Nachdem
Saga im vergangenen Jahr ein
Doppelkonzert mit
Marillion in Berlin bestritten hatten, bei dem durch den Ausfall von Keyboarder
Jim Gilmour leider nur ein Kurzprogramm absolviert werden konnte, sind sie nun in voller Pracht zurück. Zudem haben sie noch mit
Mike Thorne einen neuen Drummer angeheuert, der sein Fach sehr gut versteht und sich im Postbahnhof Berlin auch keineswegs zurückgehalten hat. Natürlich waren nicht nur meine Augen öfter auf ihn gerichtet. Der Mann ist eine große Bereicherung für die Band, bringt frischen Druck in die Musik, singt bei einigen Stücken auch den Background, und ist, wie viele Drummer, ein Meister des Sticktwirlings.
Mit fast fünfzehn Minuten Verspätung, die das Publikum in völliger Dunkelheit ausharren musste, traten
Saga ohne Vorprogramm auf die Bühne.
Michael Sadler, unumstrittener Star der Band, zieht die Menge sofort in seinen Bann. Seine Gestik und Mimik zu den Songs ist absolut passgenau. Er liebt es sich in Szene zu setzen und bietet genügend Futter für die Fotografen und Besucher, die ihre Smartphones heiß laufen lassen können.
Das Bühnenbild ist sehr schlicht gehalten. Ein großer Vorhang verhüllt den Backstagebereich. Auf zwei Podesten befinden sich das Drumset und die Keyboard-Galerie. Kein unnötiger Firlefanz stört die Optik, alles sieht sehr sauber und aufgeräumt aus. Die Beleuchtung lässt anfangs sehr zu wünschen übrig, wird aber im Verlaufe des Abends deutlich besser. Besondere Effekte sind Fehlanzeige, es geht heute nur um die Musik, und die hat es in sich. Die Band ist in extrem guter Spiellaune.
Sadler animiert die Fans in sehr gutem Deutsch ihre Wünsche für das Programm zu äußern, und verspricht das alle ihm zugerufenen Titel gespielt werden. Er ist an diesem Abend sowieso sehr kontaktfreudig. Zum einen entschuldigt er sich oft für den Ausfall vor einem Jahr, und zum anderen sucht er regelrecht den Dialog mit den Fans. In dem recht kleinen Saal des Postbahnhofes ist das auch kein Problem, zumal der auch nicht ganz gefüllt ist. Ich muss zugeben, dass ich über den Besucherstrom sehr enttäuscht bin.
Saga haben immerhin in all den Jahren eine kontinuierlich gute Leistung erbracht, und mit "20/20" erneut ein vernünftiges Album veröffentlicht. Sie sind über die Jahre stets ihrer Linie treu geblieben und haben somit mehr Aufmerksamkeit verdient. Vielleicht liegt es daran, dass die Tickets mit fünfzig Euro am obersten Limit liegen und dadurch viele lieber den warmen Herbstabend in Berlin genossen haben, um sich das Festival Of Lights anzusehen.
Der Spielfreude der Band tut das mangelnde Interesse keinen Abbruch, und so wird ein Wunsch nach dem anderen erfüllt. "Framed", "The Cross", "Humble Stance" und "Six Feet Under" sind nur einige der Highlights. Von der neuen CD kommen lediglich zwei Songs zum Zuge, die aber bei den Gästen gut ankommen und entsprechend mit Applaus honoriert werden. Keyboarder
Jim Gilmour bekommt die Gelegenheit seine Virtuosität an den Tasten in einem Solo zu beweisen, und der neue Drummer legt anschließend in seinem Solo gleich noch eine Schippe drauf. Im vergangenen Jahr wurde der durch einen Unfall verletzte
Gilmour vom Berliner Lokalmatador
Andreas Gundlach vertreten, der es geschafft hatte, an einem Nachmittag wenigstens das Rahmenprogramm auswendig zu lernen, damit das Konzert nicht abgesagt werden musste. Der Rest der Show gehört
Michael Sadler. Ihn zu beobachten ist ein wahrer Augenschmaus. Kahl geschoren, schweißtriefend in eng anliegenden Klamotten bewegt er sich ohne Pause über die Bühne. Er singt sehr mitreißend und gefühlsbetont, läuft dabei immer wieder zu seinen Keyboards, um sich mit
Gilmour zu 'battlen', und ist sich auch nicht zu schade, den Bass zu zupfen, um
Jim Crichton zu entlasten, während der den Synthesizer bearbeitet.
Nach kurzweiligen neunzig Minuten ist das Fest der Sinne leider schon vorüber. Mit den Gassenhauern "Wind Him Up" und "Don't Be Late" werden noch zwei Zugaben nachgelegt. Wie ich finde, in Anbetracht des hohen Preises, viel zu wenig. Aber nun denn... Die Tour läuft noch ein paar Wochen, auch mit weiteren Terminen in Deutschland, siehe unsere Tourdaten, und ich kann, trotz des hohen Preises einen Besuch nur empfehlen. Saga sind immer einen schönen Konzertabend wert.