Brian Setzer / Rockabilly Riot! All Original
Rockabilly Riot! All Original Spielzeit: 39:58
Medium: CD
Label: Surf Dog, 2014
Stil: Rockabilly

Review vom 23.08.2014


Wolfgang Giese
Aufgrund seiner hohen Authentizität, verbunden mit einem hohen individuellen Anteil, faszinierte mich im Jahre 2005 Brian Setzers Tribut an Sun Records. Nun gibt es erneut einen "Rockabilly Riot", aber ohne Coverversionen, sondern "All Original", wie es auf dem Cover zu lesen ist.
Und - egal, ob Brian Setzer covert oder nicht, es fetzt immer, es ist professionell, es ist mitreißend, es ist ganz einfach Rockabilly erster Güte! Dargeboten wird die Musik in einem dichten Klanggefüge. Die nötige Portion Hall drüber gelegt und schon kommt es volle Breitseite aus den Boxen. Diesem treibenden Rhythmen kann man einfach nicht widerstehen. So habe ich spätestens mit dem zweiten Song das Gefühl, ich müsste Purzelbäume schlagen - ruhig bleiben ist hier außen vor. Alle drei Musiker sind echte Profis und zeigen dies auch durchgehend. Trotzdem erzeugen sie eine unglaubliche Frische, Unbekümmertheit und Spontaneität, wie man es manchmal nur von Newcomern oder Amateuren kennt.
Alles - so im Booklet zu lesen - wurde, bis auf das Overdubbing des Gesangs, live eingespielt und alles, bis auf die Gitarre, ist akustisch. Gleich beim Eröffnungstitel bemerke ich, dass die Stimme des Protagonisten noch einen Tick rauer geworden ist, was insofern zur Musik passend ist. Sowohl Gitarre und Piano liefern sogleich quirlende und engagierte Soli ab - ein Einstieg nach Maß und mit dem "Rockabilly Blues" schleicht sich entsprechend der Blues ein. Hart treibend rockt der Song voran, bis ich dann beim nächsten Song wohltuend wahrnehme, wie gewaltig die Musik swingt, und ebenso, dass die Musiker es blendend verstehen, außerhalb des begrenzten Rockabilly-Schemas immer wieder kleine Nuancen einzubauen.
Überhaupt ist allen Songs die ungeheuer flüssig gespielte Gitarre gemein. Setzer geht damit um, als wäre es ein Leichtes, diese Läufe ganz locker aus dem Ärmel zu schütteln. Mit "What's Her Name" wird das Tempo dann ein wenig zurückgefahren. Wiederum schimmert ein wenig Blues durch und das passt, denn der Song erinnert mich doch ein wenig an den "Summertime Blues" von
Eddie Cochran. Die Dampforgel, auch Calliope (nach der Muse Kalliope) genannt, ist eine Orgel, deren Pfeifen nicht mit Luft, sondern mit Wasserdampf betrieben werden. Sie bildet auf dem siebten Track eine skurrile Zugabe - es klingt ein wenig wie eine der großen Orgeln in Amsterdam.
Ein weiterer Gast meldet sich auf dem sanft shuffelnden "The Girl With The Blues In Her Eyes" zu Wort: Paul Franklin, der Pedal Steeler, der auf fast jeder Mainstream-Countryplatte aus Nashville zu hören ist. Hier wirkt seine Kunst auf artfremden Terrain, fast eine kleine Schnulze ist dieser Song und Brian wird ganz sentimental. Hier wirkt seine Stimme ein wenig unsicher - ja, ein Crooner wird er wohl nicht mehr werden. Bei "Stiletto Cool" klackern Gitarre und der Bass wieder ordentlich und das Stück erinnert mich an die Stray Cats - nicht nur der Songtitel ist es, auch der Titel an sich ist so richtig cool. Das alles wirkt so unglaublich locker und professionell überlegen, man hat immer wieder das Gefühl, hier wird Rockabilly der Ersten Liga präsentiert. Aber so ist es ja auch, die Musik dieser Platte beweist erneut die Spitzenstellung dieser Formation. Nach dem melancholischem "Blue Lights, Big City", das wie aus den Fünfzigern klingt, rockt es uns zum Schluss noch einmal gewaltig entgegen. Yeah - diese Musik macht Spaß und wer hier nicht emotional berührt wird, könnte eventuell tot sein.
Zum Schluss noch eine Tatsache, die Brian Setzer im Booklet zusammenfassend darstellt: »What you are hearing is four great rockabilly musicians kickin' ass!« So hört es sich dann auch an...

Einerseits gefallen mir die Aufnahmen des Sun-Tributs noch immer ein ganz klein wenig besser, weil sie mich emotional ein Stückchen mehr berühren, aber andererseits haben die Musiker mit dieser Platte den Geist des guten alten Rockabilly bewahrt und ihn etwas neu eingekleidet, ohne die Tradition und die Urväter des Genres zu verleugnen.
Line-up:
Brian Setzer (guitar, vocals)
Mark Winchester (bass)
Noah Levy (drums)
Kevin McKendree (piano)
Chris Pelcer (calliope - #7)
Paul Franklin (pedal steel - #8)
Jody Nardone (background vocals - #11)
Tracklist
01:Let's Shake
02:Rockabilly Blues
03:Vinyl Records
04:Lemme Slide
05:Nothing Is A Sure Thing
06:What's Her Name
07:Calamity Jane
08:The Girl With The Blues In Her Eyes
09:Stiletto Cool
10:I Should'a Had A V-8
11:Blue Lights, Big City
12:Cock-A-Doodle Don't
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