Und wieder eine Combo, die beim derzeitigen Deutschrock-Trend mitschwimmt um ein Stück vom Frei.Wild-Kommerzkuchen abzubekommen. Saitenfeuer nennen sich die fünf Leipziger, die seit 2003 in verschiedenen Formationen musizieren und den willigen Genre-Liebhabern jetzt ihr Quasi-Debütsilberscheibchen "Auf und davon 2012" kredenzen. (Die Urversion "Auf und davon" mit etwas anderer Trackliste erschien bereits vor zwei Jahren.)
Nun, so negativ, wie man den Titel möglicherweise deuten kann, ist die Musik dann glücklicherweise doch nicht - hier rennt so schnell niemand weg. Zwar wird in 55 Minuten und 13 Songs plus Bonustrack überhaupt nichts Neues geboten. Wer aber auf eine solide Portion harten Deutschrock mit einer Idee Rotz und Punk steht, der wird hieran sicher seine Freude haben: »Deutschrock bis zum Tinnitus, es wird ein riesen Fest, wenn 'ne Bande voll Chaoten heut Nacht die Sau rauslässt«, stellen sich Saitenfeuer dem Hörer denn auch artig im Song "Es geht noch lauter" vor.
Ich selbst bin zwar irgendwie der Meinung, dass das eigentlich sehr bodenständige und konservative Deutschrock-Genre seit Auflösung der Böhsen Onkelz mehr und mehr aufbläht und somit eigentlich echte Sättigungserscheinungen beim Fan auftreten müssten. So viel Input, wie man momentan aus dieser Musikschublade bekommt, kann man doch kaum noch verarbeiten… Doch das soll Freunden bierseliger, deutschsprachiger Rockmusik mit kleiner Oi!-Kante à la Frei.Wild, Unantastbar, Kärbholz, Kneipenterroristen, Krawallbrüder oder Betontod (deren Sänger Meister ist übrigens beim Song "Du hast verloren" zu hören) nicht davon abhalten, Saitenfeuer eine faire Chance und einige Umdrehungen im Player zu geben.
Mit dem ehrlichen Liebeslied "Engel" (hier ebenfalls als ergreifende Piano-Ballade zu hören), den Mitgröhl-Hits "Auf und davon", "Es geht noch lauter" und "100%" oder dem moderat und nachdenklich rockenden "Die Zeit" haben die Herren nämlich einige Nummern dabei, die sich durchaus hören lassen können und gute Songwriting-Qualitäten offenbaren. Dass in den Texten die üblichen Themen zur Sprache kommen, ist natürlich klar: Zusammenhalt, Saufen, Outlaw-Lifestyle, Arbeiterklasse-Ideale, Musik, Alltagsproblematiken usw. lassen den geneigten Hörer die Ohren spitzen. All das wird vorgetragen von der erstaunlich sanften, dunklen Stimme des Sängers Carsten, der dem Ganzen immer wieder einen ganz eigenen, melancholischen Unterton verleiht und die Band somit ein ganzes Stück abseits von irgendwelchem Skin-Gegröhle positionieren kann.
Fazit: Saitenfeuer erfinden das Deutschrock-Rad natürlich nicht neu, werden mit "Auf und davon 2012" aber sicherlich in Szenekreisen Punkte sammeln. Das Album ist zweifellos ein gutklassiger, schön 'unpeinlicher' Einstand, auch wenn ich persönlich die dargebotene Stilistik langsam etwas 'über' habe. Fans der genannten Referenzen riskieren davon ungeachtet aber bitte ein Ohr!
Line-up:
Carsten (Gesang)
Robert (Bass, Background-Gesang)
Eichi (Gitarre)
Joe (Schlagzeug)
Benny (Gitarre)
Meister (Gesang - #08)
Dennis Hormes (Gitarren)
Tracklist |
01:Saitenfeuer (2:51)
02:Engel (3:58)
03:Auf und davon (3:04)
04:Explodieren (3:46)
05:Die Zeit (4:00)
06:Es geht noch lauter (4:07)
07:100% (3:57)
08:Du hast verloren [feat. Meister] (3:33)
09:Meine Art und Weise (5:24)
10:Plan B (4:16)
11:Sieger (4:04)
12:Es ist so schön (3:57)
13:Rock'n'Roll & Alkohol (3:57)
14:Engel (Piano Version) [Bonus Track] (4:36)
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