Robert Greenfield / Exile On Main St.
Exile On Main St. Text: Robert Greenfield
319 Seiten, Hardcover
Medium: Buch
Erschienen im Rogner & Bernhard Verlag, Berlin, 2007
ISBN: 978-3-8077-1030-3, EUR 19,90

Review vom 08.07.2007


Jürgen Bauerochse
Dass die Zeit in den frühen siebziger Jahren in Sachen Rockmusik bzw. Rockmusikern sehr chaotisch war, ist wohl jedem Einzelnen von uns hinreichend bekannt. Die Haare wurden immer länger, Alkohol- und Drogenexzesse nahmen zu und forderten immer öfter ihren Tribut. Nicht umsonst gingen Jimi Hendrix, Janis Joplin und Jim Morrison relativ kurz hintereinander in die ewigen Jagdgründe ein.
Als besonders anfällig für diesen Lebenswandel galten von jeher die Rolling Stones, besser gesagt, Teile der Rolling Stones, oder nach genauer, Mick Jagger und Keith Richards. Stones-Gründer Brian Jones 'bezahlte' diesen Lebenswandel 1969 mit dem Tod.
Im Sommer des Jahres 1971, von dem in diesem Buch die Rede ist, versammelten sich die Stones in der südfranzösischen Villa Nellcote an der Cote d' Azur, um ihr Album "Exile On Main St." einzuspielen. Keith Richards hatte das Anwesen gerade gemietet, als er und die anderen Bandmitglieder ihre englische Heimat aus 'steuerlichen Gründen' Hals über Kopf verlassen mussten.
Was hinter den Mauern dieses Luxus-Baues abging, ist unschwer zu erraten. Es begann die wohl längste und heftigste Fete aller Zeiten. Die Stones waren mit ihrem kompletten Gefolge eingezogen. Frauen, Freundinnen, Kumpel und die persönlichen Dealer waren mit an Bord und verkonsumierten so ziemlich alles, was es zu trinken, rauchen und schnupfen gab. Gram Parsons, Yoko Ono und John Lennon gehörten ebenso zu den täglichen Gästen, wie auch die lokalen Drogenhändler, allen voran 'Les Cowboys', die natürlich das Geschäft ihres Lebens witterten.
So gab es Tag für Tag die wildesten Exzesse mit allen nur möglichen Entgleisungen. Das Regiment im Hause führte einzig allein Anita Pallenberg. Zu dieser Zeit voll auf Heroin mussten alle Anwesenden mit ihren, sagen wir mal 'Launen' klarkommen, was sicherlich nicht ganz einfach zu bewerkstelligen war. Doch auch den guten Keith konnte man in keinster Weise ausrechnen. Nach Lust und Laune war er mal so zugedröhnt, dass ein produktives musikalisches Zusammenspiel nicht möglich war, mal erschien er erst gar nicht zu den angesetzten Proben, die abends im Keller der Villa stattfinden sollten.
Auch Mick Jagger machte den Ablauf der Sessions nicht gerade leichter. Mittendrin verabschiedete er sich mal kurz in die Flitterwochen mit Bianca und ließ den Rest der Band mehrere Wochen lang Däumchen drehen. Auch die Tatsache, dass sich seine junge Braut hartnäckig weigerte auch nur einen Fuß in die Tür der Villa zu setzen, machte ihm die Teilnahme an den Aufnahmen nicht leichter. Erstaunlich, dass "Exile On Main St." trotzdem ein so gutes Album geworden ist.
Auch die ganze Organisation der Aufnahmen war alles andere als optimal. Da das Rolling Stones-Mobil eingesetzt wurde und im Hof der Villa stand, gab es recht lange Wege zwischen Studio und Probenraum. So herrschte ein ständiges Hin und Her von Technikern, denn zwischen den beiden Räumen bestand weder Telefon- noch Funkverbindung. So war also Trimm Dich angesagt, was aber enorm viel Zeit kostete.
Durch die Eskapaden der beiden Bandleader wurde auch die Geduld der anderen Musiker auf eine harte Probe gestellt. Doch Charlie Watts und Bill Wyman waren das ja schon gewohnt. Lediglich der sensible Mick Taylor hatte so seine Probleme mit diesen Extravaganzen. Mehr als einmal fragte er sich, ob sein Eintritt in die Band wirklich der richtige Schritt war und geriet dabei in arge Selbstzweifel. Wie sich drei Jahre später zeigen sollte, waren diese Gedankengänge ja auch nicht ganz falsch. Er passte einfach nicht in das Klischee der Rolling Stones.
"Exile On Main St." ist eine kurzweilige und teilweise amüsante Schilderung des 'ganz normalen' Lebens der größten Rock'n'Roll-Band in dieser Zeit. Gut zu lesen, wie es hinter den Kulissen in diesen erlauchten Kreisen so abging. »It's only Rock'n'Roll, but I like it.« Dieser Satz trifft den Nagel auf den Kopf und dem ist nichts hinzuzufügen!
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