Charly Schreckschuss Band / Ne Menge Leben
Ne Menge Leben Spielzeit: 44:02
Medium: CD
Label: Schreckschuss Records, Moon Sound Records, 2007
Stil: Blues & More

Review vom 12.06.2007


Joachim 'Joe' Brookes
Rainer Beutin, alias Charly Schreckschuss, schon seit 30 Jahren (Bandgründung 1978) im Musik-Business aktiv, legt seine neueste CD vor, in der nicht nur ein Haufen Lebenserfahrung, sondern natürlich auch vielschichtige Musik steckt.
Gesucht, gefunden! So könnte man das Line-up zu "Ne Menge Leben" nennen.
Sowohl der Rattles-Mann Manni Kraski an der Gitarre als auch Bernd Ohnesorge (Bass) und Kurt Buschmann (Saxofon, Cajon) bringen jede Menge Erfahrungen mit. Die Harmonie in der Band ist deutlich zu spüren.
Steve Baker (Chris Jones/Abi Wallenstein & Blues Culture) und Kai Dorenkamp (Yellow Moon) fungieren als Ergänzungsspieler.
Rock, Blues, Boogie… die Vielfalt der CD ist bodenständig, teilweise in Mundart gesungen und von daher abwechslungsreich gestaltet. Nachdem es seit der Tour 2002 etwas still um die Band wurde, wirkt die Musik richtig frisch, denn die gesundheitlich bedingte Pause wurde kreativ genutzt.
Ein echter Überraschungsmoment des Albums ist "Tosom", was soviel wie zusammen heißt: Von einer akustische Gitarre eingeleitet lässt der Norddeutsche zwei Jodler los. Diesen Grooove kennen wir und wenn es zum plattdeutschen Text kommt, ist man mittendrin, denn es handelt sich um eine saustarke Reproduktion des Canned Heat-Hits "Let's Work Together". Eine starke, ganz starke Interpretation des Klassikers.
Das war es dann auch schon zum Thema Coversongs. Alle anderen Tracks wurden von Beutin oder im Team geschrieben.
Ein richtiger Rock'n'Roller mit definitivem Stimmungsfaktor ist "Gedeckter Apfelkuchen". Die Rhythmusabteilung legt einen fetzig groovenden Teppich aus, über dem sich das Saxofon und die akustische und elektrische Gitarre austoben können. Up-Tempo-Mucke, die über die Gehörgänge direkt in die Füße geht. Herrlich, wie man sich textlich über einen Kuchen auslassen kann.
Gestochen scharf ist das Miteinander der akustischen und elektrischen Gitarren-Sounds, schon im Opener und Titeltrack zu hören und zieht sich wie ein roter Faden durch die gesamte CD.
Wenn es in "Averakø" um Wasser, Strand und See geht, ist Kai Dorenkamp mit seinem Akkordeon am Ruder und der Refrain wird durch einen herrlichen Ladies-Chor unterlegt. Gesungen wird abermals in Mundart.
"Zeit" wird durch Kurt Buschmanns Saxofon zu einer verträumten nachdenklich machenden Rock-Ballade. Im gleichen Fahrwasser befindet sich "Jetzt küsst mi nur noch der Blues". Emotionsgeladener Slow-Blues, von Beutin mit Inbrunst gesungen. Recht sparsam fällt die Instrumentierung mit akustischer Gitarre, Cajon und verstärkter Gitarre aus, was die Nummer nur noch intensiver macht. Einsamkeit und innere Leere prängen den Song, wenn Beutin singt:
»… Doch ik schiet op de Arbeit und vergrob mi deep in Selbstmitleid…
Ist nix mehr mit Kribbeln im Buk…
Dat Hart het wedder mal 'n paar Narben,
Ploster hölpt dor nicht, …«
Ja, Rainer ich weiß, wie das ist, zumindest aus einigen von dir auf den Punkt gebrachten Situationen im nächsten Track. "Versteihst du disse Leed" ist Steve Baker-Terrain und wenn der die Harp spielt, weiß jeder, was die Stunde geschlagen hat.
Hatten wir es zu Beginn der CD mit einer Art Hommage an den gedeckten Apfelkuchen zutun, kommen wir in Beutins Blues-Küche nun zum "Sommersalat". Der Text, geschrieben vom Protagonisten persönlich, ist ein echter Kracher und ein Abgesang auf alles, was sich um das Thema Diät rankt. Klasse in jeder Hinsicht. Jede Menge Leben auf dem Album. "Sommersalat" ist ein Highlight und darf getrost als Anspieltipp dienen.
Mit tollen Hooklines und einem schönen Refrain wird das von der Band geschriebene "Ich will raus" versehen und mit seiner getragenen Stimmung avanciert es zu einem echten Ohrwurm.
"Mir fehlen die Worte" ist nochmals der Titeltrack, allerdings ohne Text, dafür aber mit vielen 'Bidadam', 'Lalala' und anderen vokalen Gimmicks versehen.
Der Charly Schreckschuss Band ist mit "Ne Menge Leben" eine tolles Album gelungen, das auch nach mehreren Hördurchgängen nie langweilt. Im Gegenteil: Es sollte häufiger gehört werden, denn man kann die vielen Details erst richtig entdecken, wenn man die Repeattaste drückt.
Das Leben liefert so viele Anlässe für Song-Ideen. Man muss sie nur umsetzen können und das ist Beutin & Band gelungen.
Line-up:
Rainer Beutin (Gitarre, Gesang)
Bernd Ohnesorge (Bass)
Kurt Buschmann (Saxofon, Cajon)
Manni Kraski (Gitarre)
Steve Baker (Mundharmonika)
Kai Dorenkamp (Akkordeon)
Tracklist
01:'ne Menge Leben (3:38)
02:Geisterbahn (3:30)
03:Gedeckter Apfelkuchen (3:03)
04:Zuckerpuppe (3:01)
05:Tosom (4:01)
06:Averakø (3:46)
07:Zeit (4:02)
08:Jetzt küsst mi nur noch der Blues (3:38)
09:Versteihst du disse Leed (4:15)
10:Sommersalat (3:08)
11:Ich will raus (4:21)
12:Mir fehlen die Worte (3:35)
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