Lang ist's her, seit sich die Intellektuellen der Musik des 20. Jahrhunderts, die Jazzer, dem energiegeladenen lärmenden Sound der Jugend, dem Rock, zuwandten. Oder die aufmuckenden (früheren) Halbstarken komplexere Musik entdeckten. Jazz Rock, Fusion und Progressive Music waren Ergebnisse dieser Annäherungen, die in den siebziger Jahren die Szene neu strukturierten. Neben temporären Zusammenarbeiten der unterschiedlichen Bereiche entstanden auch Bands, die sich mit einem eigenen Profil etablierten und Anhänger in den unterschiedlichen Lagern fanden.
Return To Forever war eine der bekanntesten dieser Formationen, gegründet vom Keyboarder Chick Corea, der zuvor bei Miles Davis in der bahnbrechenden "Bitches Brew"-Besetzung gespielt hatte. Den Titel seines ersten Soloalbums (mit den späteren Kollegen) übernahm er als Name für das Projekt, das neben Jazz und Rock zunächst auch lateinamerikanische und spanische Elemente verwendete.
Nach mehreren Besetzungswechseln bestand die Band 1974 neben Corea aus Stanley Clarke (bass), Lenny White (drums) und Al Di Meola (guitar), 1977 kam das Aus. Auf ein erstes kurzes Stelldichein für eine weitere Corea-Soloaufnahme 1983 mit anschließenden, wenig befriedigenden Konzerten, traf sich das 'klassische' RTF-Line-up dann 2008 für eine Reunion-Tour, die es durch Nordamerika und nach Europa führte.
Daraus entstanden zwei Mitschnitte. Auf dieser Do-CD sind Aufnahmen hauptsächlich eines Konzerts in Clearwater, Florida, verewigt, ergänzt um je einen Track aus Boston und Montreux sowie von einer Preisverleihung in London. Rund 150 Minuten Spielzeit mit reichlich XXXL-Versionen der Titel sollten auch den verwöhnten Fusion-Fan zufrieden stellen. Der Auftritt beim berühmten Schweizer Festival ist auf DVD erschienen und wird in Kürze rezensiert.
Auf den CDs findet sich bis auf die erste Nummer nur älteres, bekanntes Material, teilweise auch von anderen Projekten der einzelnen Band-Mitglieder. Und damit ist auch klar, dass es sich um eine Reise in die Vergangenheit handelt, nicht um eine Fortsetzung der Band-Geschichte. Der Sound hat sich auch nicht weit von damals entfernt, mit neuem Instrumentarium und digitaler Aufnahmetechnik klingt das nur frischer und zeitgemäßer. Aber ansonsten ist das Musik, die vorwiegend über dreißig Jahre alt ist, die natürlich nicht mehr das Flair des Spektakulären, des Aufregenden, Neuen hat.
Aber die nach dieser langen Zeit auch beweist, was damals für eine geistige Energie vorhanden war, Kreativität, Spielkunst und Komplexität. Alle vier Musiker galten seinerzeit schon als Virtuosen auf ihren Instrumenten, was allerdings zumindest im Fall des jungen Gitarristen auf dessen technische Fähigkeiten abzustellen war. Heute sind sie es ohne Zweifel, was sich nicht nur solistisch, sondern vor allem auch im Zusammenspiel zeigt. RTF ist eine homogene Truppe, kein Allstar-Ensemble, das nur schwerpunktmäßig zusammenfindet. Die frühere Inspiration ist noch immer da, aber jetzt klingt das alles wesentlich abgeklärter, reif und nicht so kopflastig.
Leader ist auch in der 2008er Formation ganz klar Chick Corea. Seine Keyboards bestimmen den Sound und die Themen, aber er ist auch meist der Seilpartner bei den ausgiebigen Alleingängen der Kollegen. Die Band-Maschinerie greift filigran und hochenergetisch ineinander, bewegt sich teilweise im reinen Jazz (in der akustischen Repertoire-Abteilung), zeigt aber über weite Strecken, was seinerzeit die Fusion zwischen Jazz Rock und elektronischem Tasten-Instrumentarium so aufregend gemacht hat. Klar, das klingt bei all der Frickelei aus heutiger Sicht irgendwie hochgezüchtet und vom Klangbild her antiquiert. Aber RTF schafft immer wieder überraschende Wendungen, kreiert ebenso inspirierte wie dynamische Momente und löst die Spannungen in melodischen Bögen auf - die alte Magie wird zu neuem Leben erweckt.
Wer damals Fusion-Fan war, wird auch diese Reunion genießen, zumal die Musiker sicher nicht im Ruf stehen, hier für die Rente noch mal gemeinsam auf die Bühne geklettert zu sein und ihr altes Zeugs runter gedroschen zu haben. Die Band war nie ausgereifter als 2008 und auch die offensichtlich fachkundigen Zuhörer honorierten die Leistungen immer wieder mit Szenenapplaus. Dass neben einer weiteren Live-Version von "Romantic Warrior" auch der verbale Aufgalopp für die Verleihung des BBC-Lifetime Achievement Awards als Bonus-Material angefügt wurde, hat einen leichten Hauch von Angeberei. Aber das soll den Musikfreund nicht weiter stören, der hier exzellente Aufnahmen von wahrhaften Könnern vorfindet, die auch mit ordentlicher Klangqualität aus den Boxen kommen. Die Wiedergeburt von RTF wurde zu recht im wenig ereignisreichen Jazz-Jahr 2008 als eines der erfreulichsten Ereignisse gefeiert.
Tracklist |
CD 1:
01:Opening Prayer (2:02)
02:Hymn Of The Seventh Galaxy (3:44)
03:Vulcan Worlds(13:45)
04:Sorceress (11:24)
05:Song To The Pharaoh Kings (27:17)
06:Al's Solo (8:56)
07:No Mystery (8:53)
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CD 2:
01:Friendship - Chick's Solo (8:54)
02:Romantic Warrior (7:20)
03:El Bayo De Negro - Stanley's Solo (11:25)
04:Lineage - Lenny's Solo (7:39)
05:Romantic Warrior [continued] (3:06)
06:Duel Of The Jester And The Tyrant (14:10)
07:500 Miles High [bonus track] (12:54)
08:BBC Lifetime Achievement Award [incl. live performance of Romantic Warrior] (8:21)
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Externe Links:
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