Je mehr ich mich im Laufe der Zeit mit Renaissance beschäftige, desto mehr stelle ich fest, dass ich diesen Sound lieb gewonnen habe und es wahrscheinlich seinerzeit ein Fehler war, mich nach dem Auseinanderbrechen der ersten Formation um Jane und Keith Relf abzuwenden. Aber damals standen für mich die Zeichen der Zeit auf Hinwendung zu anderer Musik.
Unterschiedlich fielen seinerzeit die Kritiken für dieses Album aus. Die Attribute reichten von 'langweilig' bis zur 'unbedingten Empfehlung'. "Novella" stammt aus dem Jahr 1977 und entstand zu einer Zeit, als es um die massentaugliche Popularität des Prog Rocks nicht gut bestellt war. Gleichwohl scheute sich die Band nicht, weiterzumachen.
Und dann auch noch Prog Rock ohne eine elektrische Gitarre??
In symphonischem Gewande mit mächtigen Chören, Pauken und Streichern empfängt uns der Eröffnungstitel sehr pathetisch, vom Schlagzeug leichtfüßig und leicht swingend angetrieben. Dieser Song ist gleich ein wahrer 'Hammer' zum Start, eine großartige Komposition, die Zeichen setzt. Nach etwas über drei Minuten setzt dann Annie Haslam zum Gesang an, wunderschön wie immer, wie sie moduliert - herrlich auch, wie vielschichtig das Arrangement aufgebaut ist und stete Wechsel für laufende Abwechslung sorgen.
Aber nicht nur solche symphonisch opulente Werke gibt es auf dieser Platte zu hören. Als Beispiel sei hier "Midas Man" genannt. Dieser Titel ist ruhiger gehalten und etwas zugänglicher als die üppig arrangierten Titel - der Einsatz von Tubular Bells rundet das Hörerlebnis dazu noch ab. Immer wieder treffend wird die akustische Gitarre eingesetzt, manchmal mit Anklängen an die spanische Schule. Letztlich ist es eine typische Platte der Band, die erst mit dem Nachfolger A Song For All Seasons einen leichten Wechsel einläutete.
Viel Pianoeinsatz, wohlintegrierte Streicherarrangements, wohltuender und hochklassiger Gesang, die eine oder andere Zutat aus dem Schatzkästlein britischer Folkmusik, ein kraftvoller Bass, klar strukturiert eingesetzte Akustikgitarren, ein Vollbad von Wohlklang, exzellent. Die Musik strahlt sehr viel Emotion aus, man vermag sich dazu sehr schön entspannt zurückzulehnen, und die Atmosphäre wie aus einem entfernten Märchenland auf sich einwirken zu lassen. Dazu ist die Band perfekt eingespielt, alles sitzt. Vielleicht hat es sich ausgezahlt, dass man sich zum Üben - vor den offiziellen Aufnahmesitzungen - in den Proberaum einer Kirchengemeinde in Surrey zurückziehen konnte.
Für einige 'Proggies' mag das schon fast zu glatt sein, mir gefällt die Musik dieser Platte außerordentlich gut. Sie strahlt eine Atmosphäre von höchster Qualität und Gefühl aus, musikalisch locker auf das höchste Niveau gehoben, feinster Art Rock.
Von Repertoire ist das erneut in ein Digisleeve mit reichlicher Ausstattung gepackt worden - limitiert und nicht ewig erhältlich.
Line-up:
Annie Haslam (lead vocals)
John Tout (keyboards, vocals)
Jon Camp (bass, bass pedals, acoustic guitar, vocals)
Terence Sullivan (drums, percussion, vocals)
Michael Dunford (acoustic guitars, vocals)
Tracklist |
01:Can You Hear Me? [Camp/Dunford/Thatcher] (13:39)
02:The Sisters [Dunford/Thatcher/Tout] (7:12)
02:Midas Man [Dunford/Thatcher] (5:44)
04:The Captive Heart [Camp/Dunford] (4:14)
05:Touching Once (Is So Hard To Keep) [Camp/Dunford] (9:26)
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