Patti Smith / The Document
The Document Spielzeit: 62:56 (CD), 80:00 (DVD)
Medium: CD/DVD
Label: Chrome Dreams (inakustik), 2012
Stil: Rock

Review vom 27.10.2012


Markus Kerren
Um das gleich mal am Anfang klar zu stellen: "The Document" ist kein offizieller Output von Patti Smith, sondern - bezüglich der DVD - vielmehr eine Abhandlung ihrer Karriere und Alben (wobei der hauptsächliche Fokus auf den Alben der siebziger Jahre liegt), kommentiert von unterschiedlichen Leuten aus der Szene wie unter anderem dem Biographen Victor Bockris, dem Rockkritiker Robert Christgau, aber auch dem Produzenten (von "Radio Ethiopia") Jack Douglas.
Das Ganze ist schön in einzelne Kapitel unterteilt, die ihr frühes Leben, die vier Siebziger-Alben und dann noch die weiteren Scheiben nach der fast zehnjährigen Pause bis einschließlich "Gung Ho" aus dem Jahr 2000 abhandelt. Es werden die Zeit in der Provinz von New Jersey nacherzählt, in der ihr Entschluss reifte Künstlerin zu werden, ihr Umzug nach New York City 1967, die langsame aber stetige und mit viel Arbeit verbundene Entwicklung in eine Poetin und schließlich Musikerin. So auch ihre lebensverändernden Begegnungen mit Robert Mapplethorpe sowie Lenny Kaye, der bis zum heutigen Tag ihr Gitarrist und engster musikalischer Mitarbeiter ist.
Den Löwenanteil des Films nehmen wie bereits erwähnt die vier Studioalben "Horses" (1975), "Radio Ethiopia" (1976), "Easter" (1978) und "Wave" (1979) ein, bevor die gute Patti dann Fred 'Sonic' Smith (Ex-MC 5, Ex-Sonic Rendevouz Band) heiratete, sich nach Detroit zurückzog und zwei Kinder bekam. Großes Augenmerk wird natürlich auf das sagenhafte Debüt "Horses" (mit der grandiosen Eröffnungszeile »Jesus died for somebodies sins, but not mine...«) gelegt, das vor 37 Jahren einschlug wie eine Bombe und den Namen der Protagonistin über Nacht in den Köpfen unzähliger Musikfans explodieren ließ.
Nur ein Jahr später folgte das persönliche Lieblingsalbum des Rezensenten, "Radio Ethiopia", das allerdings kommerziell ein totaler Griff ins Klo war. Überaus interessant sind hier die Beiträge des damaligen Produzenten Jack Douglas, der ein bisschen aus dem Nähkästchen plaudert und durchaus Dinge zu erzählen hat, die auch dem gut belesenen Smith-Fan neue Informationen bieten können. Im Januar 1977 forderte die wilde Liveshow der Musikerin ihren Tribut, als sie während eines Auftritts in Tampa, Florida von der Bühne stürzte, sich einen Halswirbel brach und damit selbst monatelang aus dem Verkehr zog.
Logischerweise wurden aber auch die vielen, ans Bett gefesselten Tage und Monate kreativ genutzt. 1978 war Patti Smith zurück und legte mit "Easter" (und dem sich darauf befindlichen Song "Because The Night", eine Co-Komposition mit Bruce Springsteen) ihren größten kommerziellen Erfolg und schließlich weltweiten Durchbruch vor. Auch "Wave" wird noch einmal (zu Recht) sehr kritisch unter die Lupe genommen und alle Beteiligten sind sich einig, dass das Feuer hier schon zum größten Teil erloschen bzw. Patti desillusioniert war und Frau Smith in Gedanken bereits im Familienleben angekommen war.
Davon abgesehen, dass weder die Protagonistin noch eines ihrer damaligen Bandmitglieder auch nur ein einziges Wort zu diesem Projekt beitrug, gibt es doch alte Live-Ausschnitte oder mal Interview-Schnipsel zu sehen. Die diesem Package beigefügte CD enthält insgesamt sechs Interviews, die Patti Smith in den Jahren zwischen 1976 bis 2005 gab. Und selbst wenn man sich diese CD höchstwahrscheinlich nicht allzu oft anhören wird, so bietet sie dennoch interessantes Material. Diese Frau hatte und hat etwas zu sagen. Somit also eine sehr schöne Ergänzung zur DVD, wobei natürlich gewisse Kenntnisse der englischen Sprache von Nöten sind, um der guten Frau Schmitt auch folgen zu können.
Letztendlich ein sehr kurzweiliges Paket, bei dem die DVD natürlich das Herzstück ist. Wenn man nicht den Fehler macht, hier komplette Songs oder exklusive Beiträge von Patti Smith und ihrer Group zu erwarten, dann wird man gut unterhalten. Es wird sehr viel geredet und der Musikanteil stellt maximal zehn Prozent dar, aber die Geschichte dieser Frau und ihrer Band wird informativ erzählt. Auch wenn die Alben von 1988 bis 2000 im Vergleich dann eher stiefmütterlich behandelt werden, so bekommt man hier einen guten, informativen Eindruck, was zur jeweiligen Zeit abging und vor allem auch, worum es ging.
"The Document" ist, worauf der Titel ja bereits hindeutet, eine Dokumentation, erzählt von Wegbegleitern. Sicherlich kein Muss, aber definitv sehr interessant und ein guter Einstieg für alle, die sich vor eventuellen zukünftigen Käufen der Alben erstmal eine unterhaltsame Vorstellung der Protagonistin gönnen wollen.
Line-up:
Patti Smith (vocals, guitars)
Lenny Kaye (guitars, vocals)
Ivan Kral (bass, guitars)
Richard Sohl (keyboards)
JayDee Daugherty (drums)
Tracklist
CD:
01:Interview 2005
02:Interview (year unknown)
03:Interview 2002
04:Interview 1976 I
05:Interview 1976 II
06:Interview 1979
DVD:
01:Early Years
02:Horses
03:Radio Ethiopia
04:Easter
05:Wave
06:Later Work
07:Bonus-Material
Externe Links: