Sapphire Eyes / Same
Sapphire Eyes Spielzeit: 48:14
Medium: CD
Label: Avenue Of Allies, 2012
Stil: AOR

Review vom 11.01.2013


Boris Theobald
Langweilig?
Wenn kreative Musiker nicht ausgelastet sind in ihrem 'Hauptjob', dann kommen sie schnell mal auf andere Gedanken. So ging und geht es auch Niclas Olsson, Keyboarder und Songschreiber bei Alyson Avenue. Diese schwedische Melodic Rock-Truppe war ja plötzlich in aller Munde, als genau von dieser seinerzeit Nightwish ihre neue (inzwischen wieder Ex-)Sängerin Anette Olzon losgeeist hatten. 2011 hatte Olsson mit seiner frischen Frontfrau Arabella Vitanc dann ein neues AA-Album rausgebracht. Doch schon lange geht er auch mit dem Gedanken schwanger, parallel noch eine Band mit Sänger statt mit Sängerin zu betreiben. Über die Jahre sammelte er Songmaterial, das er eher für männliche Vocals geeignet hielt, in die Schublade. Der Inhalt wurde zu Sapphire Eyes - einer neuen Band, 'nur' einem Projekt... schwer zu sagen. Vom Gefühl her: eher ein Projekt. Dafür sprechen die zahlreichen Namen, die involviert sind.
Songschreiber Olsson spielt die Keyboards, singt im Hintergrund und spielt auf einem Song, "Only Feel Love", auch die Drums - wahrscheinlich, um zu zeigen, was er alles kann. Hauptsänger ist Thomas Bursell, ein alter Bekannter, mit dem Olsson schon einmal in einem früheren Alyson Avenue-Nebenprojekt zusammengearbeitet hatte, der Band Second Heat (2004 gab es ein Album). Die zahlreichen instrumentalen Gäste sind unter anderem von U.D.O. (Drummer Fransesco Jovino), den Nasty Idols (Gitarrist Mikey K Nilsson) oder wiederum Alyson Avenue (Basser/ Gitarrist Thomas Löyskä) mehr oder weniger bekannt. Dass der Kontakt zu Anette Olzon noch gut ist, beweist ihr Gastspiel mit Backing- und ganz kurz auch mit Lead Vocals (im Mittelpart von "This Love This Time"). Arabelle Vitanc ist ebenfalls im Hintergrund dabei. Bei ein paar Songs hat man den Gesangsjob aber komplett an Gäste abgetreten: Cloudscape-Sänger Mike Andersson und
Last Autumn's Dream-Frontmann Mikael Erlandsson waren zu Gast im Studio.
Erlandsson darf sogar den Anfang machen - und das macht er hervorragend. Der Opener "You're My Wings" ist eines der Highlights des Albums mit der Vocals-Hookline, die am meisten hängen bleibt. Wir sind klanglich ganz klar in den 80ern - da geht Sapphire Eyes überhaupt keine Kompromisse ein, überdeutlich hörbar an der Wahl des Keyboardsounds. Und dieser Song ist ein prima Beispiel dafür, wie kompromisslos 'retro' und zugleich überwältigend erfrischend eine Band klingen kann. Nach gefälliger, atmosphärischer Strophe gibt es einen Chorus von explosiv daher kommender, positiver Energie. Man kann sich Einflüsse von Survivor, Strangeways, Richard Marx, Toto, Giant oder Firehouse zurechtfantasieren. Es gibt keine Innovationen und nix 'Modernes', dafür Klasse, Qualität und Leidenschaft.
Mit diesem rauen Etwas in der Stimme kommt Erlandsson gut rüber. Seinen zweiten Auftritt hat er bei "Can't Find The Words". Und hier wird es witzig, wenn er alles gibt und richtig aus sich raus geht: Er klingt an ein paar Stellen nämlich original nach Bonnie Tyler! Und dass der Song auch noch eine (gut gelungene!) Hard Rock-Herzschmerz-Veranstaltung ganz im Stile von "Total Eclipse ..." ist, rundet diesen amüsanten Eindruck ab. Der zweite Gast, Mike Andersson hat nur einen Auftritt, und zwar bei "A Man The World Can Do Without" - einem Bombast-beladenen Mid-Tempo-Song in einer insgesamt gelungenen Mischung aus solch 'schwereren', aber edel schimmernden Stücken, Schmachtteilen wie "I Want You To See Me" und ein paar fix pulsierenden Abgehnummern wie "This Love This Time" und "When Love Comes Alive".
Der hauptamtliche Sänger, Thomas Bursell, klingt etwas weniger markant als die Gäste. Seine klare und hohe Stimme hat Power und transportiert viel Gefühl; viel Wiedererkennungswert ist aber nicht dabei. Ein ähnliches 'Problem' haben ein paar der Songs auf dem Album: Hier und da wird es etwas gleichförmig, klingt zu unspektakulär und das ein oder andere Stück ist ein Minütchen zu lang ausgefallen. Ganz klar positiv zu erwähnen sind aber die spielerischen Leistungen der Instrumentalisten und die Abmischung des Sounds. Die Rhythmusgitarren sind angenehm präsent und die Soli bieten manch feierliche Frickelei (tolles Intro-Solo auch bei "I Want You To See Me"!) - bloßes 'Malen nach Zahlen' im Melodic Rock klingt definitiv anders. Und so ist die Debütplatte von Sapphire Eyes trotz ein paar - nennen wir es: 'Anflügen von Unspektakularität' alles andere als ...
langweilig.
Line-up:
Thomas Bursell (lead vocals, background vocals)
Niclas Olsson (keyboards, background vocals, drums - #3)

Additional musicians:
Mikael Erlandsson (lead vocals - #1,6)
Mike Andersson (lead vocals - #8)
Anette Olzon (additional lead vocals - #4, background vocals - #10)
Arabella Vitanc (background vocals - #3,9)
Emil Knabe (guitars - #1,9)
Sven Larsson (guitars - #3,5)
Mikey K Nilsson (guitars - #2,6-8,10)
Rik Priem (guitars - #2,4)
Christofer Dahlman (guitars - #8)
Thomas Löyskä (bass - #1,2,4,8,10, guitars - #2,10)
Göran 'G' Forssén (bass - #3,5,7,9)
Mats Ståhl (bass - #6)
Fransesco Jovino (drums on all tracks except #3)
Anders 'Theo' Theander (loops, percussion, FX)
Tracklist
01:You're My Wings (4:43)
02:I Want You To See Me (5:10)
03:Only Feel Love (5:35)
04:This Love This Time (4:12)
05:Change Of Heart (5:09)
06:Can't Find The Words (5:26)
07:When Love Comes Alive (4:24)
08:A Man The World Can Do Without (4:29)
09:Someone Like You (4:26)
10:Lay Down In My Dreams (4:39)
Externe Links: