Vielleicht hat es ja auch etwas Positives, wenn Luise Gruber, aka Saint Lu beim österreichischen Starmania nicht gewonnen hat.
Die junge Sängerin mit einer wirklich markanten und nicht alltäglichen Stimme hat des Öfteren ihre sieben Sachen gepackt und die Einsamkeit ihres Zuhause verlassen. Einerseits trieb es die damalige Abiturientin nach Austin, Texas. Im Zickzackkurs ging es kreuz und quer durch die Staaten, bis sie schließlich in New York Station machte. Dort arbeitete sie mit befreundeten Musikern.
Zurück in ihrer Heimat stand zunächst die Schauspielschule auf dem Programm.
Kurz vor der Abschlussprüfung wurde diese Ausbildung geschmissen. »Die wollten mich sowieso schon im ersten Jahr wegen meiner "nicht normalen" Stimme raushauen.«
Danach stand wirklich die Musik im Vordergrund.
Mit eigener Band wurde im Studio eine Demoplatte aufgenommen und an verschiedene Produzenten verschickt. Angebissen hat schließlich Produzent Patrik Majer ( Wir sind Helden).
Wieder Koffer packen und ab nach Berlin.
Mittlerweile liegt das Ergebnis, bei Warner Music erschienen, vor. Man hat weder Kosten noch Mühen gescheut und ein richtig krachendes Ding entstehen lassen. Unter anderem waren die Musiker wieder auf Achse. Nach München ging es, um dort Christian Lohrs Keyboards aufzunehmen.
Bei den Aufnahmen assistierte auch Jake Roeder.
Ui, dann taucht noch eine weitere Adresse auf: Die Abbey Road Studios in London, »wo Bläser und Streicher unter der Leitung von Steve Sidwell... eingespielt wurden.«
Klasse, dann sind alle Sounds echt.
Man spürt es in jeder nicht vorhandenen Rille der CD: Saint Lus leidenschaftliche Hingabe für das Singen. Die Songs wurden im Duo geschrieben. Der Partner auf ihrem Debüt ist auch gleichzeitig Gitarrist und heißt Peter Weihe. Der ist Professor und ebenfalls Produzent. Alle betreuten nationalen wie internationalen Künstler aufzuzählen wäre hier zu viel des Guten. Aber vielleicht darf es eine Auswahl sein: Udo Lindenberg, Rio Reiser, Peter Kraus, Die Happy, The Rattles, Meat Loaf, Helen Schneider oder Jack Bruce.
Beim Blättern im herrlich gestalteten Booklet fiel mir bei den Musikern direkt der Name Jean-Jacques Kravetz auf. Auch wenn der ohne 'c' im Jacques geschrieben wurde, drückt er in drei Songs die schwarzen und weißen Tasten. Ansonsten, wie bereits erwähnt, ist es Christian Lohr.
Wen haben wir denn noch im Aufgebot für die Platte? Marlon Browden, ein junger Künstler, mittlerweile auch in Berlin beheimatet, an den Drums.
Den Tieftöner zupft Alex Grube, der eine ellenlange Visitenkarte hat, weil er ein gefragter Bassist ist.
Und was ist mit der Musik?
Auf ihrer MySpace-Seite steht »Rock/Rock/Rock«. Stimmt schon, wenn man die knapp vierzig Minuten gehört hat. Es ist aber ein wenig einfallslos, denn dem Songwriterduo Saint Lu/Weihe ist definitiv der Deckel vom Blues-Würzer abgefallen. So kam einen deftige Portion davon in den Liedertopf und für dieses Malheur darf man dankbar sein. Schließlich freut man sich ebenfalls über Soul- beziehungsweise Funkeinlagen.
Bei den elf Songs von lauen Lüftchen zu sprechen, hätte das Thema verfehlt.
Als Frühgeborener hat unsereiner die Siebzigerjahre miterlebt und es ist schön, dass sich junge Künstler mit dieser kreativen Zeit identifizieren. Saint Lu favorisiert da Led Zeppelin und Jimi Hendrix. Bei den Ladies sind es Tina Turner, Janis Joplin sowie Big Mama Thornton.
Wie ich bei einer solchen Auswahl zu schreiben pflege: keine schlechten Adressen...
Sie hat eine Stimme, die man aus zig anderen wiedererkennen wird.
Mit ihrer Rauheit fegt Saint Lu jedes auch nur noch so kleine Staubpartikel vom Tisch. Dennoch vermag sie Streicheleinheiten zu verteilen.
Selbstredend sind alle Stücke patentrechtlich geschützt. Aber ein wenig der oben zitierten Künstler, besonders Hendrix, schimmern schon durch. Hey, diese Tatsache sollte allerdings nicht als negative Kritik verstanden werden.
Saint Lu & Co lassen es rocken, dass die Schwarte kracht.
Die Streicher haben Motown-Flair und die Bläser fetzen durch bis auf die Knochen. Die Tracks sprühen Funken und sind herrlich abwechslungsreich. Weihe hat das Wah Wah-Pedal fest im Griff. Er vermag mit seinem Arbeitsgerät gut platzierte Soundeffekte einzustreuen und seine Soli sind echt nicht von schlechten Eltern.
Die Balladen gehen genauso unter die Haut wie die (Blues)-Rocker.
Die Österreicherin sagt: »Zum ersten Mal ist alles so, wie ich es haben möchte. Jeder Ton, jedes Wort, alles ist so, wie ich es mir vorstellte. Ich musste keine Kompromisse eingehen.«
Dem kann man nur beipflichten. Ein klasse Debüt.
Line-up:
Saint Lu (vocals, backing vocals)
Peter Weihe (guitars)
Christian Lohr (organ, piano, Wurlitzer)
Jean-Jacques Kravetz (organ, piano, Wurlitzer - #1,3,5)
Philipp Weihe (additional keyboards - #8)
Steve Sidwell (trumpet)
Andy Wood (trombone)
Dave Bishop (saxophone)
Alex Grube (bass)
Marlon Browden (drums)
Marcio Doktor (percussion)
William King III (backing vocals)
Tracklist |
01:Don't Miss Your Own Life (4:01)
02:Rockstar Car (3:48)
03:Love Song (3:28)
04:Ankle-Biter (4:19)
05:Here I Stand (3:18)
06:What Is That Love? (3:56)
07:All That I Ever Wanted (3:34)
08:All In One (Multifunctional Mum) (3:41)
09:I Say Yeah, You Say No (3:24)
10:Memory (3:42)
11:Mister Blow (2:11)
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