Einem der Rock-Gurus unserer Zeit, Martin Popoff, sei Dank - endlich erhalten wir einen exklusiven Einblick in die Bandgeschichte der einstigen Hard Rock-Größe Rainbow!
Die Band Elf, die mit Ronnie James Dio am Mikro dabei war, sich in den frühen Siebzigern zu etablieren, kam letztendlich durch das groß raus, was auch heute noch für viele Berufszweige unabdingbar ist: Kontakte. Man tourte schließlich im Vorprogramm von Deep Purple, ließ sich von Roger Glover produzieren und Ronnie sang einige Songs für sein Album "The Butterfly Ball" ein.
Man kannte und schätzte sich also, und Ritchie Blackmores zunehmende Unzufriedenheit mit dem Material des Mark III-Line-ups von Deep Purple gipfelte schließlich in seiner Zusammenarbeit mit Elf - als Ritchie Blackmore's Rainbow.
Und der Rest, wie man sagt, ist Geschichte: Es gab drei Studioalben mit Dio am Mikro, ehe Ritchie sich dazu entschied, einen kommerzielleren Weg einzuschlagen. Ronnie lehnte das ab - und wurde durch Graham Bonnet ersetzt, mit dem "Down To Earth" eingespielt wurde, das den Smash-Hit "Since You've Been Gone" enthält.
Viele weitere Besetzungswechsel, nicht nur an der Position des Sängers, folgten; Joe Lynn Turner zierte einige Alben, bis Rainbow im Jahre 1984 aufgelöst wurde und die Deep Purple-Reunion stattfand. 1995 gab es dann doch noch das Abschiedsalbum "Stranger In Us All" mit Doogie White als Sänger, und man ging auch noch einmal auf Tour - sowohl dort als auch schon auf dem Album war eine gewisse Candice Night teilweise mit von der Partie. Was dann ab 1996 folgte, lässt bis heute viele Rockfans stöhnen: Blackmore's Night.
Die Frage, ob der 'Man In Black' noch einmal auf die Bretter der Rockwelt zurückkehrt, das sei vorab erwähnt, bleibt auch in diesem sehr detaillierten Buch ungeklärt. …Das ist aber auch so ziemlich das Einzige. Album für Album wird hier auf nahezu jeden Song eingegangen, sehr genau von der Stimmungslage und den Gewohnheiten der Band während des Songwritings und der Aufnahmen berichtet, und das Beste: Alle kommen zu Wort. Martin Popoff hat mit vielen Ex-Mitgliedern vertraute Gespräche geführt, und dabei ist am Erfreulichsten, dass auch Blackmore selbst oft zu Wort kommt. Das ist quasi der Schlüssel zur Relevanz dieses Buches, denn gerade heutzutage spricht er kaum noch über alte Zeiten - kann man ein Interview mit ihm ergattern, bekommt man zuerst mitgeteilt: »Keine Fragen über Deep Purple oder Rainbow«.
Der Autor unterhält allerdings ein offenbar gutes, freundschaftliches Verhältnis zu Blackmore und Night; seinem, wie er schon in der Einleitung erwähnt, Lieblings-Musiker-Duo. Mit dieser Aussage hatte er seinen Kredit bei mir schon fast wieder verspielt, aber seien wir fair - das ist Geschmackssache.
Bei der Abhandlung über die einzelnen Schaffensperioden hält Popoff auch mit seiner eigenen Meinung nicht hinterm Berg. So erfährt man zum Beispiel, dass er nicht eben ein großer Fan der frühen Jahre mit Dio ist (Zitat: »Die beiden [Ronnie und Ritchie] erkannten, dass sie ähnliche Vorstellungen hatten wenn es darum ging, Text und Musik in einen Mantel aus plüschigem, samtigem, königlichem, gothischem…Purpur zu kleiden.«), dass "Down To Earth" sein Lieblingsalbum ist und dass er sich schwer tut, das finale "Stranger In Us All" auch nur als Rainbow-Album anzuerkennen. …Er ist nunmal Journalist und Kritiker, und das sei ihm gegönnt; aber irgendwann fängt es doch sehr an zu nerven. Beispielsweise meckert er an Songs der Dio-Ära herum, weil sie ihm zu kommerziell sind, outet sich aber gleichzeitig als Fan der späteren Alben. Von seinem ständigen Genörgel an Cozy Powells Spiel ganz zu schweigen.
