Wie bekommt man möglichst viele Songs in die vorgegebene Spielzeit? Indem man sich nicht mit unnötigen Ansagen aufhält. Zur Freude der etwa eintausend Fans im ehrwürdigen Huxleys, die ein Programm geboten bekommen, das gegensätzlicher kaum sein kann. Melodischer progressive Rock trifft auf klassischen Hardrock. Saga gegen Magnum, oder auch Kanada gegen England, um es mal im Sinne der bevorstehen Fußball-WM auszudrücken. Wobei diese Konstellation eher unwahrscheinlich sein dürfte. Das Ergebnis ist in beiden Fällen von vorneherein klar, England geht als Gewinner aus dem Saal. Saga haben gekämpft bis zur letzten Sekunde, dabei alles gegeben, besonders Michael Sadler und der Hammer Drummer Mike Thorne, der für mich an diesem Abend die herausragende Person ist. Als bekennender Fan der Kanadier bin ich mit dem Konzert überaus zufrieden, aber der Kontrahent in diesem Doppel-Headlinerkonzert hat mir trotzdem besser gefallen. Magnum hat gerockt, dass der Boden gebebt hat. Zudem war der Sound deutlich besser.
Obwohl in einem Monat eine neue CD von Saga, mit dem Titel "Sagacity", erscheinen wird, gibt es keinen einzigen Song daraus. Altes und bestens Bewährtes wird gespielt, und da das Quintett in Berlin die Show eröffnet, müssen sie sich bei der Länge ihres Programmes leider etwas zurückhalten. Knapp über eine Stunde dauert ihre Vorstellung und nach nur einer Zugabe ist Finito. Dabei geht gerade in den letzten zwanzig Minuten völlig die Post ab, als die langen Instrumental-Parts zelebriert werden und Thorne hinter seiner querstehenden Schießbude total ausflippt, bis die Kiste fast vom Podest kracht. In der Pause treffe ich ihn kurz hinter der Bühne. Er macht einen entspannten Eindruck und hat nicht eine Schweißperle auf der Stirn.
Trotz Kurzprogramm legen Saga eine enorme Spielfreude an den Tag. Sadler entertaint ohne Pause. Seine Gestik ist grandios, sein Deutsch wird immer besser und neben seinem Part als zweiter Keyboarder, kann man ihn inzwischen auch als Bassist bewundern. Gitarrist Ian Crichton hält sich wie gewohnt bei seinen Bewegungen sehr zurück, brilliert aber mit außergewöhnlichem Gitarrenspiel. Anders hingegen sein Bruder Jim. Steht er nicht bedingt an seinem Synthesizer, läuft er permanent mit dem Bass in der Hand über die Bühne. Er kommt mir heute, im Gegensatz zu vorangegangenen Konzerten in Berlin, etwas nervös vor und bringt somit für mein Empfinden Unruhe in die Band.
Passend zur Musik liefert die Technik eine sehr schöne Lightshow. Leider ist im gleichen Atemzug die Soundanlage äußerst mangelhaft eingestellt. Sadler ist oft nur sehr schwach zu hören und der Bass dröhnt die meiste Zeit.
Saga legen einmal mehr ein super Konzert hin und haben hoffentlich nicht nur mich dazu animiert, bei ihrem nächsten Gastspiel vor Ort erneut dabei zu sein.
Während der Pause findet nicht nur ein kompletter Wechsel der Bühnenbestückung statt, sondern auch viele der Saga-Fans verlassen den Saal. Zum einen schade und zum anderen finde ich es etwas respektlos der kommenden Band gegenüber. Aber das muss jeder für sich selbst entscheiden. Die Hardrocker rücken in die vorderen Reihen vor, die Pausenuntermalung wird etwas heftiger und auch bei mir steigt die Neugier auf Magnum. Für mich eine Band, die zu meiner Schande, während der vergangenen Jahrzehnte völlig an mir vorbeigegangen ist. Ich sehe sie heute zum ersten Mal live.
