Genesis ist/war nicht Japan. Die Band hatte nie das globale Standing der 1967 gegründeten Art Rock-Combo. Peter Gabriel ist nicht David Sylvian. Aber dennoch ergibt sich eine Parallele zwischen den beiden Männern. Bezogen auf die künstlerische Kreativität agieren beide Künstler auf Augenhöhe, auch wenn Sylvian für eine andere Art von musikalischer Ausrichtung steht als ein Gabriel.
Geboren wurde er 1958 als David Alan Batt und war Sänger der New Wave/Post Punk-Band Japan, die von 1974 bis 1982 existierte. 1989/1990 wurde die Gruppe kurzfristig wiederbelebt. Man nannte sich dann Rain Tree Crow und der Longplayer "Rain Tree Crow" stammt aus dieser Zeit. "Adolescent Sex", "Tin Drum" sowie "Oil On Canvas" sind herausragende Alben von Japan. Nach der Trennung waren die Band-Mitglieder in verschiedenen Projekten aktiv. Richard Barbieri spielt zum Beispiel bei Porcupine Tree. Mick Karn arbeitet mit Migde Ure, Peter Murphy ( Bauhaus), Kate Bush, Joan Armatrading und anderen. Am 04.01.2011 verstarb Karn an einer Krebserkrankung. Steve Jansen (Schlagzeug) ist Sylvians Bruder und ihre künstlerischen Wege kreuzten sich häufig.
In seiner Solo-Karriere hat der Protagonist mit vielen unterschiedlichen Musikern/Künstlern zusammengearbeitet. An erster Stelle darf hier Ryuichi Sakamoto (Yellow Magic Orchestra) genannt werden. Abgesehen davon, dass Sakamoto bereits bei Japan mitwirkte, sind "Bamboo Houses", "Bamboo Music" und "Forbidden Colours" die ersten Songs, die Sylvian mit dem Japaner noch während der Japan-Zeit komponierte. Auf vorliegender Compilation "A Victim Of Stars" werden diese Songs dokumentiert. "Forbidden Colours", Soundtrack zum Film "Merry Christmas, Mr. Lawrence" gibt es hier selbstredend in der bearbeiteten Vokal-Version, die sich durch ihr Arrangement deutlich von der Sakamoto-Piano-Ausgabe unterscheidet.
Mit "Red Guitar" beginnt die Auswahl von Titeln, die auf regulären Sylvian-Alben erschienen sind. "The Ink In The Well" und "Pulling Punches" vervollständigen ein Song-Trio vom Debüt "Brilliant Trees". Der britische Sänger verknüpft auf beeindruckende Weise Jazz, Funk und Ambient. Diese Nummern aus seiner frühen Solo-Karriere belegen, wie großartig sein Songwriting ist. Mitwirkende sind unter anderem John Hassell, Holger Czukay, Danny Thompson ( John Martyn, Pentangle oder Richard Thompson) und Kenny Wheeler.
Der Album-Nachfolger "Gone To Earth" ist entschieden atmosphärischer und deutlich hört man Robert Fripps Gitarren-Bearbeitung heraus. "Taking The Veil" sowie "Silver Moon" sind beste Beispiele für Sylvians Weg in die Tiefen des Ambient-Genres. Brillant! Übrigens: Joseph Beuys ist im hier nicht vertretenen Track "The Healing Place" zu hören.
"Secrets Of The Beehive" war und ist eine hervorragende Standort-Bestimmung aus dem Jahr 1987. Der in Beckenham, Kent geborene Engländer verknüpft Jazz mit Streicher-Elementen und bleibt seiner Stärke, der Mischung aus richtungweisendem Avantgarde/Ambient treu. "Waterfront" ist einfach genial. Dreißig Jahre sind eine verdammt lange Zeit, in der Sylvian seinen Stil ständig weiterentwickelt hat. Die Rückkehr als Ex-Japan-Band Rain Tree Crow fand mit "Rain Tree Crow" (1991) statt und diese Platte steht deutlich unter dem Einfluss von David Sylvian, was jetzt in keiner Weise negativ gemeint ist. "Every Colour You Are" ist ein traumhafter Trip.
