Rod Stewart / Still The Same...
Great Rock Classics Of Our Time
Still The Same...Great Rock Classics Of Our Time Spielzeit: 46:41
Medium: CD
Label: J Records (Sony BMG), 2006
Stil: Pop Rock

Review vom 06.11.2006


Markus Kerren
'Hoppla' war mein erster Gedanke. Und 'Yippieeeeee!!!' der zweite, nachdem ich mehrfach im Internet lesen durfte, dass 'Rod, the Mod' nach den für mich eher uninteressanten letzten 25 Jahren seiner Karriere anscheinend zu seinen Wurzeln zurückgekehrt ist und wieder ein richtiges Rockalbum rausbringen will.
Dass er das noch kann, wenn er denn will, daran bestand für mich nie ein Zweifel. Und außerdem gab es des Öfteren auch Statements, dass er wieder mit seinem alten Kumpel und
Jeff Beck Group/The Faces-Partner Ronnie Wood zusammenarbeitet. Also erstmal ein guter Grund zur Vorfreude, als mich der bloße Gedanke daran in fiebernde Rock'n'Roll-Träume fallen ließ. So weit, so gut.
Aber dann, ich starre entgeistert auf das Cover der neuen CD, nehme den gebürtigen Schotten in Satin-Jacket und mit abgewetzter Jeans auf einem Sessel lümmelnd wahr, lese entrückt den unheilvollen Titel "Still The Same...Great Rock Classics Of Our Time" und bemerke erst dann Rods schelmischen Blick, der die augenzwinkernde Botschaft 'Hab' dich reingelegt, oder?' sendet.
Oh weh, das scheint nicht der Beginn einer engen Freundschaft zu werden, zumal der Blick ins Booklet verrät, dass sämtliche dreizehn Songs wohlbekannt sind und kein einziger von Stewart selbst ist. Auch Ronnie Wood wird mit keiner Silbe erwähnt.
Egal, rein damit in den Player, schließlich hat der Mann in seiner fast 40-jährigen Karriere schon Unmengen an Coversongs nicht nur großartig interpretiert, sondern manchmal sogar besser gebracht, als die Originale waren.
John Fogertys "Have You Ever Seen The Rain" aus glorreichen Creedence-Tagen macht den Anfang, hat aber nichts von deren Power, ist eher gemäßigt, gemütlich. Die Verzweiflung von Fogerty ist verschwunden und man hat eher das Gefühl, dass hier jemand im Wohnzimmer vor seinem offenen Kamin sitzt, der noch nie im Regen stand und sich wundert, wie sich das wohl anfühlen würde.
Elvin Bishops "Fooled Around And Fell In Love", "I'll Stand By You" und Bob Segers "Still The Same" fließen behäbig, oft begraben unter Streicher-Arrangements aus den Boxen. Rod singt...nett. Er macht halt seinen Job und die Band besteht aus Studio-Assen, die ihren Beruf beherrschen, keine Frage. Mich wundert nur, wo die Passion bleibt? Rod, wo bist du???
Wenn dies hier das von dir angekündigte 'zurück zu den Wurzeln-Album' sein soll, dann ist definitiv irgendwas auf der Strecke geblieben. Und ich habe den starken Verdacht, dass du das selbst bist. Bzw. etwas, das du mal hattest, das aber irgendwann auf dem Ritt durch die Jahre vom Wagen gefallen sein muss.
Und dann kommt mit Track Nr. 5 "It's A Heartache", 1977 ein Riesenhit für Bonnie Tyler. Im Jahr 2006 gräbt sich Stewart damit allerdings sein eigenes Rock'n'Roll-Grab. Mann, ist das peinlich. Suchst du nach einem neuen Fan-Kreis, Roddy? Neee, schon klar, perfekt eingespielt und schön von 'Rod, The Pop' eingesungen. Vor meinem geistigen Auge bilden sich allerdings die deutlichen drei Buchstaben 'S.O.S' und meine Ohren empfangen die verzweifelte Mitteilung: 'Houston, wir haben ein Problem!!!' Die Stimmung ist im Keller.
Songmäßig gibt es zwar außer "Everything I Own" (das vor ca. 20 Jahren auch von Boy George gesäuselt wurde) keinen weiteren Faux-Pas mehr, aber keine einzige Nummer dieses Albums (darunter Hochkaräter wie Dylans "If Not For You", "Love Hurts" oder Van Morrisons "Crazy Love") erreicht auch nur annähernd die Original-Version.
Warum? Weil wir es mit einem Jukebox-Album zu tun haben, das aufgenommen wurde, weil eben ein Album aufgenommen werden sollte. Im Prinzip wird hier ein Auftrag erledigt, der allen Enthusiasmus oder auch nur Freude an der eigenen Arbeit vermissen lässt. So ein bisschen wie ein ungeliebter Büro-Job, nur wesentlich besser bezahlt.
Nee, Rod, dass war ja wohl echt nix! Oh, halt, es ist letztendlich doch mehr als nichts: Es ist eine gnadenlose Enttäuschung. Vielleicht hatte ich ja viel zu viel erwartet, aber selbst ohne diese Erwartungen gibt es für einen Rock-Fan an diesem Produkt nichts schön zu reden.
Aber gewonnen hast du ja doch. Ich werde "Still The Same..." nämlich kaufen und meiner Schwiegermutter zu Weihnachten schenken. Die mag dich mit diesem Zeug nämlich. Aber einen Gefallen könntest du mir trotzdem tun, nur der Wahrheit Willen: Ersetze im Albumtitel das Wort 'Rock' doch bitte mit 'Pop', das trifft deine Arbeit dann wesentlich deutlicher. Und mach' in Zukunft bloß keine Versprechungen mehr, du verprellst damit nur Leute, die dich wirklich mal richtig geil fanden!
Abschließend bleibt festzuhalten, dass "Still The Same..." nur deshalb haarscharf an der Rubrik "Zeitverschwendung" vorbeistreift, weil die Produktion und die Band nahezu perfekt sind, Rods Stimme immer noch einzigartig ist und er die Töne trifft.
Ich für meinen Teil werde mir dieses Album in ca. 30 Jahren probeweise nochmal antun. Dann bin ich 70 und kann mich vielleicht schon gar nicht mehr daran erinnern, dass Rod Stewart mich mal mit Killersongs wie "Sweet Little Rock'n'Roller", "Hot Legs" oder gar "Stay With Me" (um nur mal ein paar der bekannteren in die Runde zu werfen) weggeblasen hat. Gott bewahre...
Tracklist
01:Have You Ever Seen The Rain
02:Fooled Around And Fell In Love
03:I'll Stand By You
04:Still The Same
05:It's A Heartache
06:Day After Day
07:Missing You
08:Father & Son
09:The Best Of My Love
10:If Not For You
11:Love Hurts
12:Everything I Own
13:Crazy Love
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