Retroheads / Introspective
Introspective Spielzeit: 64:27
Medium: CD
Label: Unicorn Digital, 2007
Stil: Retro/Neo Prog


Review vom 07.01.2007


Ralf 'Jogi' Ruhenstroth
Da erklingt eine überraschende Mischung aus Retro- und Neo Prog aus der Anlage. Oder sagen wir so: Retro Prog mit Neo Prog-Einlagen. Das trifft es besser. Nach dem Album "Retrospective" aus 2004 legen die Norweger Retroheads ihr neues Album "Introspective" vor. Und das ist etwas Besonderes. Der Band gelingt es vorzüglich, alte Sounds mit neuer, moderner Technik in die eigenen vier Wände zu transportieren. Hier gibt es fast alles, was das Prog-Herz begehrt. Reihenweise Hammond-Orgeln, viel Mellotron, ausgefeilte Gitarren-Arrangements und einen netten Groove. Und obwohl man den Eindruck hat, alles schon mal gehört zu haben, wird man das Gefühl nicht los, dass es ständig etwas Neues zu entdecken gibt.
Das Konzept scheint klar zu sein. Man spielt altehrwürdige Instrumente, bedient sich einiger Elemente von ganz großen Bands, bringt eigene Ideen mit ins Spiel und los geht es mit klassischer, progressiver Musik der 70er ins neue Jahr 2007. Und das macht die Formation vorzüglich. Retroheads bestehen aus fünf Musikern sowie zwei Damen, die in der Hauptsache für die Backing-Vocals zuständig sind. Sie geben dem Chorgesang den letzten Schliff und machen die Songs somit noch interessanter.
"Rainy Day" ist ein Eröffnungstrack, der puren Rock mit progressiven Elementen vereint. So ertönen zu Beginn Boogie-Rhythmen, das Tempo wird ein ums andere Mal verschleppt. Stets groovy geht man zur Sache und die Stimme von Mike Mann wirkt sehr leichtgängig. Ständige Fill Ins der Tasten und die angenehmen Chorgesänge machen neugierig.
Der Folgetrack "Living In A Bubble" bietet eine dominierende Orgel, bevor die Formation richtig Drive aufnimmt. Immer wieder kommen da einem die alten Genesis in den Sinn und man ist überrascht, wie modern es dennoch klingen kann. Nach etwa einem Drittel des Songs gehen mit dem Synthesizer Sterne auf und die Solo-Gitarre gleitet in den Neo Prog ab. Marillion lassen grüßen, bevor es im letzten Teil recht andächtig wird und der Gesang schmachtend daher kommt.
"Black Hole Eyes" ist ein sanftes Stück und doch irgendwie dramatisch. Die Mischung macht es aus. Retroheads verlieren trotz klassischer Prog-Anleihen niemals die Melodie aus den Augen.
Der wummernde Bass zu Beginn von "One World" kommt grandios, kurze heftige Betonungen der einzelnen Instrumente fügen sich ein. Den Keyboards lässt man freien Lauf und die Rhythmussektion arbeitet dabei sehr sauber. Mein persönlicher Anspieltipp ist "Be Aware". Hier harmonieren die Keyboards mit den Gitarren auf wunderbare Art und Weise. An manchen Stellen trocken und knackig im Stile des einfachen Rocks, dann jedoch wieder vertrackt und nicht auf einmal zu erfassen. Abermals steht der Groove an erster Stelle.
"I Turn To You" wartet mit Klavier-Tönen auf, an sich recht einfach gestrickt, bevor dann richtig Fahrt aufgenommen wird. Es wird mehr als deutlich, dass die Arrangements sehr umfang- und abwechslungsreich sind. Die Band verlässt sich nicht auf eine eingeschlagene Richtung, sondern bringt eine Vielzahl einzelner Ideen in einem einzigen Song unter. Und sowohl "Slaves Of Gold" als auch "Tidel Wave" stehen in Sachen Qualität nicht nach. Letztes Schmankerl ist "Karma" mit immerhin einer Länge von neuneinhalb Minuten. Eine Kombination von wirklich einfühlsamen Sounds, schönen Gitarren-Soli und ausufernden Tasten.
Ich bin beeindruckt. Retroheads legen eine in jeder Hinsicht brillante Scheibe hin. Sie überzeugen sowohl musikalisch als auch mit ihrem Songwriting. Nicht unbedingt leichte Kost, aber zu jeder Zeit interessant und niemals abgedreht. Eine saubere Produktion und der Beweis dafür, dass klassischer Prog in modernem Soundgewand noch immer angesagt ist.
Line-up:
Mike Mann (vocals)
Gry Anett Stordahl (keyboards, organs)
Tommy Berre (guitars)
Trond Gjellum (drums)
Tore Bo Bendixen (bass, keyboards)
Deborah Girnius (backing-vocals, flute)
Ann-Kristin Bendixen (backing-vocals)
Tracklist
01:Rainy Day (5:28)
02:Living In A Bubble (8:31)
03:Black Hole Eyes (6:50)
04:One World (5:35)
05:Be Aware (6:20)
06:I Turn To You (6:32)
07:Slaves Of Gold (7:13)
08:Tidel Wave (8:25)
09:Karma (9:28)
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