Ganz allgemein prägen filigrane Arrangements die Song-Strukturen. Es sind ausgefeilte Stücke, die in jeder Phase seines Werdegangs verdeutlichen, dass eine derartige Musik ins Herz trifft und fernab von Sterilität angesiedelt sind. Die wunderbare Welt eines David Sylvian wird auf "A Victim Of Stars" mit kleinen Ausnahmen einer strengen Chronologie unterworfen. Diese Entscheidung verleiht dem Doppel-Album mit über zweieinhalb Stunden Musik eine zusätzliche Stärke. Man muss nicht unbedingt ein eingefleischter Fan des Protagonisten sein, um die beiden Platten am Stück zu hören.
Als ein wahrer Meister des Genres entpuppt sich der Sänger mit der einfühlsamen Stimme in den Tracks, die vom Album "Blemish" stammen. Hammer! Hier wird Musik auf allerhöchstem Niveau geboten. Minimalismus in Vollendung bietet "The Only Daughter". Gänsehaut pur! Großstadt-Feeling der anderen Art ist "Late Night Shopping". Sylvian hat sich von allen Konventionen gelöst.
Eine weitere Band aus Sylvians Umfeld heißt Nine Horses und das Album dazu "Snow Born Sorrow". Sein Bruder Steve Jansen trommelt auch hier mit und Sakamoto ist immer noch der Kollaborateur Nummer eins. Jazz und Ambiente leben auf und herausragend ist "The Banality Of Evil" mit Morten Gronvad am Vibrafon und Hayden Chisholm mit seinen Saxofon-Fills sind brillant. Viele der hier beteiligten Begleitmusiker stammen aus den skandinavischen Ländern.
Nachdem die erste CD mit einer Remix-Version von "Ghosts" loslegte, endet die fantastische "A Victim Of Stars"-Reise mit einem bisher unveröffentlichten Track namens "Where's Your Gravity? ...", herrlich!
Dreißig Jahre David Sylvian, dreiunddreißig Songs, zweieinhalb Stunden hervorragende Ambient-/Avantgarde-Musik aus der Hand eines Mannes, der eine fast so ruhige Karriere hinter sich hat, wie es seine Kompositionen zum Ausdruck bringen. Das Doppelalbum ist ein komprimierter Klangkosmos, der alle Aspekte und außerordentlichen Fähigkeiten des Künstlers offenbart. So gesehen kann man in Ruhe zugreifen und entsprechend genießen.
Tracklist |
CD 1:
01:Ghosts [Remix] (3:47)
02:Bamboo Houses (5:21)
03:Bamboo Music (5:40)
04:Forbidden Colours (5:58)
05:Red Guitar (5:09)
06:The Ink In The Well (4:29)
07:Pulling Punches (5:02)
08:Taking The Veil (4:40)
09:Silver Moon (6:19)
10:Let The Happiness In (5:37)
11:Orpheus (4:51)
12:Waterfront (3:26)
13:Pop Song (4:34)
14:Blackwater (4:22)
15:Every Colour You Are (4:46)
16:Heartbeat (Tainai Kaiki II) (5:17)
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CD 2:
01:Jean The Birdman (4:16)
02:Alphabet Angel (2:06)
03:I Surrender (9:25)
04:Darkest Dreaming (4:01)
05:A Fire In The Forest (4:41)
06:The Only Daughter (5:57)
07:Late Night Shopping (2:54)
08:Wonderful World (6:02)
09:The Banality Of Evil (8:02)
10:Darkest Bird (5:03)
11:Snow White In Appalachia (5:59)
12:Small Metal Gods (5:09)
13:I Should Not Dare (3:24)
14:Manafon (4:05)
15:Where's Your Gravity? (For Kristamas) (5:20)
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Externe Links:
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