Bezüglich "Leaving D.C." von der Berliner Band Riff Raff ziehe ich mir ein Zitat des einstigen Westdeutschen Sandmännchens heran, dass mich Mitte der Sechziger mit folgenden Worten in den Schlaf wiegte: »Nun liebe Kinder gebt fein Acht, ich habe Euch etwas mitgebracht« und ändere dessen Zitat in: Nun liebe Rockfans gebt gut Acht, lest folgende Zeilen sehr aufmerksam, denn ich habe euch einen musikalischen Tipp mitgebracht!
An sich dürfte "Riff Raff" fast jedem Musikfreund als ein Elitesong (1978) von AC/DC bekannt sein. Berliner Rockfans ist Riff Raff schon seit langem als die, neben BON, angesagteste Berliner AC/DC-Coverband bekannt, die auch schon im Ausland ziemlich oft und erfolgreich ihre Visitenkarte abgegeben hat. Dass sich die Combo in der Vergangenheit recht experimentell zeigte und sogar wagte, diverse Abba-Klassiker im Stil von AC/DC zu präsentieren, zeigt mir, dass sich die Band vor nichts und niemandem fürchtet.
Der Hauptstadt-Fünfer, der sich 1997 gründete, hat fünfzehn Jahre gebraucht, um sich vom Coverband-Dasein abzunabeln und schüttelt mit "Leaving D.C." ein Rock-Album aus dem Ärmel, das mich in vielerlei Hinsicht voll überzeugt. Obwohl mich ihr Opener "Set Me Off" nicht gleich umhaut, eher durch ihren beigemischten Metaleinschlag leicht abschreckt, gibt es bei den folgenden dreizehn Tracks nichts, aber auch rein gar nichts zu bemängeln. Fortan kommt der Liebhaber von Old-School, Hard- und Heavy Blues Rock voll auf seine Kosten!
Das Eröffnungsteil ist schnell abgehakt und die positive Hirnwäsche geht für mich mit Song Nummer zwei, "Hail The Rockin' Man", los. Dieser lässt mit rasantem Stechschritt aufhorchen, lässt sich von nun an nicht mehr aufgehalten und verursacht einen dermaßen heftigen Rock'n'Roll-Tsunami, der mühelos alle Kritiker von dannen spülen wird. Die Kapelle ist nicht mehr aufzuhalten und lässt es vor meinem persönlichen Highlight der Platte, "Liar", mit "Hail The Rockin' Man" und "Give'm Rhythym", schon mal so richtig krachen. Dabei merke ich an manchen Stellen, dass sie schon etwas AC/DC-vorbelastet sind. Besonders bei Steves Gesangsvorträgen, die einige Male an Brian Johnson erinnern, sowie Rickys Gitarrensolo-Attacken, die leicht an Angus Young angelehnt sind, ergibt meine Beweisführung eine Spur der legendären australischen Band. Um nochmal auf "Liar" zurückkommen: Das Teil haben sie mit einem aufwendigen Clip als Single-Auskopplung auserkoren und ich verwette meinen Allerwertesten, dass der Song allerbeste Hit-Voraussetzungen besitzt und damit sehr große Chancen hat, die Charts zu stürmen. Warum? Dieser (offizielle) Clip sagt alles. Besonderes Merkmal von "Liar" sind Steves markante Stimmbänder, die er ungefiltert ins Mikro haucht und damit eindrucksvoll beweist, dass er, wenn er will, nicht 'nur' die Tonlagen von Brian Johnson nahezu perfekt treffen kann. Der Typ hat Eier, besticht mit herbem, Nikotin- und Whiskey-durchtränktem Zwerchfell und weiß dieses hervorragend in Szene zu setzen. Deshalb wird sein Gesang von mir mit Bestnoten versehen.
Leadgitarrist Ricky, mit dem nötigen Feuer, Energie und Können ausgestattet, wirft einige ungeschönte Solo-Läufe, die ich wegen ihrer erstklassigen Qualität ebenfalls nur mit einem 'Sehr gut' bewerte, in die Waagschale und gibt dem Scheibchen genau das gewisse Etwas, um die Platte auf der Erfolgsspur zu halten. Doch genug des Lobes bei den Einzelbewertungen der beiden Frontmänner. Wie würde all ihr spielerisches Vermögen zu Geltung kommen, wenn nicht die anderen drei für ein bombensicheres Klangfundament sorgten? Ob Zoltans Rhythmusklampfe, Andys Bassgezupfe oder Schulles Schlagsalven an den Drums, sie ordnen sich im Dienst der Band unter und tragen dadurch ebenso zu meinem prognostizierten Erfolg bei, wie die beiden Hauptakteure.
Anspieltipps herauszufiltern fällt mir wirklich schwer, dazu ist das Album von A - Z mit erstklassiger Hard Rock-Spitzenqualität produziert worden. Neben "Liar" kann der Konsument ohne Probleme die Zufallstaste drücken, Enttäuschungen kann ich ausschließen.
Während sich für mich schnell eine Inselplatte herauskristallisiert, möchte ich dem Grammy-Komitee der Kategorie 'Songarchitektur' eine fette Empfehlung ans Herz legen. Andreas 'Schulle' Schulz, der dynamische Schlagzeuger von Riff Raff, ist nicht nur (neben Steve und Ricky) der Hauptverantwortliche für die tadellose Songschmiederei, sondern für die gesamte Produktion der Tonkonserve zuständig. Er ist quasi der Kopf der Band.
Fazit: Irgendwie verschlägt es mir immer noch die Sprache. Ich habe eben ein Album der absoluten Spitzenklasse gecheckt. Die Scheibe groovt ohne Ende, ist perfekt abgemischt und ist bei dem gebotenen Powerrock in der Lage, jede verstopfte Arterie problemlos freizupusten. Da es Schulle verstanden hat, seine Geistesblitze, seine Songs, in außergewöhnlich guten Notenkleidern zu verpacken, diese auch noch mit reichlich Blues Rock-Power, viel Old School, etwas Metal und ein wenig Southern Rock anzureichern, hat er dem Silberling einen Weg geebnet, der nur nach oben führen kann. Künftig kann der Schulranzen und die -uniform im Studiospind hängen bleiben. Auf diese Untensilien ist die Band nach "Leaving D.C." nicht mehr angewiesen und wird, dank dem Einfallsreichtum von Schulle, weiterhin für Furore sorgen. Da bin ich mir ganz sicher!
Line-up:
Steve Betteridge (vocals)
Ricky Grasser (guitar)
Zoltan Berta (guitar)
Andy Schwacke (bass)
Andreas 'Schulle' Schulz (drums)
Tracklist |
01:Set Me Off (04:52)
02:Hail The Rockin' Man (03:52)
03:Give'm Rhythm (03:11)
04:Liar (04:35)
05:I'm Not The One (03:13)
06:Good Times - Bad Times (04:56)
07:Rev' Up - Ride On (04:04)
08:One For The Road (04:06)
09:Miracle Man (06:10)
10:We're Only Here For The Beer (04:29)
11:Long Live The Night (05:11)
12:Leaving D.C. (03:19)
13:Dance Or Die (02:47)
14:We Came, We Saw, We Had A Ball (03:41)
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