Im ersten Studio-Album nach der lang ersehnten Trennung von ihrem bisherigen Major-Label geben sich Reel Big Fish ihrer wiedergewonnenen Lust am Freistil-Musizieren hin. Mangels Kenntnis früherer Werke fehlt der Vergleich, allerdings das oft in ihrem Zusammenhang erwähnte Ettikett 'Ska-Punk' passt nicht so recht. Dafür hat die Mucke nicht genug Härte und Rotzigkeit. Da gibt's ganz andere Bands (auch bei uns), die sich diesen Sticker durch die Backe jagen dürfen.
Also, es geht munter drunter und drüber und durch jede Menge Stile, wobei selbst Ska nicht immer der kleinste gemeinsame Nenner ist. Die CD wurde von RBF-Kopf
Aaron Barrett produziert und der legte sich und seinen Jungs keinerlei Richtungsgrenzen auf. Das mag ein Knackpunkt für die Hardcore-Fans sein, die vielleicht eine straightere Linie gewünscht hätten.
Die Süd-Kalifornier rocken offensichtlich drauf los, wie's ihnen in den Kopf kommt. Sie nehmen auch schon mal in poppigeren oder härteren Gefilden Anleihen, mitunter auch direkt bei anderen Bands und deren ureigensten Spielplätzen (s. Album-Titel, wobei jedoch die
Dire Straits musikalisch nicht vorkommen). Das betrifft auch die einzelnen Songs, die mit oft abenteuerlichen Stilmixen durchsetzt sind. Doch das tönt immer wavig-fröhlich, selbst wenn die Texte dazwischen recht rüde und mordlustig sind.
Vor langer Zeit hat die
Gruppo Sportivo aus Holland mal ähnlich nonkonformistisch die Szene aufgemischt und auch
Zappa-Fans dürften mit Abstrichen Ähnlichkeiten feststellen. Daneben gibt's jede Menge Zitate und bekannte Schnipsel, zu deren Entschlüsselung der geneigte Rockfan X-Hördurchgänge veranschlagen kann. 17 Songs in 57:14 Min, von 1:04 bis 6:16 Min. zeigen, dass es
Reel Big Fish zumeist knapp und bündig mögen. Die Tracks wurden in einer Tourpause in drei Wochen aufgenommen, ein Teil davon ist älteres Material, neu aufgemischt. Und das sitzt!
Allerdings macht sich, zumindest beim durchaus mitzappelnden Rezensenten, nach gewisser Zeit ein leichter Abnutzungseffekt breit. Trotz aller Tricks und Gimmicks, der aufmüpfigen Gitarrenriffs und zackigen Bläserschübe, der Stilvariationen, der gute Laune versprühenden Vokalsätze und der schrägen Texte (mal von den spät-pupertären Nummern abgesehen). Aber das kann durchaus ein individuell oder emotional bedingter Knackpunkt sein, der auch Schreiber-seits keine wesentlichen Abstriche ausmacht. Der findet aber immer wieder die knallige Version von "Another Day in Paradies" klasse und darüber hinaus, dass es für ihn die einzige Möglichkeit ist, einen
Phil Collins-Song ohne Würgereiz zu überstehen. Und natürlich genauso empfehlenswert das gleich drauf folgende "Everybody's Drunk" im
Pogues-Stil, wobei er sofort solidarisch mitrülpst. Die Punk-Attitüde findet sich (auch textmäßig) am ehesten in "Another F.U. Song" und "Hate You". Neben dem Opener fällt da noch "Til I Hit The Ground" mit Calypso- und Salegy-Zutaten sowie das einzige etwas längere Stück "Cannibal" mit Hard Rock-Finale und abrupptem Schluss besonders positiv auf.
Wer die guten alten
Busters oder die erwähnte
Gruppo Sportivo mag oder einfach eine Platte mit hohem Spaßfaktor für die Party braucht, der kann hier unbesehen zugreifen.