Wenn man
David Shelleys faszinierende Biografie liest, wird klar, dass der Mann durch und durch ein Blueser ist - weit mehr als das kürzlich besprochene
Trick Bag preisgab. Das war eine bärenstarke Neuentdeckung - derart bullig, dass schon ein beherzter Griff zu "That's My Train" nötig war, um eine gewisse Skepsis zu überwinden. Doch: Überraschung! Hier wartet kein traditionelles Blues-Relikt, kein erneuter Versuch, einem künstlich am Leben gehaltenen Siechenden eine Frischzellenkur zu verabreichen, sondern ein eher modern-elektrisches Blues-Album. Es ist beachtlich, wie
David Shelley und seine
Bluestones traditionelle Bluesklänge aufgreifen und in ein erfrischendes, zeitgemäßes Gewand kleiden.
Nehmen wir nur mal guten alten Shuffle, für viele der Inbegriff des verschnarchten Blues. Hier beruft sich
Shelley auf "That's My Train" mehr als einmal auf den großen
Stevie Ray Vaughan. Das war auch so einer, der begriffen hatte, dass viele den Wertkonservatismus wie eine Monstranz vor sich her tragen, um den Mangel an Bereitschaft, überkommende Strukturen aufzubrechen, effektheischend zu verbergen. [Man erinnere sich in diesem Zusammenhang an die verständnislosen Zuschauerreaktionen, bei
SRVs erstem Montreux-Auftritt!!!] Bei
Shelley klingt der Shuffle ebenfalls taufrisch, man höre nur mal "Too Far Gone", "Loving You" oder "One Fine Day". Hier nimmt man einen Erneuerer wahr, der obendrein sehr wohl verstanden hat, dass 'Innovation' als reiner Selbstzweck ebenfalls kein Wert an sich ist!!
Meine beiden absoluten Favoriten sind "Enough Love" und "You Wreck Me". Der erstgenannte lässt bereits mit seinem glutvollen Muscle Shoals-Feeling erahnen, was
Shelley und seine inspiriert agierende Truppe mit "Trick Bag" zwei Jahre später fortzusetzen gedachten. Vor allem die (weiblichen) Chöre im Refrain verleihen diesem Southernrocker eine gehörige Portion 'Soul'. Der letztgenannte bricht das starre Slow Blues-Korsett in an
Robin Trower erinnernder Manier auf und verleiht der ganzen Chose damit einen enormen Dampf und Druck; woran vor allem
Youngs Hammond und
Scotts explosive 'Lead' einen großen Anteil haben. Obendrein gefällt mir das abschließende "Soul Sucker" ganz besonders, weil es mit seinem Country-Charme völlig aus dem Rahmen fällt.
Dagegen verfangen sich die beiden klassischen Slow Blues-Nummern, obwohl frisch und keinesfalls abgestanden, bei mir nur halbherzig, aber das ist eine ganz persönliche, aus einem gewissen Völlegefühl geborene Konsequenz. Selbst meinen Hund kann man mit Slow Blues nicht mehr vom warmen Ofen weglocken... bei einem Mistwetter wie heute schon gar nicht ;-)
Irgendwie bin ich hin und her gerissen, zum Glück muss ich mich nicht entscheiden, welches Album von David Shelley & Bluestone mir besser gefällt. "That's My Train" fehlt zwar weitgehend der Southern Twang von "Trick Bag", dafür bringt es einen derart herzhaft-erfrischenden Blues Rock, wie ich ihn schon lange nicht mehr goutiert habe. Zudem ist es erfreulich, dass der Shelley nach so einem tollen Album einfach eine Biege macht und was völlig Neues angeht. Trotzdem vermute ich mal stark, dass die 'Trickkiste' bei mir als altem Southernrocker ein bisserl öfter geöffnet wird...