Es ist schon eine Weile her... eine ziemliche Weile, um genau zu sein, da gab es in einem Vorort einer nahegelegenen Stadt zwei Discotheken. In der einen traf sich eine 'etwas andere' Szene bei Aphrodite's Child, Pavlov's Dog, Alex Harvey und den anderen üblichen Verdächtigen. Es roch meist etwas süßlich, die langen (oder auch igelkurzen) Haare waren hennarot und nicht blondiert und Guiness floss in Strömen. Das ist der Laden, um den es nicht weiter gehen soll.
Zwei Straßen weiter war der Treffpunkt einer anderen Szene. Dort waren die 'Coolen', die immer wussten, was gerade angesagt war – und sich das auch leisten konnten. Wenn dort was süßlich roch, dann waren es die 'In-Cocktails' an der Bar oder die Parfums der Besucher. Welche Interpreten da liefen, kann ich so genau nicht sagen, denn 'mein' Laden war das nie. Doch den bruchstückhaften Erinnerungen einiger Kurzvisiten nach, könnte Roachfords gleichnamiges Debütalbum durchaus dazugehört haben.
1988 erschien diese, jetzt in Vinyl wieder neu aufgelegte Scheibe. Die Singleauskopplung "Cuddly Toy" schaffte es sogar in die deutschen Single-Charts auf Platz 49. Nach 25 Jahren (Teufel noch mal, ist das wirklich schon so lang her?) nun also die 'Wiederbegegnung' mit der damals nicht so wirklich begeisternden Musik. In dieser Zeit ist viel Wasser den Rhein runtergeflossen und viel wässriges Zeugs aus den Radiolautsprechern geblubbert – vielleicht macht das ja gnädig (ich will das mit dem Alter ja nicht überstrapazieren...).
Ein Blick auf die Texte (es lebe Vinyl, endlich sind die Arme wieder lang genug!!) zeigt, dass auch Roachford damals noch ziemlich jung war und wahrscheinlich gut in einen der beiden Läden (wohl eher den zweiteren) gepasst hätte, denn seine Themen drehen sich um – neee, nicht Sex & Drugs & Rock'n'Roll, letzteres und vorletzteres spielen eine eher untergeordnete Rolle. Dass sein "Cuddly Toy" aus Plüsch ist, kann man ihm glauben... oder auch nicht. Zwischen "Find Me Another Love", "Nobody But You" und "Give It Up" liegen hier nur ein paar Mikrometer schwarze Rillen.
Passt aber – zum einen zum damaligen Alter Roachfords (Jahrgang '65) - zum anderen zu seiner Musik.
Denn die enthält viel Soul, immer mal wieder ein paar dezente Diskoanklänge, Wehmut, Sehnsucht, aber auch das sich anbahnende Knistern, das in solchen Läden (und zwar beiderlei) immer wieder auch in der Luft liegt. Die Schwingungen irgendwelcher Schmetterlinge in irgendwelchen Bäuchen oder auch tiefergelegenen Regionen irgendwelcher Leute, die auf der Tanzfläche scheinbar in sich versunken umeinanderbalzen.
Und jetzt? 25 Jahre später? Sei es nun die mit den Armen gewachsene Weitsicht (oder Nachsicht?), eine gewisse Verklärtheit oder auch das Wissen um die Erzeugnisse der Musikindustrie während dieser Zeit – so schlecht war das, was 'dort' lief nun doch nicht – zumindest musikalisch.
Ein schöner Groove, der sich über die ganze Platte durchzieht und handwerklich echt gut gemacht ist. Das Songwriting ist vielfältig und die Effekte werden allesamt songdienlich eingesetzt. "Roachford" ist tanzbar, um nicht zu sagen ein echter Balz- und Baggersoundtrack, kann aber auch ohne unlauteren Absichten einfach nur Spaß machen und mitreißen. Und die Stimme? Kann gut und gern für weiche Knie und andere Ideen sorgen.
Als Anspieltipps lege ich mal "Cuddly Toy" (könnte gut sein, dass es 'klick' macht … Aaaach, der!!), aber auch das wehmütig-soulige "Since" ans Herz.
Oooooh yeah baby … coooool!!
Line-up:
Andrew Roachford (vocals, keyboards, synthesizer)
Chris Taylor (drums, percussion, backing vocals)
Michael Brown (guitar, backing vocals)
Paul Bruce (bass - #2,5,8)
Derrick Taylor (bass - #3,4)
Hawi Gondwe (guitar - #3,4,5,6,8)
Fayney (percussion, effects)
Lawrence Parrey (trumpet - #7)
Marc Feltham (harmonica - #8,10)
additional backing vocals:
Shola Philips
Delina Ramie
Marianne Stevens
Mike Vernon
George Chandler
Jimmy Chambers
Jimmy Helms
Tracklist |
01:Give It Up (03:40)
02:Family Man (03:46)
03:Cuddly Toy (03:49)
04:Find Me Another Love (04:20)
05:No Way (04:03)
06:Kathleen (05:50)
07:Beautiful Morning (03:53)
08:Lying Again (03:32)
09:Since (03:22)
10:Nobody But You (04:24)
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