Mavis Staples / We'll Never Turn Back
We'll Never Turn Back Spielzeit: 57:54
Medium: CD
Label: Anti-, 2007
Stil:Soul-Blues

Review vom 28.06.2007


Joachim 'Joe' Brookes
Mavis Staples schreibt im Booklet:
»When we started our family group, The Staple Singers, we started out mostly singing in churches in the south. Pops saw Dr. Martin Luther King speak in 1963 and from there we started to broaden our musical vision beyond just gospel songs… We became a major voice for the civil rights movement and hopefully helped to make a difference in this country…«
2004 hatte die Sängerin mit Have A Little Faith bereits den Gipfel ihrer Karriere im Blickfeld und jetzt hat sie ihn definitiv erreicht.
Erschien das letzte Album auf Alligator Records, begab sich die fast 70-Jährige für "We'll Never Turn Back" vertrauensvoll in die Hände des in Los Angeles angesiedelten Labels Anti- und dieser Wechsel ist gut, denn sie befindet sich dort in illustrer Gesellschaft von Bettye LaVette, Daniel Lanois, Nick Cave and The Bad Seeds oder Danny Cohen.
Monstermäßig besetzt war der Vorgänger zum aktuellen Album mit fast 30 Musikern, die Sänger und Sängerinnen nicht mal mitgezählt.
Für "We'll Never Turn Back" begab sich die Staples mit dem Ry Cooder-Clan ins Studio. Gitarrist Cooder hat keinen unwesentlichen Anteil am Gelingen des Albums, denn er hat es, zusammen mit Sohnemann Joachim, produziert. Darüber hinaus auch Songs arrangiert und zusätzliche Texte geschrieben.
Highlights sind ohne Zweifel die gesanglichen Beiträge von… klar, Mavis Staples, aber auch Ladysmith Black Mambazo sowie den Freedom Singers Rutha Harris, Charles Neblett und Bettie-Mae Fikes, die alle keine Unbekannten im Zusammenhang mit der Menschenrechtsbewegung sind.
Schon der Opener, "Down In Mississippi", aus der Feder von J.B. Lenoir ist deliziös. Den kräftigen Rhythmus des Originals sowie die akustische Gitarre beibehaltend, gewinnt der Track durch Cooders Mandoline. Man schüttelt nur mit dem Kopf, weil Mavis Staples unglaublich gut drauf ist, mit einer enormen Emotionalität singt. Schon hier stehen Ladysmith Black Mambazo mit unnachahmlichen Stimmen am Mikrofon. Die Kombination aus Elementen des Originals und eigenen haut einen vom Hocker.
Mavis Staples improvisiert, denn sie ergänzt den Song mit eigenem Text.
Eigene Texte in Addition zu den ursprünglichen, auch das ist ein Motto der CD. Die Platte enthält fast ausschließlich traditionelle Songs und durch die neuen Texte werden diese in die Gegenwart tranferiert.
"Eyes On The Prize" steht im Zeichen von Jim Keltner (drums) und Joachim Cooder (percussion), die den Track mit einem vertrackten Rhythmus unterlegen. Ry Cooder spielt eine stellenweise bedrohliche Slide-Gitarre und Ladysmith Black Mambazo geben dem Refrain Tiefe.
Ab Track vier sind dann The Freedom Singers mit am Mikro. "In The Mississippi River", "This Little Light Of Mine" und "99 And ˝" hatte die Gesangscombo bereits in den Sechzigerjahren in ihrem Programm.
Das Vokaltrio eröffnet auch "In The Mississippi River" a capella. Staples singt im Duett mit Charles Neblett, der eine herrlich tiefe Stimme hat. Zunächst wird der Song nur mit sparsamen Drums und Bass unterlegt. Cooder spielt ebenfalls eher sparsam aber effektiv auf seiner Gitarre. Der Refrain verleiht der Nummer eine hypnotische Wirkung. Anspieltipp!
Hoppla, in "This Little Light Of Mine" ist deutlich ein Saxofon zu hören. Da stellt sich die Frage, wer das spielt, denn gelistet wird im Booklet niemand. Trotzdem ein klasse Song, der, zunächst ruhig beginnend, immer kräftiger wird und die Band folgt der Sängerin auf Schritt und Tritt.
Tatsächlich ist es so, gerade beim Thema Menschenrechte: 99,5% reichen da nicht. Wieder haben Cooder und Staples für "99 And ˝" den Text aktualisiert und man vergleicht die Gegenwart mit den 60er-Jahren. Musikalisch ist der Song, von Joachim Cooder arrangiert, im Gesamtgefüge des Albums schon eine flottere Nummer, in der R. Cooders Instrument einen asiatischen Einschlag hat. Einerseits werden die Songs durchaus neu interpretiert, haben aber stets einen Wiedererkennungsfaktor.
Zentrales und längstes Stück der CD ist "My Own Eyes", das Cooder sen. komponiert hat. Der Text stammt von der Sängerin. Mavis Staples reflektiert ihre gesamten Lebenserfahrungen mit den Einflüssen, die Martin Luther King auf sie und ihre Familie hatte. Es ist schon brillant wie sich die Band, insbesondere aber Ry Cooder, in den Dienst der Sängerin stellt.
Der Titelsong ist ebenfalls im Archiv der Freedom Singers zu finden und Ry greift zur Mandoline. Alles aus einem Guss. Alles macht Sinn. Weniger ist oft mehr.
Ein Lob geht an Joachim Cooder, der "I'll Be Rested" komponiert hat. Begleitet von Harfen-ähnlichen Klängen beeindruckt die Kombination Staples/The Freedom Singers erneut.
"Jesus Is On The Main Line" beendet mit bestem Gospel-Gesang überzeugend eine CD, auf der eine glaubwürdige Mavis Staples mit Soul, Emotionen und Verve singt. Eine Band, mit einem sehr guten Ry Cooder, die sich in den Dienst der Sängerin stellt.
"We'll Never Turn Back" ist eine überaus gelungene Kombination aus Retrospektive und Präsens. Verdammt groß ist der Spiegel, der uns vorgehalten wird und für einen ganzen Haufen Politiker sollte das Album zum Pflichtprogramm gemacht werden. Besser jetzt, als gar nicht.
Line-up:
Mavis Staples (vocals)
Ry Cooder (guitars, mandolin)
Mike Elizondo (bass, piano)
Jim Keltner (drums)
Joachim Cooder (percussion)
Ladysmith Black Mambazo (backing vocals - #1, 2, 3)
Rutha Harris (backing vocals - #4, 5, 6, 7, 9, 11, 12)
Charles Neblett (backing vocals - #4, 5, 6, 7, 9, 11, 12)
Bettie-Mae Fikes (backing vocals - #4, 5, 6, 7, 9, 11, 12)
Tracklist
01:Down In Mississippi (4:57)
02:Eyes On The Prize (4:06)
03:We Shall Not Be Moved (4:31)
04:In The Mississippi River (4:26)
05:On My Way (4:10)
06:This Little Light Of Mine (3:22)
07:99 And ˝ (4:46)
08:My Own Eyes (7:18)
09:Turn Me Round (3:52)
10:We'll Never Turn Back (4:06)
11:I'll Be Rested (5:44)
12:Jesus Is On The Main Line (6:31)
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