Sam Morrison Band / Dig It Or Don't
Dig It Or Don't Spielzeit: 46:55
Medium: CD
Label: Eigenproduktion, 2011
Stil: Southern Rock

Review vom 28.07.2011


Steve Braun
Mit "Dig It Or Don't" liegt mal wieder ein sehr ordentliches Album aus dem 'Heartland' des Southern Rock vor, so viel darf schon einmal vorweggenommen werden. Wobei dies eher symbolisch zu sehen ist, denn nicht aus Georgia, sondern dem sonnigen Kalifornien kommen die fünf Herren und zwei Damen um Bandleader Sam Morrison.
Sam Morrison sieht nicht einfach nur wie ein Rossington-Klon aus, er hat die Musik Skynyrds, Charlie Daniels' und Molly Hatchets offenbar mit der Muttermilch aufgesaugt. Auch an seinen Texten werden die Vorgenannten ihre helle Freude haben. Ich will jetzt nicht die fruchtlose Diskussion, ob das Verherrlichen von Waffen oder Nationen 'appetitlich' ist oder nicht, neu auflegen. Beim Hören von "Gunsmoke" oder "Peacekeepers" wird mir nur erneut deutlich, dass nicht nur der Atlantik zwischen unseren Kontinenten liegt, sondern tiefe kulturelle und soziologische Gräben. Wir können kaum nachvollziehen, wie ein Redneck tickt und dieser wird unsere Sichtweise auf das Leben bestenfalls mit einem missfälligen Kopfschütteln kommentieren. Und genau hier bleibt sich Sam Morrison treu: "Dig It Or Don't" - übersetzt: kapier's oder eben nicht...
Mit einem meiner RockTimes-Kollegen kabbele ich mich oft scherzhaft, wenn solche Eigenproduktionen wie "Dig It Or Don't" zu kommentieren sind. »Amateure« fällt dann oft von seiner Seite, während ich mit einem herzhaften »...aber Gute!« kontere. Bei der Sam Morrison Band sind wir uns aber einig: Diese Scheibe ist mit ganz viel Herzblut eingespielt worden. Man muss auch immer berücksichtigen, unter welchen finanziellen Rahmenbedingungen solche, in Eigenregie eingespielte Scheiben entstehen. Sicherlich ist es oft besser, wenn man die Gefahr der 'Betriebsblindheit' durch einen externen Produzenten bannt. Als bestes Beispiel sind wohl Blackberry Smoke anzuführen, die unter Zuhilfenahme von Dan Huff mit dem 2009er
Little Piece Of Dixie einen Quantensprung gegenüber dem gewiss alles andere als schlechten Vorgänger Bad Luck Ain't No Crime hinlegten. An manchen Stellen von "Dig It Or Don't" hat man das Gefühl, dass so ein fremdes Auge und vor allem Ohr der Produktion einen entscheidenden Kick hätte geben können. Wahrscheinlich hat dies das Bugdet nicht hergegeben. Wenn man aber "Dig It Or Don't" mit dem nun wirklich etwas 'amateurhaften' Vorgänger "Sam Morrison Band" (2002) vergleicht, ist eine gewaltige Leistungssteigerung nicht von der Hand zu weisen. "Dig It Or Don't" ist eine absolut erfreuliche Neuerscheinung für uns Southern Rock-Fans.
Gleich mit "Rattlesnake Stew" wird gezeigt, wo hier der Hammer hängt: Rau- und breitbeiniger, achtzehn-saitiger (sprich: Three-Guitar-Line-up) Biker-Rock mit 'was Fettem aus Milwaukee unter dem Arsch. Satter kann man Southern Rock nicht interpretieren. "Dig It Or Don't" ist ein typischer Southern Boogie, wie man ihn von unserer Molly zu Danny Joe Browns Zeiten ständig geboten bekam. Natürlich ist das nicht die Neuerfindung des Rades, dafür aber Mucke, die, wenn sich die Gitarren duellieren, so richtig Spaß macht. "Celebrate" fließt etwas eintönig dahin und ist - für meinen Geschmack - die schwächste Nummer auf "Dig It Or Don't". Hier hätten ein paar interessante Breaks sicherlich Abhilfe schaffen können.
Diese Scharte wird allerdings mit "Whiskey" sofort ausgewetzt. Ein typischer Southern-Rocker mit angezogener Handbremse, aber 350 PS unter dem Hintern. Spätestens wenn bei 2 Minuten 14 ein Triple Leads-Break nach Roland/Hlubek/Holland-Art 'perlt', hat Dich Sam Morrison 'im Sack'. Beim bereits angesprochenen "Gunsmoke" sollte man die 'Ohren auf Durchzug' stellen, dann hört man einen herrlich groovenden Song mit durchgängig exzellenter Gitarrenarbeit. Das folgende "Almost Home" hat das Zeug zu einem zweiten "Simple Man", wohl wissend, dass niemals wieder einer Ballade aus dem Southern Rock-Genre ein solcher Erfolg beschieden sein wird. So ein Song ist Skynyrd zuletzt mit "The Last Rebel" gelungen! Endlich sind auch die Sängerinnen - ich nenne sie mal in Anlehnung an die Honkettes ganz frech 'Morrisettes' - zu hören.
"Say Your Prayers" klingt original nach der Charlie Daniels Band - ein wenig "The Devil Went Down To Georgia" und ein Spritzer "The Legend Of Wooley Swamp"... Die zweite Ballade folgt mit "Somebody's Daughter". Dieser halbakustisch arrangierte Song geht, trotz der sülzigen Streicher 'aus der Konserve', direkt unter die Haut. Mit dem munter abgehenden "You Bet" wird das Tempo wieder angezogen und ein Southern Boogie munter runtergerockt.
Ist DJB dem Grab entflohen? Bei "I Gotta Ride" könnte man durchaus auf diesen abwegigen Gedanken kommen. Kerle, würden Molly Hatchet doch nur noch einmal einen solchen Song schreiben!! "Peacekeepers" klingt in der Einleitung erneut wie die CDB, um dann nach Skynyrd'scher Manier in einen ruhig, aber kraftvoll dahin fließenden Midtempo-Rocker überzugehen. »Navy, Air Force and Marine« sind die wahren Helden dieser Welt - ich hab's schon immer geahnt... Statt dem berühmten 'Beschleunigungspfiff' wird die US-Nationalhymne angedeutet und die Gitarrenschlacht darf beginnen. Zusammen mit "Almost Home" hat dieser Song das Zeug zum Klassiker. Die beiden letztgenannten Songs sind übrigens Neuaufnahmen zweier Songs vom 2002er Debütalbum.
"Amazing Grace", in der von Charlie Daniels arrangierten Version hätte man sich besser geschenkt, aber um es ganz im Motto dieser Scheibe zu sagen: "Dig It Or Don't"...
Endlich groovt hier mal wieder bodenständiger Southern Rock aus den Boxen. Die Sam Morrison Band bedient zwar alle Klischees dieses Genres - aber dies gut und mit hohem Spaßfaktor! Alle Freunde harter, packender Gitarrenmucke und Whiskey-geölter Stimmbänder dürfen gerne und bedenkenlos zugreifen.
Line-up:
Sam Morrison (lead vocals, guitars)
Steven Crenker (guitars)
David Kurtz (guitars, keyboards)
Karl Sanger (saxophone)
Greg Kasparian (bass)
Bart Robley (drums)
Mandy Burke, Doreen Novotny (vocals)
Tracklist
01:Rattlesnake Stew (3:40)
02:Dig It Or Don't (3:11)
03:Celebrate Whiskey (3:10)
04:Gunsmoke (4:29)
05:Almost Home (4:45)
06:Say Your Prayers (3:50)
07:Somebody's Daughter (4:10)
08:You Bet (4:28)
09:I Gotta Ride (3:09)
10:Peacekeepers (5:37)
11:Amazing Grace (3:14)
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