Für uns ältere Liebhaber der Rock- und Bluesmusik, die ihre musikalische Sturm- und Drangzeit schon in den siebziger Jahren ausgelebt haben, ist Mick Ralphs (geboren am 31. März 1944 in Hereford, England) schon seit Jahrzehnten ein fester Begriff. Im Jahr 1969 gehörte er zu den Gründungsmitgliedern von Mott The Hoople, mit denen er die ersten sechs Alben einspielte, bevor er sich 1973 mit dem Rest der Band überwarf und ausstieg. Wenig später gründete er mit den beiden ehemaligen Free-Membern Paul Rodgers (vocals) und Simon Kirke (drums) die Band Bad Company, die es bis heute auf zwölf Studio- und sechs Live-Alben gebracht hat, bei denen Ralphs auch am Songwriting beteiligt war.
Mott The Hoople sind inzwischen schon lange Geschichte und auch Bad Company legen immer mal wieder schöpferische Pausen ein, die der umtriebige Gitarrist öfter mal zu Soloaktivitäten nutzt. So spielte er Anfang des 21. Jahrhunderts drei Alben unter eigenem Namen ein und zeigte so Präsenz im Musikbusiness. Und nun ist es wohl an der Zeit, um mit der Mick Ralphs Blues Band, seiner ersten eigenen Gruppe, die Bühnen zu erobern. Dazu scharte der Gitarrist vier alte Freunde aus der britischen Bluesszene um sich, mit denen er auf der gleichen Wellenlänge liegt, um so in Sachen 12-Takter back to the roots gehen zu können. Im Gepäck hat die Gruppe das selbst produzierte Live-Album "Should Know Better", auf dem sich sieben Songs befinden, die 2013 im Club The Musician in Leicester mitgeschnitten wurden. Trotzdem ist das Projekt im Moment noch als 'reine Spaßband' zu bezeichnen, denn ob es je eine Studioproduktion geben wird, steht noch in den Sternen.
So war es verständlich, dass auf dieser Tour, übrigens der ersten durch unser Heimatland, die Eigenkompositionen in der Minderheit waren. Natürlich gab es die drei Songs des Albums aus der Feder von Ralphs, Jim Maving und Stuart Maxwell auf die Löffel, die allesamt prima rüberkamen. Dabei war hörbar, welches Potential auch in Sachen Songwriting in der Band steckt. "Should Know Better" konnte mit einer sehr schönen Slide-Arbeit überzeugen, wobei der Song ganz eindeutig in den Bereich Funk Rock einzuordnen war und ganz schön abging. "Well Connected" floss dann etwas schwerfälliger aus den Boxen, hatte mit seinem verschleppten Rhythmus aber schon etwas Magisches an sich. Die dritte Eigenkomposition "Big River" war der eingängigste Titel. Ein straighter Rocker mit ganz starker Mundharmonika, der so richtig schön in die Beine ging. Die Fußwippe war vorprogrammiert.
Ansonsten wurde den Altmeistern des Blues in Hülle und Fülle Tribut gezollt. So stand Freddie Kings Instrumental "Hideaway" gleich am Anfang des Sets und entwickelte sich quasi zum Aufwärmprogramm von Jim Maving und Mick Ralphs an den Gitarren, die sich die Soloeinlagen teilten, wobei Maving auch für den Einsatz des Slide-Röhrchens zuständig war. Der Mann ist echt stark, und das in jedem Bereich, der hier angespielt wurde, was aber auch für die anderen Musiker der Mick Ralphs Blues Band galt. Ob reine Bluesrhythmen, Funk Rock, Boogie oder kraftvoller Blues Rock, das alles flutschte optimal. Selbst solche 'Ausraster' wie Jimmy Reeds "Shame Shame Shame" oder "I Can't Stand The Rain", die beide ja eher in der Disco-Szene ihre Erfolge verbuchen konnten, wurden perfekt umarrangiert und so zu richtig brodelnden Fassungen.
Einen ganz starken Eindruck hinterließ auch Frontmann Stuart Maxwell, der über die ideale Röhre für diese Art von Musik verfügt. Nicht unbedingt schön, aber dafür sehr ausdrucksstark und intensiv. Und wenn er dann auch noch das 'Mississippi Saxophon' an die Lippen setzte, dann war der Hörgenuss perfekt. Und das war natürlich bei den Bluessongs besonders eindrucksvoll. Hier möchte ich als Beispiel nur den Howlin' Wolf-Klassiker "Evil" anführen. Bei der Version der Mick Ralphs Blues Band brodelte der Saal der Bluesgarage. Die Bluesharp wurde fast zum Glühen gebracht, bevor die Sechssaiter für richtig Dampf unter dem Kessel sorgten. In diesem Stück kommt auch der Gesang besonders gut zum Tragen, und da kam Stuart Maxwell erstaunlich nahe an das Original heran.
Der zweite Teil des Konzertes begann dann auch gleich mit einem weiteren Highlight des Abends. Jim Maving und Stuart Maxwell bestritten als Duo den akustischen Teil des Sets. Dobro, Harmonica und Vocals pur. Da gab es aber mal so gar nichts zu mäkeln. Dazu hatten sich die Zwei mit dem Sonny Boy Williamson II-Klassiker "Bring It On Home" und Fred McDowells "You Gotta Move" auch die idealen Songs ausgesucht, bei denen sich unzählige Möglichkeiten zum Improvisieren boten, wovon sie auch ausgiebig Gebrauch machten. Es ist immer wieder gut anzuhören, wenn bei solchen Stücken andere Klassiker mit eingebaut und sie so noch vielseitiger werden. In diesem Fall wurde u. a. ein geniales "Oh Well" eingestreut, bevor wieder zum Grundthema zurückgekehrt wurde. Diese Acoustic Session war wirklich sehr gut anzuhören, und ich hätte absolut nichts dagegen gehabt, davon noch mehr zu bekommen.
Zu guter Letzt gab es auch noch zwei Coversongs aus Mick Ralphs eigener Geschichte auf die Ohren, auf die das Publikum gewartet hatte und die schon bei den ersten Tönen stürmisch und herzlich begrüßt wurden. "Feel Like Making Love" vom Album "Straight Shooter" und "Can't Get Enough" vom Longplayer "Bad Co." waren die beiden Titel von Bad Company, die Mick Ralphs von seiner alten Band ausgewählt hatte. Dabei huschte ein Lächeln über das Gesicht des sonst recht introvertierten Gitarristen, als diese Songs von den Zuhörern mit Anfangsapplaus überschüttet wurden. Alles richtig gemacht, Mick! Obwohl natürlich gerade diese Stücke, zumindest stimmlich, nicht an die Originale herankamen, denn wer kann schon an die Vocals eines Paul Rodgers heranreichen.
Trotzdem bleibt festzustellen, dass Mick Ralphs Blues Band einen richtig schönen Gute-Laune-Gig hingelegt hat, der mächtig Spaß gebracht hat. Leider war schon nach 110 Minuten Schluss. Von dieser Band hätte ich noch wesentlich mehr vertragen können.
Line-up:
Mick Ralphs (guitar)
Stuart Maxwell (vocals, harmonica)
Jim Maving (guitar, vocals)
Dickey Baldwin (bass)
Adam Perry (drums)
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