Lauthals werden der Band Toni-Rufe entgegengebracht, als sich die Fünf im Dunkeln zu ihren Plätzen schleichen. Nicht etwa Sänger Bob Catley, im hellblauen Dinnerjacket, ist der Star von Magnum, sondern der eher unscheinbare Gitarrist Tony Clarkin. Selbst beim Spielen hält er sich überwiegend zurück. Seine Gitarre ist sehr leise und weder ein Lächeln noch sonst eine Geste machen auf ihn aufmerksam. Deshalb ist dieser Hype für mich völlig unverständlich, zudem Catley eindeutig der Showmen ist. Seine Stimme ist klasse und seine Bewegungen erinnern an einen Theaterschauspieler. Ergänzt wird er dabei sehr gut von Bassist Al Barrow, der ebenfalls unermüdlich auf der Bühne unterwegs ist.
Magnum haben vor Tourbeginn ihr neues Album bereits veröffentlicht.
Escape From The Shadow Garden
ist der Titel und wir haben bereits sehr positiv darüber rezensiert. Geschickt in die Publikumseuphorie zum Konzertbeginn, wird sogleich der neue Song "Live 'Til You Die" präsentiert und mit großer Begeisterung aufgenommen. Im Verlauf der Show folgen mit "Unwritten Sacrifice" und "Falling For The Big Plan" noch zwei weitere Stücke aus ihrem neuen Werk. Der Rest des Abends besteht aus einem 'Best Off' ihrer langen Karriere.
Ihre Musik ist im Vergleich deutlich druckvoller und mitreißender, da einfach geradliniger Rock ohne Schnörkel und Klangvariationen, wie bei Saga. Sie ziehen das Publikum weit mehr mit und ich merke an meiner eigenen Reaktion und derer, der um mich Stehenden, dass sie heute Abend viel besser sind als ihr Vorgänger. Sicher ruhen sich beide Bands auf ihren Klassikern aus, wer macht das nicht gerne, dennoch kommen Magnum im Gesamtpaket besser rüber. Ihre Musik ist weniger kompliziert und man kann sich beim Hören einfach ausruhen und treiben lassen, während Saga ständig Aufmerksamkeit fordert.
Auch Magnum setzt rein auf die Musik und lässt jegliche Effekte außen vor. Für den Einen mag dadurch der Aha-Efekt fehlen, aber der Großteil im Saal will ohnehin nur ordentlich abfeiern und dafür ist kräftiger Rock bestens geeignet. Höhepunkt und Abschluss des Hauptprogramm ist natürlich ihr beliebtestes Werk "Kingdom Of Madness". Die Menge tobt und gibt somit deutlich zu verstehen, wer heute Abend das Sagen im Saal hat. Magnum hatte auch wesentlich mehr Spielzeit und darf sogar zwei Zugaben nachlegen, wobei "The Spirit" für diesen grandiosen Abend viel zu lahm ist. "Sacred Hour" beweist zum Schluss aber noch einmal, dass die Band zur Oberklasse der Klassik Rock-Liga gehört.
Insgesamt bekommen die Fans bei diesem Doppel-Headliner-Event für ihre fünfzig Euro jede Menge sehr gute Musik geboten. Einige Abstriche beim Sound sind zu verschmerzen. Der Rest ist Top und ein Wiedersehen und Hören garantiert.
Vielen Dank an das Concertbuero-Zahlmann, Go-On-Promotion und Janine Lerch für die Akkreditierung.
Line-up Magnum:
Bob Catley (vocals)
Tony Clarkin (guitar)
Al Barrow (bass)
Harry James (drums)
Mark Stanway( keyboards)
Line-up Saga:
Michael Sadler (vocals, keyboards)
Ian Crichton (guitar)
Jim Crichton (bass)
Mike Thorne (drums, vocals)
Jim Gilmour (keyboards)
Saga
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