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Andrea Schroeder / Blackbird
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Nach ihrem Tagwerk verschwindet die Sonne am Horizont. Das aschfahle Licht des Vollmondes reicht nicht aus, um die Nässe der Landstraße zu reflektieren und bei tiefen Temperaturen gebärt die Luft erste Nebelschwaden. Die Straßenlaternen spenden fades Licht. Mit hochgeschlagenem Mantelkragen findet man den Weg in eine Gaststätte. Es ist noch Zeit für ein, vielleicht zwei Getränke. Die Stimmung ist anders, als man es von einer Wirtschaft am Rand der Stadt gewohnt ist. Beim Eintreten bemerkt man den neuen Gast gar nicht. Alle Besucher kennen nur eine Blickrichtung. Eine Band hat ihr Equipment aufgebaut und belegt, dass man mit "Kälte" Wärme erzeugen kann.
Die in Schwarz gekleidete Frau singt:
»… Wenn Gedanken grau im Schneesturm kreisen
ohne Halt und ohne Ziel. Wenn der Frost die Klauen fester in mein schwaches Hirn einkrallt und jedes Wort von dir schon in der Luft gefriert Wie sollst du mich erreichen? In diesem weissen Land? Kristalle, Eis und Stille und nur meine kalte Hand …« Diesen Chanson Noir spielt uns Andrea Schroeder natürlich nicht in einer Gaststube, sondern dieser Song ist der Schlussakkord ihres ergreifenden Albums "Blackbird". Die insgesamt zehn Songs der Platte verbreiten eine eindringliche Atmosphäre zwischen dem Wendepunkt des Tages zur Nacht oder des Herbstes zum Winter. Die Protagonistin verzichtet gänzlich auf so etwas wie Songs, die von anderen Personen zu Papier gebracht wurden. Wie auch, bei dieser sehr persönlichen, intensiven Musik? Da würde eine solche Nummer wirken wie ein Fremdkörper, denn die Songs des vorliegenden Albums sind aus einem Guss.
Die Musik sowie Texte sind Poesie pur. Mit ihren, auch zusammen mit Jesper Lehmkuhl, dem kongenialen Partner an ihrer Herzseite, geschriebenen Liedern reicht uns Schroeder die Hand zu einem Besuch in ihrer ganz eigenen Welt. Einer Welt, die geprägt ist von dem Flair und Treiben einer nächtlichen Großstadt, die sich im Zeitraffer über den Hörer ergießt ... "Bebop Blues".
Produziert hat die Platte Chris Eckman, bestens bekannt als der Frontmann von den
The Walkabouts. Seine musikalisches Wirken verwirklicht er auch bei Dirt Music, L/O/N/G oder im Duo Chris & Carla. Eckman ließ Fingerspitzengefühl walten. Er hat Schroeder ihre Identität als Musikerin gelassen. Seine instrumentalen Beiträge an diversen Instrumenten sind glänzend und beim Einsatz der Gitarre sorgt er für einen bestimmten Wiedererkennungswert. Die Songs brillieren nicht nur durch Tiefe sondern auch mit feinsten Finessen im Arrangement. Ob Streicher, zum Teil, wie im Opener "Paint It Blue", in der Größe eines Orchesters, Harmonium, Cello (Soma Allpass) oder das von Eckman in "Blackberry Wine" eingesetzte Persephone ... alles hat seinen richtigen Platz. "Blackbird" ist eine Platte, die zum Nebenbeihören völlig ungeeignet ist. Dieser kleine Vogel gehört nicht gerade zu meinen Lieblingen, aber in den Händen von Schroeder & Co. wird die 'Schwarzdrossel' zu einer Angelegenheit der Besinnung und Liebe, Liebe zu großartigen Melodien und dunkler Melancholie.
Bemerkenswert und zugleich beeindruckend ist die Tatsache, dass es sich bei vorliegender Platte um das Debütalbum der jungen Berlinerin handelt. Das stellt sich die Frage, was bei der musikalisch grandios umgesetzten Gefühlswelt noch folgen wird, wenn es bereits "Ghost Ship" oder "Winter Days" gibt? Letztgenannter Track lässt die Zeit stillstehen und dass nicht nur, weil die Künstlerin »Time stands still« ins Mikrofon haucht. Ihre Stimme ist definitiv eines ihrer Markenzeichen.
Wer sich von Melancholie und beklemmender, aber nicht einengender Schönheit betören lassen möchte, ist bei Andrea Schroeders "Blackbird" genau an der richtigen Adresse. Fortsetzungen aus der Vogelwelt der Künstlerin werden sehnsüchig erwartet.
Line-up:
Andrea Schroeder (vocals, Wurlitzer, piano, indian harmonium, bells, shrutibox, choir) Jesper Lehmkuhl (guitars, bass, background vocals, choir) Chris Eckman (Hammond organ, electric lead guitar, persephone, choir) Soma Allpass (cello) Ziga Golob (contrabass) Milan Climfe (drums, additional bass, deeper bass, clock, windorgan, leslie) Players From The Prague Metropolitan Symphony Orchestra (strings) Anda Eckman (choir)
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