Deutsche Texte sind peinlich - dieses Vorurteil widerlegen etliche Bands Tag für Tag. Ich war schon schwer geneigt, es ins Reich der Fabeln und Sagen einzuordnen. Doch dann begab es sich... nein, nicht vor langer, langer Zeit, sondern just dieser Tage, dass mir ein Lied begegnete, das unmittelbar diesem Fabelreich entsprungen sein muss.
»Zieh dich langsam aus...« mit einer sanften schönen Melodie unterlegt, baut sich eine sehr angenehme und durchaus erotisch angehauchte Stimmung auf. In meine Gedanken schleicht sich das Bild eines Paares, verführerisch tanzend und KLATSCH wie ein Eimer eiskaltes Wasser trifft mich die Textpassage » ...der Unterrock reicht«.
Mag sein, dass ich zu sehr der Generation Röhrenjeans verhaftet bin oder es mit dem Männerverstehen grade mal nicht so ganz funktioniert, aber beim Wort 'Unterrock' steht vor meinem inneren Auge schlagartig eine Oma, über 80-jährig in besagtem Kleidungsstück. Lila-rosa-geblümt, die neckischen Liebestöter blitzen unterm (Unter-)Rocksaum hervor und entlocken mir ein schallendes Lachen.
Ausreißer? Kann ja mal vorkommen?
Leider bestätigt sich diese Hoffnung nicht. 'Reim dich oder ich fress dich'-Lyrik zieht sich über den ganzen Silberling. Die Texte sind floskelhaft und bedeutungsschwanger und entlocken beim Hören immer wieder Grinsen oder gar lautes Lachen.
»Ich hatte mich schon schick gemacht
und auch Geschenke mitgebracht
Tata... was ich alles hab
Hurra, was für ein schöner Tag« schallt es im Titelsong und auch wenn der Inhalt ('rübergemachter' Ossi besucht die Verwandten in der alten Heimat) noch die Überlegung aufkommen lässt, ob dabei Ironie im Spiel sein soll (was ich durchaus für wahrscheinlich halte), macht es das nicht wirklich besser.
Auch "Barcelona", das von einer gescheiterten Liebe erzählt, fällt in die Rubrik 'gut gemeint ist nicht gleich gut gemacht'. Eine Aneinanderreihung von Daten und Jahreszahlen, vermischt mit einer schwülstigen Ansammlung von Plattitüden macht durchaus erkennbare gute Ansätze platt.
Gut gemeint ist auch die äußere Aufmachung, die zwar ganz sicher auffällt, aber leider nicht unbedingt im positiven Sinn. Mich lassen die Blechtrommel mit den davor gekreuzten Blechtröten auf der Vorderseite und und die klebrigen Süßigkeiten, die sich als Bild unter der CD verbergen an einen Kindergeburtstag denken, der allerdings mit dem Silberling nun wirklich gar nichts zu tun hat. Das ziemlich grob gepixelte Logo der Cactus Rock Records wirkt - sorry - auch nicht unbedingt professionell, zumal mir irgendwie dämmert, dass Tracklist, Label-Logo und Barcode auf der Rückseite des Digipack wahrscheinlich sinnvoller aufgehoben wären, als im Innenteil. Zumindest dann, wenn daran gedacht sein sollte, die Scheiben eingeschweißt im normalen Handel zu vertreiben...
So wirklich überzeugen kann mich nur der vierte Song, der, nicht nur was die Sprache angeht, aus der Reihe fällt. Das "Who Do You Love"-Cover kommt in einer Version daher, die wirklich perfekte Hintergrundmusik für ein nettes Café oder auch eine schöne Bar sein könnte. Denn eigentlich ist das vom Ansatz her nicht uninteressant, was Mathias Schüller & Band da aufspielen: Klaus Lage meets Udo Lindenberg in einer Bar, ok die Stimme erreicht nicht ganz das Volumen der großen Vorbilder. Melodiös, langsam und mit einem gewissen Flair. Der Gesang an sich ist durchaus nicht unangenehm und die Band könnte ganz sicherlich nette und unter Umständen auch kommerziell erfolgreiche Musik abliefern, wenn, ja wenn sie ihre Lyrics in eine Sprache übersetzen würden, die garantiert niemand hier versteht.
Line-up:
Mathias Schüller (Gesang, Gitarre und Orgel)
Heinz-Bernd Hövelmann (Gitarre)
Arnold Rissel (Bass)
Klaus Baumgart (Schlagzeug)
Tracklist |
01:Feuerland
02:Tata
03:Barcelona
04:Who Do You Love
05:Das Einzige was bleibt
06:Am Ende der Welt
07:Hippie & New Wave
08:Mit Engels Zungen
09:Verrückt nach dir
10:Verliebt in eine Geste
11:Phantasmogaria
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