R.E.M. / Murmur (Deluxe Edition)
Murmur Deluxe Edition Spielzeit: 44:10 (CD 1), 57:07 (CD 2)
Medium: Do-CD
Label: I.R.S. Records/Capitol Records, 2008 (1983)
Stil: Alternative Rock


Review vom 21.07.2010


Joachim 'Joe' Brookes
Nie war eine menschliche Schlafphase so schön. 1980 in Athens gegründet, nahm die Karriere der Band R.E.M. gigantische Ausmaße an. Die erste Single erschien 1981 und enthielt die Songs "Radio Free Europe" sowie "Sitting Still". Nach einer EP mit dem Titel "Chronic Town" ging dann alles relativ schnell. 1983 erschien auf dem Label I.R.S. der erste Longplayer mit dem Titel "Murmur".
Stetig stieg ihre Popularität. Von einem Geheimtipp mauserte sich das Quartett zu einer der führenden Gruppen im Musikbusiness. Folglich sind Michael Stipe, Peter Buck, Mike Mills sowie Bill Berry keine unbekannten Größen mehr und die erfolgreiche Band wird mit diversen Deluxe-Editionen zu Recht gewürdigt.
Viel besser als "Murmur" konnte der Aufstieg des Vierers nicht beginnen. Vom Start weg war man nicht nur bei den Kritikern willkommen. Mit ihrem alternativen Rock, der seine zu dem Zeitpunkt hörbaren Wurzeln im Punk, Folk sowie Pop hatte, sorgten sie für Furore und wurden im Laufe der Zeit Vorbild für viele andere Bands. Aus den diversen Stilrichtungen muss man erst einmal ein Zentrum finden.
Selbst nach so vielen Jahren hat das 'Gemurmel' nichts an Attraktivität eingebüßt. Die Mixtur ihres musikalischen Cocktails passte und passt auch heute noch perfekt. Mit der klangtechnischen Aufbereitung des Debüts hat man alle Instrumente erkennungsdienstlich bearbeitet und welche Rolle das Piano bei vielen Songs spielte, wird sehr deutlich. Wie geht es mir eigentlich nach mehr als zwei Dekaden und einem Wiederhören mit solcher Musik? Gut, sehr gut, kann ich da nur verkünden.
R.E.M.s Musik ist mehrdimensional und unglaublich ist es, wie die damals Mitte bis Ende Zwanzigjährigen einen Sound für die Ewigkeit hinbekommen haben. Da sind definitiv nicht nur die Byrds anzuführen, wenn es um Vergleiche oder Einflüsse geht. Was die Schlagader des Punks in ihrer Musik angeht, darf man auch auf die britische Insel okulieren.
Das Sprachrohr Stipes ist natürlich zweifelsohne eines der Markenzeichen der Gruppe. Von den hohen bis zu tieferen Tönen performt er die Texte. Songs wie "Pilgrimage", "Sitting Still", "9-9" oder "We Walk" gehören zu meinen Dauerabonnenten auf "Murmur". Nach so langer Zeit verdeutlicht das Debüt, wie umwerfend die Gruppe war.
Eine richtig gute Entscheidung wurde hinsichtlich der Expansion des Doppeldeckers getroffen. Hier gibt es keine Outtakes oder rares Material, sondern ein komplettes Konzert aus Larry's Hideaway, aufgenommen am 09.07.1983. Obwohl man im gleichen Jahr als Support mit Police unterwegs war, hören wir R.E.M. hier in einem Club.
Wir erleben die Band so pur, wie sie nur sein kann. Keine Overdubs, Keyboards, kein Piano. Die Setlist des Auftritts vereint aus damaliger Sicht Vergangenes, Aktuelles und Zukunftsmusik. "Reckoning" oder "Harborcoat" sollte dann auf dem zweiten Album der Band folgen. Es ist schon erstaunlich, mit welcher Gelassenheit das Publikum auf die Nummer reagiert. R.E.M. mussten sich noch den Arsch abspielen, um Zuwendung zu bekommen.
1980 startete man zunächst unter dem Namen Twisted Kites und spielte vornehmlich Coversongs. Sieht man sie unter diesem Aspekt, liefert man ebenfalls eine starke Leistung ab. Zunächst wäre da ein Song von Lou Reed geschrieben. Zu Velvet Underground-Zeit erschien "There She Goes Again". Nicht nur in diesem Stück zeigt Stipe, wie er seine Stimme variieren kann. Im punkigen "9-9" ist es gar Sprechgesang. Gegen Ende der CD ruft ein Zuschauer öfters einen Songtitel dazwischen. Ganz zum Schluss gibt es dann "Carnival Of Sorts (Box Cars)" von der bereits erwähnten EP "Chronic Town".
Im zu einem Poster auffaltbaren Booklet kommen unter anderem die Produzenten Mitch Easter sowie Don Dixon zu Wort und es höchst interessant, deren Geschichten zur Platte zu lesen. Insofern ist auch das Kleingedruckte von Michael Plen, Sig Sigworth oder Carlos Grasso beachtenswert.
R.E.M.s "Murmur (Deluxe Edition)", die wahrscheinlich schon in so manchen Sammlungen einen Platz gefunden hat, ist ein sehr gelungener Rückblick auf die quasi ersten, bereits erfolgreichen Gehversuche eines Trendsetters. Irgendwie steht mit diesem Album auch eine Doppelstunde Geschichte der Rockmusik auf dem Stundenplan der Musikfreunde.
Line-up:
Michael Stipe (vocals)
Peter Buck (guitar)
Mike Mills (bass, piano, backing vocals)
Bill Berry (drums, backing vocals)
Tracklist
Murmur:
01:Radio Free Europe (4:06)
02:Pilgrimage (4:29)
03:Laughing (3:59)
04:Talk About The Passion (3:21)
05:Moral Kiosk (3:32)
06:Perfect Circle (3:31)
07:Catapult (3:56)
08:Sitting Still (3:19)
09:9-9 (3:03)
10:Shaking Through (4:31)
11:We Walk (3:01)
12:West Of The Fields (3:22)
Live At Larry's Hideaway, Toronto, 09.07.1983:
01:Laughing (3:52)
02:Pilgrimage (4:08)
03:There She Goes (2:44)
04:7 Chinese Bros. (4:15)
05:Talk About The Passion (3:02)
06:Sitting Still (4:10)
07:Harborcoat (3:44)
08:Catapult (3:53)
09:Gardening At Night (3:33)
10:9-9 (3:16)
11:Just A Touch (2:27)
12:West Of The Fields (3:06)
13:Radio Free Europe (4:27)
14:We Walk (2:56)
15:1,000,000 (3:05)
16:Carnival Of Sorts (Box Cars) (3:58)
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