Die letzte Oktoberwoche des Jahres 2009 brachte mal wieder einen absoluten Pflichttermin in Sachen Konzertbesuche mit sich, denn mit ihrem Auftritt in der Bluesgarage machten Savoy Brown im Rahmen ihrer Europa-Tournee in Isernhagen Station. Und da diese Tour auch von RockTimes präsentiert wird, war es natürlich völlig klar, dass wir uns die Band ansehen würden, denn schließlich wollen wir wissen, für was wir eigentlich die Werbetrommel rühren. So stand dieser Donnerstagabend also nicht nur musikalisch unter einem ganz besonderen Interesse für uns.
Mit Savoy Brown war eine Band angekündigt, die man ohne weiteres als 'Legende' bezeichnen kann. Gegründet im Jahr 1966, gehörte sie zu den Gruppen, die durch den 'British Blues Boom' ziemlich weit nach oben in der damaligen Blues Rock-Szene gespült wurden. Doch ähnlich wie bei ihren Kollegen Fleetwood Mac und John Mayall's Bluesbreakers beschränkten sich die Erfolge fast vollständig auf die USA, während sie in ihrer Heimat so gut wie ignoriert wurden. Diese Tatsache führte schließlich dazu, dass sich Savoy Brown komplett in Richtung Übersee verabschiedeten.
Im Laufe der Jahre sorgten permanente Wechsel im Line-up dafür, dass inzwischen wohl über hundert Musiker im Stammbaum der Band enthalten sind, darunter solche Hochkaräter wie Chris Youlden, Bob Hall, Martin Stone, Dave Peverett, Bill Bruford, Roger Earl, Paul Raymond, Andy Sylvester, Dave Bidwell, Stan Webb, Miller Anderson und wie sie alle heißen. Die einzige Konstante im Laufe der Jahrzehnte war und ist der Sänger/Gitarrist Kim Simmonds, der dafür sorgte, dass Savoy Brown trotz vieler Höhen und Tiefen nie ganz aufhörten zu existieren und ihren rauen und harten Blues Rock bis in die Gegenwart weiter zelebrieren.
Die aktuelle Besetzung ist inzwischen auf ein Trio-Format geschrumpft. Vorbei sind die Zeiten der "Boogie Brothers", als mit Stan Webb und Miller Anderson neben Simmonds gleich drei Leadgitarristen auf der Bühne standen. Auch auf einen externen Sänger verzichtet Kim inzwischen und übernimmt auch diesen Part innerhalb der Band gleich selbst. Und trotzdem scheinen die Personalwechsel auch weiterhin kein Ende zu nehmen. Kurz vor dem Beginn dieser Tour verließ Bassist Gerry Sorrentino krankheitsbedingt die Band und musste durch Pat DeSalvo ersetzt werden. Allerdings wirkte Savoy Brown an diesem Abend extrem gut aufeinander eingespielt.
Als die drei Musiker pünktlich um 20.00 Uhr ( Henry hat inzwischen die Anfangszeit der Konzerte in der Woche um eine Stunde vorverlegt), war ich doch ziemlich gespannt, wie die Songs in dieser Minimalbesetzung rüber kommen würden.
Und ich muss sagen, Kim Simmonds hatte wirklich alles im Griff. Sein Gesang wirkte sehr überzeugend, sodass man sich nicht nach einem Chris Youlden oder anderen zurücksehnte. Auch die Arbeit an der Klampfe erledigte er vorzüglich. Dieser Mann hat es absolut nicht nötig, seine Soloeinlagen mit einem anderen Gitarristen zu teilen. Herrlich jaulende Slide-Attacken wechselten sich mit tollen Wah Wah-Tönen ab, und auch die ganz normale Leadgitarre war absolut überzeugend.
Dazu kam eine perfekte Unterstützung durch seine Mitspieler. Nach wie vor ist es mir ein Rätsel, wie schnell sich neue Musiker in die Gefüge einer eingespielten Gruppe integrieren können. Wenn ich daran denke, wie perfekt sich Bassmann DeSalvo nach so kurzer Zeit mit Simmonds ergänzte, dann ist das für mich noch immer unbegreiflich, denn schließlich spielen die Zwei erst ein paar Wochen zusammen. Auch Drummer Mario Staiano konnte mit einem unheimlich differenzierten und variationsreichen Spiel voll überzeugen. Dabei legte er ein enormes Einfühlungsvermögen an den Tag und bewies ein ganz starkes Timing beim ständigen Wechsel zwischen knallharten und gefühlvollen Parts.
Überhaupt bleibt festzustellen, dass Savoy Brown die alten Zeiten der siebziger Jahre wieder aufleben ließen. Fast alle Songs wurden durch ausgedehnte Jams herrlich auf Länge gebracht. Kim Simmonds konnte sich nach Herzenslust austoben und ließ dabei absolut nichts aus. Slow Blues wechselte permanent mit Boogie und hartem Rock. Und in fast allen Songs wurde improvisiert, was das Zeug hielt. Dabei gab es allerdings keinerlei Übertreibungen. Die Luft in der Bluesgarage brodelte vor Spannung, die sich dann auch immer wieder in heftigen Soundgewittern entlud. So vielseitig muss gute Rockmusik sein, um ein Publikum in seinen Bann zu ziehen.
In der Setlist befanden sich vorwiegend Titel aus der Frühzeit der Band, wie immer kombiniert mit Blues-Standards. Dabei freute ich mich besonders, dass auch "Poor Girl" vom Album "Looking In" aus dem Jahr 1970 gespielt wurde, das zu den größten Erfolgen von Savoy Brown in dieser Zeit gehörte und das man relativ selten bei Live-Konzerten zu hören bekommt.
Den Vogel schoss aber erwartungsgemäß mal wieder "Hellbound Train" von 1972 ab. Dieser Song war alleine schon mit seiner Länge von einundzwanzig Minuten das Highlight dieses Gigs. Außerdem enthielt er alles, was das Herz der Rockfans begehrt. DeSalvo riss ein Bass-Solo allererster Güte runter, auch ein Schlagzeug-Alleingang war dabei, aber insgesamt überzeugte der Titel durch seine unglaubliche Kraft und Dynamik, die ihn auch schon auf zahlreichen Live-Mitschnitten früherer Konzerte auszeichnete.
Als letzte Zugabe ging es dann noch einmal ganz weit zurück in der Bandgeschichte. "I Ain't Superstitious", im Original von Willie Dixon, und von Savoy Brown auf ihrem Debüt-Album "Shake Down" (1967) verarbeitet, ließ die Zuhörer noch einmal so richtig abgehen. Kim Simmonds ging auf die Knie und legte ein letztes Mal die volle Energie in sein Gitarrenspiel. Zwischenapplaus und pure Begeisterung am Schluss waren der verdiente Lohn für diese Show. Savoy Brown 2009 bewiesen in diesen zwei Stunden, dass sie nach wie vor in der Lage sind, ein Publikum zu verzaubern. Und RockTimes ist stolz darauf, die Tour begleiten zu können.
Line-up:
Kim Simmonds (guitar, vocals)
Pat DeSalvo (bass)
Mario Staiano (drums, backing vocals)
Externer Link:
|