Die Interviews sind der Kern dieses Buches. Dabei zu beachten ist, dass sie tatsächlich eins zu eins von den verbalen Äußerungen übernommen wurden - sämtliche Pausen und Stocker wurden beibehalten. Unter der Übersetzung ins Deutsche leidet diese Vorgehensweise ein wenig - unterhaltsam sind die meisten jedoch allemal. Besonders Joe Lynn Turner, der immer bereitwillig Auskunft gibt und bei dem man manchmal nicht so recht weiß, was man ihm glauben kann, hat wie gewohnt super Geschichten auf Lager.
Schwarz-weiße Fotos zieren viele Seiten, und die haben mich oft ein wenig irritiert, passen sie jedoch zu häufig nicht zum jeweiligen Thema. So gibt es, wenn man sich in den Siebzigern befindet, etliche neue Fotos von Dio, oder später allzuoft Aufnahmen von Roger Glover, auch wenn da noch nichtmal ansatzweise erwähnt wurde, was er nun eigentlich mit Rainbow zu tun hatte.
Die Details und das Neue sind es, die dieses Buch so interessant machen, daher zähle ich nun einige Fakten und Schnipsel auf, die sie bisher vermutlich nicht kannten:
Keyboarder Tony Carey nennt den Klassiker "Rising" 'beschissen'
O-Ton Jimmy Bain über derbe Streiche der Bandmitglieder: »Da passierten viele verrückte Dinge. Man konnte zum Beispiel aufwachen, weil jemand die Tür einschlug.«
Die Band testete sage und schreibe 40 Bassisten, bevor sie sich für Bob Daisley entschied
Cozy Powell hatte stets mehrere Packungen Cornflakes und diverse Süßigkeiten im Kofferraum seines Ferraris
Ritchie erklärt seine Mitglieder-Rotation so: »Vielleicht war ich früher ein Vampir, denn ich brauche neues Blut und Adrenalin - neue Menschen. Die Menschen langweilen mich schnell, das liegt wohl an mir.«
"Starstruck" basiert auf einer realen Person, die Ritchie überallhin folgte
Die Anmerkung 'No thanks to Baal' auf der Rückseite des "Long Live Rock'n'Roll"-Covers entstand, weil Blackmore oft eine Macht namens 'Baal' bei den Séancen heraufbeschwor, über die man hier endlich mehr erfährt
»Rainbow war ein Sklave, ein richtiger Sklave«
Ronnies Frau Wendy Dio war früher mit Ian Paice zusammen und mit Aynsley Dunbar verheiratet
Ritchie: »Ich kann besser improvisieren als jeder andere Rockgitarrist.«
Ritchie: »Das schieben wir Purple in den Hintern!« (über "MISS Mistreated")
Damit er noch ein Deep Purple-Album mit Ian Gillan aufnahm, bot man ihm unter Anderem ein Training mit der DFB-Elf an
Die Mitschuld an der momentanen 'Weggetretenheit' von Blackmore trägt offenbar die Mutter von Candice Night mit - laut Turner ist sie es, die Anrufe und Nachrichten nicht an Ritchie weiterleitet
Sachen dieser Art und Vieles mehr erfährt man in diesem Buch, das so viele ehrliche Interviews enthält. Interessant ist beispielsweise auch, wenn Joe Lynn Turner endlich allen erklärt, warum er einfach besser ist als Dio.
Ein sehr informatives Machwerk also, das zwar aus irgendeinem Grund die alte Rechtschreibung enthält, aber dennoch nicht nur aus Mangel an Alternativen für alle Rainbow-Jünger zur Bibel werden muss. Auch wenn die manchmal extrem wertende Schreibweise von Martin Popoff oft zur Qual wird, so erfährt man hier mit vielen Randinformationen doch das, worum es geht - alles über Rainbow.
Kapitel |
Kapitel:
Über den Autor
Einleitung
01:Die Anfänge
02:Ritchie Blackmore's Rainbow
03:Rising
04:On Stage
05:Long Live Rock'n'Roll
06:Down To Earth
07:Difficult To Cure
08:Straight Between The Eyes
09:Bent Out Of Shape
10:Finyl Vinyl
11:Stranger In Us All
Diskographie
Quellenangaben
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Externe Links:
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