Kinder zu vermissen, während der professionelle Musiker wie immer in der Weltgeschichte unterwegs ist, um seinem Job bzw. seiner Passion nachzugehen) und "Sergeant Dad" (über den Offiziers-Vater, der auch zuhause ein strenges, hartes Regiment führt), aber auch "Sure Do Miss Her Now" (natürlich über eine Verflossene) in den Sinn. Rill bringt all diese Stories erfreulich und erstaunlich authentisch, man taucht beim Anhören in die Lyrics ein und erlebt sie (vorausgesetzt man ist des Englischen einigermaßen mächtig) intensiv mit.
Die Bariton-Stimme mit dem rauen Timbre tut ihr Übriges dazu, dass "Late Night Drive" zu einem absoluten Gewinner geworden ist. Neben zwei Co-Credits hat der Musiker bis auf eine Ausnahme das komplette Material selbst komponiert und getextet. Diese eine Ausnahme ist das Cover des Steve Earle-Songs "Even When I'm Blue" und wenn noch eine letzte Bestätigung für die Klasse Rills benötigt wurde, dann ist sie exakt hier zu finden. Meister des Schlages Townes Van Zandt, Guy Clark oder halt auch Steve Earle zu covern, gleicht einem verdammten Eiertanz, der bei vielen, vielen anderen Musikern und Bands bereits ganz gehörig in die Hose ging.
Unser Protagonist liefert hier allerdings eine blitzsaubere Leistung und punktgenaue Landung ab, wenn es darum geht, das Feeling und die eigentlich Aussage der Nummer rüberzubringen. Dazu hat er es auf die Reihe gebracht, nicht wie Earle, sondern immer noch wie Rill zu klingen. Von Respekt hatten wir es weiter oben ja schon mal, aber genau den hat er für diese Version erneut verdient!
Nach elf eher ruhigen Songs überrascht der 'Rausschmeißer' "Beautiful Baby" plötzlich im Rock'n'Roll-Gewand und sehr schmissig, Lust machend, sich dieses Werk umgehend noch einmal von vorne anzuhören.
Das Wichtige und Gehaltvolle, das die Musik und Songs von Markus Rill so wertvoll macht, ist, dass er nicht nur die Mathematik und Grundstützen dieser speziellen Musik (wie man leider zu oft bei anderen Bands das Gefühl hat) auf der Schulbank gelernt hat, sondern er lebt, atmet und fühlt sie auch. Und genau das - das Feeling - ist der wichtigste Aspekt überhaupt, der mit keiner Technik (nicht, dass er die nicht zusätzlich auch noch hätte) dieser Welt aufgewogen werden kann. Ich will jetzt hier auch nicht in Superlativen zergehen, aber mir kommt bzgl. dieses Musik-Genres außerhalb der USA niemand in den Sinn, der Markus Rill das Wasser reichen könnte.
Way to go, brother!
Line-up:
Markus Rill (acoustic & electric guitars, Dobro, six-string banjo, harmonica, lead & background vocals)
Tom Ripphahn (electric & baritone guitars, Dobro, mandola, bass, harmonium, percussion)
Jan van Bijnen (mandolin & Dobro - #3, pedal steel - #11)
Chris Reiss (upright bass - #3,11,12)
Robert Oberbeck (harmony & background vocals)
Tracklist |
01:Late Night Sunday Drive
02:Only Fairytales
03:The Hardest Thing To See
04:Brand New Moon
05:Drifting In And Out Of Sleep
06:Sure Do Miss Her Now
07:Broken Puppet
08:The World's Greatest Fool
09:Jenny And Johnny
10:Sergeant Dad
11:Even When I'm Blue
12:Beautiful Baby
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