Kennern der Monotones war das seinerzeit schon klar, dass die Ankündigung des Bergfestes (vor einem guten Dutzend Monaten) kein bloßes Kokettieren mit dem eigenen Lebensalter war. Die meinten diese Metapher damals ernst! Wir erinnern uns: Ein Bergfest wird zur Mitte eines bestimmten (Lebens-)Abschnittes gefeiert. Da ist es völlig unerheblich, ob die Protagonisten gegen Ende desselben die Neunziger-Marke geknackt haben. Es fehlt zwar noch der lebende Beweis, dass man mit Rollator die Bühne rocken kann - aber die Monotones werden das schon schaffen, sicherlich!
Als schlagfertige Manifestation legen sie mit "Genial" ein Album vor, das nicht nur seinem Titel alle Ehre macht, sondern auch nahtlos an ihr Erfolgsalbum Volle Lotte, immerhin genau dreißig Jahre nach dessen Veröffentlichung, anschließt.
Was liegen da für geile Scheibchen im dick gefüllten Monotones-Sandwich: bundesweit sträflich unterschätzte (wie "Wir sehen uns vor Gericht" und "Sportsmänner") und leider zumeist nur von 'Insidern' wahrgenommene (wie "Eukalyptus Now" und "Adrenalin"). "Ein Leben für Lärm" (2008), das letzte Statement zur Lage der Musik aus dem Rodgau, war da schon ein echtes Hammer-Spätwerk, aber "Genial" ist besser. 'Quod esset demonstrandum' bzw. 'was zu beweisen wäre', wie auch der Nicht-Hesse an dieser Stelle sagen würde...
Den letzten Tick machen diesbezüglich die obligatorischen, deutlich 'genialer' ausgefallenen Blödelsongs aus. Ein Flop wie "Granada"? Fehlanzeige. Abnutzungserscheinungen wie bei "Nutella is' all" sind von "Hundert Fässer grüne Soße" oder "Ein Lied für Dich" kaum zu erwarten, was hier der 'genialen' Mitwirkung von Gründungsmitglied Henni Nachtsheim geschuldet scheint. Dass beim Bergfest nur zwei Stücke von "Ein Leben für Lärm" gespielt wurden, spricht zudem für sich. Selbst auf die Übernummer "Na und?" wartete man seinerzeit vergebens, händeringend und kopfschüttelnd. Es verdichtet sich die Hoffnung, dass dieses Schicksal den "Genial"-Knallern erspart bleiben könnte, wobei hier der gemeine, eher - ums mal positiv auszudrücken - 'wertkonservative' Rodgaus-Fan seinen Einfluss geltend machen müsste.
"Genial" rockt los wie die sprichwörtliche Feuerwehr. Bei "Vollgas", einem Boogie auf der "Fluchtpunkt Dudenhofen"-Schiene, "Mama Lauda", einem Dampfhammer quasi aus Zeppelinheim, sowie dem 'Bembel-Rocker' "Das macht uns keiner nach" rollen die Löschzüge im Minutentakt aus. Mit "Wie geil ist das denn" und "E bissie was geht immer" fundamentieren die Monotones ihren Ruf als die einzig wahren Hook-Fräsen für Abgeh-Refrains mit »Oh-ho-ho-hooo«-Faktor hierzulande.
"Wenn's abgeht dann geht's ab" kennen wir von der "Risiken und Nebenwirkungen", doch wird es hier arrangementmäßig gewaltig aufgebrezelt. Überhaupt: Die Produktion von "Genial" - allererste Sahne! Mächtige Gitarrenwände, fette Bläsersätze, Druck und Dynamik an allen Ecken und Kanten - hier wurde geklotzt statt gekleckert... Einzig Ostis Röhre könnte an manchen Stellen etwas präsenter im Vordergrund stehen.
'Genial' ist auch die Zusammenarbeit mit Deutschlands knödeligstem Barden: Stefan Stoppok - dem einzigen, der bei 'unsingbaren' Refrains, wie in "Erklärung", noch die Kurve souverän hinbekommt. Großartig auch die Verschwörungstheorien-Persiflage "Hörmerdochuff", die Wasser auf die Mühlen der 'Lügenpresse' - wie unsereins - darstellt.
Im Prinzip die einzige Verschnaufpause stellt der Titelsong dar: "Genial", die obligatorische Monotones-Ballade. Okay, die 'Tiefenschärfe' von "Kopfweh", "...Kino" oder "Normale Härte" wird hier vielleicht nicht ganz erreicht, aber für mindestens zwei über'n Durst reicht das Stück allemal.
Schade nur, dass dem Silberteller gegen Ende der gut sechzig Minuten etwas die Puste auszugehen scheint. "Immer weiter", "Rodgau Style" und das leicht selbstverliebte "Immer noch Spaß" siedele ich persönlich leicht unterhalb des Durchschnitts von "Genial" ein, was natürlich angesichts des verdammt hohen Standards mehr als zu relativieren wäre.
Ob "Genial" das Zeug zum 'Klassiker' hat, wird sich daran messen lassen müssen, ob die Songs in dreißig Jahren die gleiche Live-Präsenz wie die legendären Pendents von "Volle Lotte" besitzen werden. Bis auf vielleicht zwei, drei Stücke haben sie das Zeug dazu!
Fazit: "Genial" ist alles andere als Handkäs' in Tuben! Das ist 'n frischer Roller, eigeleeschd in feine Zwiwwelscher, die für die nödische Tönscher sorsche! Sollte hierüber Zweifel bestehen: Einfach »Zwo Schobbe unn geschunkelt«, dann wuppt das schon!
Line-up:
Peter 'Osti' Osterwold (Gesang)
Kerstin Pfau (Gesang)
Ali Neander (Gitarre)
Raimund 'Ray' Salg (Gitarre)
Matthias 'Mattl' Dörsam (Saxophon)
Joachim 'Joki' Becker (Bass)
Jürgen 'Mob' Böttcher (Schlagzeug)
Gäste:
Hendrik Nachtsheim (Gesang)
Stefan Stoppok (Gesang)
Marc Breitfelder (Harp)
Gernot Dechert (Alt,- Tenor- und Baritonsaxophon)
Frank Zeller (Trompete, Flügelhorn)
Andreas Weil (Posaune)
Ralf Erkel (Akkordeon)
Prinzessin Elsa (Gesang - #10)
Cara und Conny (Gesang - #3,7)
Tracklist |
01:Vollgas (4:14)
02:Mama Lauda (4:16)
03:Wie geil ist das denn (4:11)
04:Wenn's abgeht, dann geht's ab (4:27)
05:Das macht uns keiner nach (4:12)
06:Erklärung (3:45)
07:Hundert Fässer grüne Soße (4:41)
08:E bissie was geht immer (3:35)
09:Hörmerdochuff (5:00)
10:Ein Lied für Dich (3:13)
11:Immer weiter (3:34)
12:Genial (5:01)
13:Ich weiß (4:34)
14:Rodgau Style (4:09)
15:Immer noch Spaß (4:04)
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Externe Links:
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