Rachael Sage / The Blistering Sun…
The Blistering Sun… Spielzeit: 62:03
Medium: CD
Label: MP Press Records, 2005
Stil: Singer/Songwriter

Review vom 17.08.2008


Joachim 'Joe' Brookes
Telefonbücher brauchte die Rachael Sage als Vierjährige bestimmt. Denn wie sollte sie sonst an die schwarzen und weißen Tasten kommen, um Klavierspielen zu lernen. Bühnenerfahrung bekam sie durch Auftritte bei Talentwettbewerben und Schul-Aufführungen.
Sie hatte Ballett-, Theater- sowie Gesangsunterricht und diese Ausbildung, gepaart mit einer gehören Portion Talent zahlte sich aus. Die Bühne der Schul-Aula wurde gegen die in Clubs ersetzt und so bekam Sage immer mehr Anhänger.
Als Siegerin des Lilith Fair Talent Search im Jahr 1999 sammelt sie danach Preise wie andere Platten. Ein Blick auf die Preisliste ist schon lohnend, denn sie spiegelt die musikalische Vielfalt der Pianistin, Sängerin und Songwriterin wider: Mal ist es die Kategorie Folk, dann Indie, Rock, Pop Ballade, R&B, Jazz oder Gospel.
Stellen wir uns vor, Rachael Sage sitzt auf einer Schaukel, die am Ast eines Gartenbaums befestigt ist und schon kann man die beiden Umkehrpunkte einer Schwingung mit Pop und Jazz bezeichnen.
Die fünfzehn Songs ihres siebten Albums "Blistering Sun" befinden sich dazwischen…
Das Line-up ist verdammt lang: Mit zwei Drummern, Gitarristen sowie Cellisten und drei Bassisten kann da schon einmal Verwirrung entstehen. Dann sind da noch weitere fünf Musiker… Bekommt man die alle unter einen Hut? Die Antwort lautet klar und unmissverständlich: Ja!
Alles gestandene Musiker(innen) passen sie perfekt in den Rachael Sage-Kosmos.
Conrad Korsch hat die dicken Saiten unter anderem bei Madeleine Peyroux oder Rod Stewart gezupft, Todd Sickafoose ist Ani DiFrancos Bassist, Ben Butler wie auch Jack Petruzelli haben auch schon einige Alben-Stationen hinter sich, ebenso Julia Kent (Sheryl Crow, Rufus Wainwright, Norah Jones)
Das Album ist ein glanzvolles Stück Musik.
Aussagekräftige Texte, verpackt in wunderbare Sounds, mal flott, selten poppig, mal jazzig oder auch von sanfter Art.
"Blistering Sun" ist ein leuchtendes Beispiel dafür, wie eine begnadete und unbelastete Musikerin ihre Gefühle sowie Gedanken in Wort und Klang grandios umsetzen kann.
Sich hier als Rosinenpicker zu betätigen, wäre Perlen vor die Säue werfen, denn auf das Album projektiert haben wir es mit fünfzehn prächtigen Kompositionen zutun.
Bis auf "Anything Anywhere" (Melissa Ferrick) hat die Protagonistin alle Songs geschrieben und eine weitere kleine, wenn auch bewegende Ausnahme bildet der Text zu "93 Maidens", der auf den Briefen von Chaya Feldman beruht. Bekannt ist nicht nur das Tagebuch der Anne Frank.
Feldman hat sich zusammen mit 92 anderen Mädchen für den Freitod entschieden, als sich den Nazis auszuliefern:
»Mama where are you, where have you gone
I need you with me to drink the poison
For I'm nobody's martyr, only a daughter
I'll reach you when I reach heaven«

Aufschäumende Feelings, die in einer Up-Tempo-Nummer, besonders auf den zitierten Refrain bezogen, umgesetzt werden. Von Streichern und Akkordeon begleitet, ist und bleibt dieser Song ergreifend und macht betroffen.
Bei aller Unterschiedlichkeit in der Instrumentierung der Stücke, bleibt ein Element konstant im Vordergrund und das ist Sages Stimme.
Welche Tracks ich besonders mag, sind die mit jazziger Schlagseite. Z.B. "Hit Song", in dem sie eher einen Sprechgesang abliefert und sich Trompeter Russ Johnson so richtig austoben kann. Conrad Korsch ist am Kontrabass unterwegs und insgesamt könnten die knapp drei Minuten glatt als Improvisation durchgehen.
Nicht nur als Sängerin kann die Amerikanerin überzeugen. Auf den Tasten ist sie eine Perfektionistin. Schließlich kennt sie sich darauf ja schon verdammt lange aus. Einzig über ihr Alter deckt sie das Mäntelchen des Schweigens.
"Lonely Streets" hat einen klasse Groove, den sie durch ihr Piano-Spiel in Szene setzt und auch hier finden sich jazzige Parts.
Bewegend ist nicht nur ihre Musik. Um alle Texte im Booklet lesen zu können, muss man, ab "Violet Or Blue", einer intensiven Ballade mit Petruzellis Wah Wah-Gitarre der sanften Art, das Heftchen ständig drehen und wenden. Das aber nur am Rande…
Tori Amos ist stets in aller Munde.
Rachael Sage sollte, nein müsste es auch sein.
"Burning Witch": Sie hat es mit dem Jazz und Russ Johnson, der einfach ein toller Trompeter ist. Sie braucht auch (fast) keine Backing Vocals. Ihre Stimme ist ergreifend genug.
Bei der Klasse der Musik fehlt an und für sich nur ein Stück mit der Sage solo. Nur sie und ihr Piano. Schade, würde aber bestimmt toll sein.
"Blistering Sun", ein treffender Titel für ein herrliches Album mit einem Scheiß-Cover. Entschuldigung, ist aber auch Geschmackssache.
Rachael Sage bekommt für eine sehr gut gefüllte CD, die zeitlose Musik bietet hohe
8 von 10 RockTimes-Uhren.
Line-up:
Rachael Sage (piano, vocals, Wurlitzer, Mellotron, electric harpsichord, celeste)
Doug Yowell (drums - #1, 2, 3, 4, 6, 7, 11, 12, 14)
Dean Sharp (drums - #5, 8, 9, 10, 13)
Jeff Allen (bass - #2, 3, 4, 6, 7, 11, 12, 14)
Conrad Korsch (bass - #5, 8, 9, 10, 13)
Todd Sickafoose (bass, percussion - #15)
Ben Butler (guitar - #2, 3, 4, 12, 14)
Jack Petruzelli (guitar - #5, 7, 9, 10)
Russ Johnson (trumpet, flugelhorn - #1, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10, 12, 14)
Allison Cornell (violin, viola - #3, 5, 7)
Julia Kent (cello - #4, 7, 9, 10, 11, 15)
Dave Eggar (cello - 3, 13)
Marianne Osiel (oboe, flute - #9, 10, 11)
Julie Wolf (organ - #13, 14)
Rob Curto (organ, accordion - #3, 4, 6, 7)
Edie Carey (backing vocals - #2, 11)
Tracklist
01:Alright, OK (3:46)
02:Featherwoman (3:47)
03:93 Maidens (2:56)
04:Wildflower (3:40)
05:Violet Or Blue (4:18)
06:Lonely Streets (3:24)
07:Older (4:56)
08:Hit Song (2:39)
09:Burning Witch (5:03)
10:Paperlane (3:55)
11:Proof (3:40)
12:Surprise (4:40)
13:Anything Anywhere (4:22)
14:C'mon Over (5:13)
15:Calypso (5:27)
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