Kommen die Liedermacher wieder (in Mode)? Angesichts der 'Häufung' von gleich drei derartiger Scheiben auf meinem Besprechungsstapel stellt sich diese Frage natürlich nicht zwingend. Aber gerade die enge Verwandtschaft zu diversen guten Roots Music/Americana-Alben aus kanadischer Produktion, die ich in den letzten Wochen vorgestellt habe, lässt eine gewisse Tendenz dazu erkennen. Mit dem Songschreiber, Sänger und Gitarristen Markus Rill haben wir einen Kandidaten aus Deutschland, der sich ebenfalls genau auf dieser Schnittstelle bewegt. Und das sei vornweg gesagt, auf einem gleich hohen Niveau! Deswegen wird der Würzburger wohl als einziger Landsmann beim spezialisierten Blue Rose-Label in Abstatt sein mittlerweile viertes (von acht) Alben herausbringen hat können.
"The Things That Count" wurde in Nashville mit dortigen Musikern aufgenommen. Rill kennt die Szene und war auch schon hinlänglich in Austin, dem texanischen Pendant, zu Gange. Entstanden ist ein abwechslungsreiches Stück Musik, das sich sehr 'personal' ausnimmt. Auch wenn er nach dem letzten, vorwiegend akustisch orientierten Album, nun vermehrt das E-Instrumentarium einsetzt, ist das Ganze doch von recht zurückhaltendem Charakter. Mit Richard McLaurin hat er dazu einen erstklassigen Produzenten gefunden, nachdem sein bisheriger Partner kurzfristig absagen musste. Zum festen Team gehörten noch Bassist Dave Jacques, Drummer Bryan Owings und Gitarrist Joe McMahan. Weitere Musiker wurden später für Overdubs hinzugenommen, die die Produktion mit Zutaten wie Lap Steel, Slide Guitar, Mandoline oder Orgel fein abstimmen. Natürlich hatte Rill nur ein begrenztes Budget und so überrascht die Harmonie trotz der nur kurzen Einspiel- und Aufnahmezeit.
Thematisch ist die neue CD eine Fortsetzung von "The Price Of Sin" und hat wieder autobiografische Züge, sagt der Macher. Seine zwölf Songs zeigen einen reifen Künstler von Format, sowohl was das Songwriting, als auch die Präsentation betrifft. Der darüber hinaus noch eine starke Stimme hat, die nach viel geschlucktem Staub und mancher Narbe auf der Seele klingt.
"Straighter Road", der knackige Auftakt, gibt die Richtung vor:
»No more excuses made and no more lies will be told« - so geht es gleich flott und stimmungsvoll los. Nach zwei ruhigen Songs zieht er mit der Ballade "Scene Of The Crime" wieder an und hier kommt mir dann doch nachdrücklich
His Bobness in den Sinn. Das folgenden "Sarah Stein" hat dagegen die melancholische Stimmung einer
Daniel Lanois-Aufnahme mit
Emmylou Harris, wozu auch eine schöne weibliche Co.-Stimme beiträgt.
Wieder als Kontrast dazu das mit stampfendem Rhythmus unterlegte "Gotta Keep My Hands Off", bei dem
Rill die Resonator-Gitarre auspackt. "On The Sly" ist ein wehmütiges Lied, das ganz sanft instrumentiert wird. Der Midtempo-/Slow-Song-Wechsel setzt sich fort und hält die Spannung aufrecht. Kein Track fällt ab, das nächste Highlight folgt mit dem New Country-Schunkler "Dimestore Paperback Memory". Bei der Schlussnummer kehrt
Rill stimmlich nochmal den
Zimmerman raus, garniert mit leichtem Gitarren- und Cavaquinho- (ähnlich der Ukulele) Geklimper. Eine klasse Platte, gekonnt produziert und mit luftigem Sound - eine dicke Empfehlung für alle Freunde atmosphärischer Roots Music!