Tokyo Rosenthal / Love Won Out
Love Won Out Spielzeit: 41:31
Medium: CD
Label: Rock And Sock Records, 2008
Stil: Americana

Review vom 07.01.2010


Markus Kerren
Bereits mehr als geschlagene drei Jahrzehnte hat auch Tokyo Rosenthal schon auf dem Buckel, was das Musik-Business anbelangt. Und das ohne jemals wirklich groß in Erscheinung getreten zu sein, was die Erfolgsskala betrifft. Dieser traurige Fakt änderte sich allerdings schlagartig mit der Veröffentlichung seines ersten Soloalbums "One Score And Ten" (2007), nach dessen Erscheinen er plötzlich für große Wellen in der Americana-Szene sorgte. Von da an ging es Schlag auf Schlag und neben Tourneen mit u.a. America wurde er als Highlight von einem gewissen Chris Hillman (Desert Rose Band, Ex- The Byrds, Ex-The Flying Burrito Brothers) persönlich eingeladen, ihn auf einer Tournee als Opening Act zu unterstützen.
Bereits Ende letzten Jahres erschien dann sein zweites, hier zu besprechendes Album mit dem Namen "Love Won Out". Was Rosenthal hier vorlegt, ist eine gelungene Mischung aus Country, Singer/Songwriter, Folk und - ansatzweise - Rock. Als Einflüsse gibt er neben Gram Parsons und den Byrds auch einen Namen an, der sicherlich die größten Spuren bei dem aus Chapel Hill im Bundesstaat North Carolina stammenden Musiker hinterlassen hat. Und das ist kein Geringerer als Gene Clark, der hier - logischerweise bzgl. des Gesangs - doch ein ums andere Mal vor dem geistigen Auge auftaucht. Dazu kommt der interessante Fakt, dass dieses Album irgendwie ein europäisches Feeling hat, das man am ehesten mit dem melancholischen Folk Rock aus Großbritannien, oder um genauer zu sein, Irland und Schottland, vergleichen kann.
Und nein, das ist nicht nur deshalb, weil der erste Track auf den Namen "St. Patrick's Day" hört, denn der ist eher eine gut geradeaus rockende Nummer. Wahrlich nicht, ohne eine gewisse Melancholie vermissen zu lassen. Viel stärker ist dieses Feeling beim zweiten Song, "We Planted Seeds" erkennbar, bei dem neben der Akustischen eine wehmütige Harmonika die Rahmenbedingungen steckt. Nicht nur auf diesen ersten beiden Tracks, sondern über die gesamte Strecke des Longplayers fallen die guten, intensiven Texte auf, die sich fern von jeder Trivialität mit dem Zwischenmenschlichen auseinandersetzen. Gute Lyriker gibt es zwar auch im Musikbereich viele, aber Rosenthal scheint hier doch außergewöhnlich begabt zu sein.
Das Songwriting auf "Love Won Out" lässt ebenso nicht viel zu wünschen übrig. Ungeheuer abwechslungsreich geht es zu und neben den bereits erwähnten Stilen werden immer wieder mal geschickte wohldosierte Lauffeuer von Jazz ("Little Poetry Girl") oder Blues (beim Titeltrack) eingestreut. Witzigerweise erinnert der Gesang hier und da auch mal an Ian Anderson, was besonders bei "Random Noises" zum Tragen kommt, wobei sich der gesamte Titel aber auch sehr nah (inklusive Querflöte) bei Jethro Tull aufhält. Sehr flotten Country gibt es hingegen bei "I Care If You Do" auf die Ohren, selbstverständlich mit Pedal Steel und Fiddle begleitet. Alleine diese Vielfalt macht schon mal richtig Spaß.
Mit einem meiner Lieblingssongs der Scheibe, "Goodnight Carrie, I'm Coming Home" wird das Album auf hohem Niveau balladenmäßig abgeschlossen. Eine tolle Gesangsmelodie, ein ganz gehöriger Batzen Feeling und eine wunderschöne Pedal Steel sind hierbei die Hauptdarsteller. Apropos Pedal Steel: Für die ist übrigens keine geringere Legende als Mister Al Perkins (Ex-The Flying Burrito Brothers, Ex-Stephen Stills' Manassas u.v.a.) himself zuständig. Und obwohl es auf diesem Silberling songtechnisch keinen Ausfall gibt, möchte ich dennoch "A Word for You", "Love Won Out" und das sehr emotionale "We Planted Seeds" als meine weiteren Höhepunkte nennen.
Ja, klasse ist es geworden, das zweite Album von Tokyo Rosenthal. Von starkem Songwriting, sehr guten Lyrics über einwandfreien Sound bis zu hohem Abwechslungsreichtum wird eigentlich alles geboten. Und das Schönste ist, dass wir uns bereits auf den nächsten Streich freuen dürfen. Angekündigt wurde nämlich, dass das dritte Soloalbum "Ghosts" bereits in trockenen Tüchern ist und im Januar 2010 veröffentlicht werden wird. Und wenn Tokyo damit die Klasse von "Love Won Out" halten oder sogar noch ausbauen kann, dann sollte aber auch überhaupt nichts schief gehen. In Anlehnung des Albumtitels geht mein Daumen nach oben und urteilt: Tokyo Won Out!
Line-up:
Tokyo Rosenthal (vocals, acoustic & electric guitars, piano, mandolin, drums)
Alex Little (bass)
Chris Stamey (harmonium & assorted keyboards, bass - #3)
Al Perkins (pedal steel - #5,10)
Bobby Britt (violin - #2,5)
Jeff Taylor (flute - #6,9, bag pipes - #6)
Jeff Lambert (steel guitar - #7)
Raul of Bayonne (conga - #3)
Tracklist
01:Saint Patrick's Day
02:We Planted Seeds
03:Little Poetry Girl
04:Who's To Say What Might Have Been
05:I Care If You Do
06:If I Could Draw My Heart
07:Love Won Out
08:A Word For You
09:Random Noises
10:Goodnight Carrie, I'm Coming Home
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