Eigentlich vollkommen ungeplant hatte Eric Clapton mit seinem Unplugged-Konzert beim Musiksender MTV Anfang der Neunziger eine ganz eigene Welle ins Rollen gebracht. Die Sendung war so erfolgreich, dass sich MTV spontan dazu entschloss, dieses Konzept so lange weiter zu führen, wie es sich vermarkten ließ. Viele große Namen sollten Clapton folgen. Und so ließ es sich auch Rod Stewart nicht nehmen, im Fernsehstudio einzulaufen und seine Spuren bei dieser Reihe zu hinterlassen.
Um ganz ehrlich zu sein, hatte mich das hier vorliegende Konzert vor knapp zwanzig Jahren im Fernsehsessel ziemlich gelangweilt. Es mag aber sein, dass das an den ewigen Werbepausen lag, am ziemlich glatten Sound oder vielleicht hat sich auch mein Geschmack über die Jahre etwas geändert. Denn wenn ich mir das Teil jetzt so anschaue, dann gefällt mir das - von kleinen Abstrichen abgesehen - doch ziemlich gut. Los geht es mit dem recht flotten "Hot Legs", das richtig schön treibt und Stewart bei sehr guter Stimme zeigt. Gefolgt von dem ersten Schmachtfetzen in Gestalt von "Tonight's The Night", dem man aber ebenfalls seine gute Qualität nicht absprechen kann.
Rod Stewart ist allerbestens gelaunt und hatte vor dem Event ein paar richtig gute Gedankengänge. So lud er sich jede Menge Musiker (u. a. Jim Cregan, Kevin Savigar) von seiner Solo-Band aus den Siebzigern ein und obendrein war auch Ronnie Wood mit von der Partie, mit dem er an diesem Abend zum ersten Mal seit der Auflösung der Faces wieder vor Publikum zusammen spielte. Und das ist ein großer Pluspunkt, denn die beiden albern eigentlich die ganze Zeit herum und man merkt, wie sehr sie es genießen, diese Nummern mal wieder zum Besten zu geben. Eine weitere sehr gute Idee Stewarts war es, sich größtenteils auf seine älteren Songs aus den Siebzigern zu konzentrieren, was er dann auch extra noch mal erwähnt.
Der Schotte hatte ja auf seinen Soloalben von früh an ein besonderes Augenmerk darauf gelegt, neben den rockigen Tracks auch immer genügend eingängige Balladen für Single-Auskopplungen am Start zu haben. Aber außer dem von mir schon immer (egal von wem) ungeliebten Song "People Get Ready" hatte er für dieses Set eine richtig gute Auswahl getroffen, selbst auf "Sailing" verzichtete er an diesem Abend. Platz gemacht wurde für von ihm ansonsten sehr selten (wenn überhaupt) live gespielte Titel wie "Handbags & Gladrags" von seiner Debüt-Scheibe (1970), "Cut Across Shorty", "Mandolin Wind" oder "Every Picture Tells A Story".
Aber natürlich sind mit dem schon erwähnten "Tonight's The Night", "Maggie May", Van Morrisons "Have I Told You Lately" oder der Tom Waits-Coverversion von "Tom Traubert's Blues (Waltzing Matilda)" ganz dicke Hits des Fussball-Verrückten dabei. Letzeres kann bezüglich der Original-Aufnahme von Waits zwar nie übertroffen werden, aber dass Stewart ein extrem guter Interpret von Fremd-Kompositionen ist, hat er (wie hier auch) ja schon seit Anbeginn seiner Karriere bewiesen.
Und schließlich wird zum Ende der DVD (die mit Sam Cookes "Having A Party" beendet wird) in Gestalt des einzigen Hits der Faces ("Stay With Me") noch einmal richtig fett abgerockt. Rod hält es während der gesamten Show des Öfteren nicht auf seinem Barhocker und er muss zwischendrin immer wieder mal Dampf ablassen. Ronnie Wood steuert starke Soli bei, sehr oft auch mit Bottleneck. Die gesamte Band klingt sehr erdig und angenehm, wenn vielleicht auch ein bisschen glatt und die Streicher halten sich glücklicherweise doch sehr zurück. Ob es tiefschwarzer britischer Humor war oder einfach aus praktischen Gründen so gehandhabt wurde, dass Stewart bei "Mandolin Wind" ein Banjo spielt, sei mal dahin gestellt (sarkastischer Kommentar von Ronnie vor dem Song: »Oooh... das ist immer mein Lieblings-Teil jedes Konzerts... wenn Rod ein Instrument spielen muss...«.
Die CD-Version (mit unterschiedlicher Song-Reihenfolge) hat gleich vier zusätzliche Songs zu bieten. Erstens wäre da das immer wieder schöne "The First Cut Is Deepest" (im Original von Cat Stevens), gefolgt vom "Highgate Shuffle" mit Woods sehr starkem Slide-Spiel, dem superben "Gasoline Alley" (vom gleichnamigen Album, wie das Debüt ebenfalls von 1970) und schließlich "Forever Young", die bei zur Zeit der Ersterscheinung dieser Unplugged-Scheibe alle als (Maxi-) Single-B-Seiten verbraten wurden.
Abschließend kann ich dieses Teil aus heutiger Sicht ruhigen Gewissens empfehlen. Sicherlich nicht essentiell, was das Lebenwerk von Rod Stewart angeht, aber immerhin ist diese erfreuliche Setlist jederzeit ganz locker genießbar und verbreitet viel gute Laune.
Line-up:
Rod Stewart (lead vocals, banjo on "Mandolin Wind")
Ronnie Wood (guitars, background vocals)
Carmine Rojas (drums)
David Palmer (guitars)
Jeff Colub (piano & organ)
Charles Kentiss III (piano, organ & accordion)
Kevin Savigar (guitars)
Jim Cregan (guitars, violin & mandolin)
Don Teschner (accordion & mandolin)
Phil Parlapano (background vocals)
Dorian Holly (strings)
Darryl Phinnessee (strings)
Fred White (strings)
Tracklist |
DVD:
01:Hot Legs
02:Tonight's The Night
03:Cut Across Shorty
04:Reason To Believe
05:Every Picture Tells A Story
06:Maggie May
07:People Get Ready
08:Handbags & Gladrags
09:Have I Told You Lately
10:Tom Traubert's Blues (Waltzing Matilda)
11:Mandolin Wind
12:Stay With Me
13:Having A Party
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CD:
01:Hot Legs
02:Tonight's The Night
03:Handbags & Gladrags
04:Cut Across Shorty
05:Every Picture Tells A Story
06:Maggie May
07:Reason To Believe
08:People Get Ready
09:Have I Told You Lately
10:Tom Traubert's Blues (Waltzing Matilda)
11:The First Cut Is The Deepest
12:Mandolin Wind
13:Highgate Shuffle
14:Stay With Me
15:Having A Party
16:Gasoline Alley
17:Forever Young
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Externe Links:
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