Lange und ungeduldig habe ich auf die neue Redemption gewartet. Jetzt ist sie da, und sie klingt... genau so wie erwartet - man knüpft nahtlos an die vorherigen Scheiben "The Fullness Of Time" und The Origins Of Ruin an. Was soll man dazu sagen? Muss eine Progressive Metal-Band auf Weltklasse-Niveau jedes Mal aufs Neue nicht nur kreativ, sondern auch innovativ sein, vielleicht sogar ihrer Zeit Album für Album einen Schritt voraus? Oder reicht es für höchste Weihen, wenn ich attestiere: »Redemption haben ihren Stil gefunden und gefestigt - ein Hammer-Album nach dem nächsten.« ?
Keine Frage - "Snowfall On Judgment Day" ist schon wieder moderner, finsterer, harter und hochgradig emotionaler Progressive Power Metal auf höchstem Level. Bandchef Nick van Dyk zeichnet sich erneut verantwortlich für Songs mit einem bemerkenswerten Härtegrad, teils gar furchteinflößend - "Leviathan Rising" mit Thrash- und Shred-Feuer ist das Härteste, was es bislang von Redemption gab. Und abermals wie durch ein Wunder schadet das kein bisschen den hypnotisierend schönen Melodien, die in intelligenten Geflechten aus High-Tech-Riffing, unendlichen Variationen und Modulationen sowie fliegenden Rhythmus- und Tempowechseln ineinander verwoben sind.
Das machen Redempion zurzeit konkurrenzlos gut. Redemption schließen für mich eine Lücke, die Fates Warning-Mastermind Jim Matheos - seit "FWX" (2004) ohne neues Album - offen klaffen lässt. Nicht nur, weil Ray Alder und Bernie Versailles in der Band sind, sondern auch weil van Dyk mit seinen Kompositionen diese betörende Brachial-Melancholie gelingt. Sei es in relativ kurzen Stücken mit rasch einprägsamer Hookline wie "Peel" oder in Longtracks wie "Black And White World", das mit seinen langen und edlen Spannungsbögen den Hörer nicht minder in den Bann zieht - sei es aggressiv wie in "Fistful Of Sand" oder wehmütig-getragen, aber nicht minder kraftvoll wie in "Keep Breathing" oder "What Will You Say".
Auch textlich schaffen Redemption Großes, das sich wiederum in Fates'schen Gefilden abspielt - der unvergleichliche Ray Alder singt schmerzerfüllt von inneren Konflikten und zwischenmenschlichen Gräben, voller unglaublich authentisch wirkender Sehnsucht von Verlust und schmerzlicher Erinnerung. Einzig beim langen Schlusstrack "Love Kills Us All/ Life In One Day" münden die schier unerschöpflichen, ergreifenden Moll-Variationen in einer optimistischen Atmosphäre, die dafür um so heller erstrahlt. Auch das kennt man bereits von den Vorgängeralben; auch dort gab es diese speziellen Momente.
An einer Position fällt dann spätestens beim zweiten Hördurchlauf doch eine klangliche Veränderung auf, die sich im Line-up schon ankündigt: Nick van Dyk spielt die Keyboards nun nicht mehr selber ein, sondern hat den Job mit Greg Hosharian einem hauptamtlichen Tastenmann übertragen. Und so können die Keyboards mehr Räume für sich gewinnen und mehr Akzente setzen als früher; das Gesamtwerk wirkt klanglich etwas differenzierter, aber nicht revolutioniert - Hosharian fügt sich harmonisch und emotional den Vorgaben. Aufgrund stilistischer Einflüsse, aber auch insbesondere des Keyboard-Klangs, sind (stellenweise) Vergleiche zu den Dream Theater Alben "Six Degrees Of Inner Turbulence" und "Train Of Thought" erlaubt, aber auch zu den progressiven Power-Proggern von Magnitude 9.
Unterm Strich ein grandioses Album. Zu den Highlights zählen der Elfminüter "Love Kills Us All/ Life In One Day" mit epischem Tiefgang samt minutenlangem Aufbau und das finster-aggressive Duell/ Duett von Ray Alder und Gastsänger James LaBrie in "Another Day Dies". Und doch Stagnation auf hohem Niveau? Nun, vielleicht versteht man dadurch etwas besser, warum Jim Matheos eben nicht alle zwei Jahre ein neues Fates Warning-Album schreibt. Da ich als Fan aber nun mal hungrig auf Neues bin und Redemption kein bisschen schwächeln, gibt es für das vierte Studioalbum eine glasklare Kaufempfehlung - hier kann man nichts falsch machen! "Snowfall On Judgment Day" erhält gefühlte 9 von 10 RockTimes-Uhren - im direkten Vergleich mit den beiden Alben zuvor wird die Wertung leicht abgeschwächt auf 8,5 von 10 RockTimes-Uhren. Schließlich haben "The Fullness Of Time" und "The Origins Of Ruin" den Standard erst gesetzt, den dieses Album nun hält.
Line-up:
Ray Alder (vocals)
Nick van Dyk (guitar, keyboard)
Bernie Versailles (guitar)
Sean Andrews (bass)
Greg Hosharian (keyboard)
Chris Quirarte (drums)
Guest musician:
James LaBrie (vocals - #7)
Tracklist |
01:Peel (6:28)
02:Walls (6:54)
03:Leviathan Rising (6:38)
04:Black And White World (8:00)
05:Unformed (6:27)
06:Keep Breathing (7:34)
07:Another Day Dies (5:12)
08:What Will You Say (5:17)
09:Fistful Of Sand (6:32)
10:Love Kills Us All/ Life In One Day (11:00)
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Externe Links:
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